TV-Experiment

Ein Krimi, zwei Perspektiven, viele Sender

von teleschau

Es dürfte eines der großen TV-Ereignisse des kommenden Jahres werden: Unter dem Arbeitstitel "Der Feind – Recht oder Gerechtigkeit" plant die ARD für 2020 ein Fiction-Experiment, das es so noch nie gegeben hat – einen Film, der gleichzeitig im Ersten und in allen Dritten Programmen läuft und der ein- und dieselbe Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Die Idee stammt von Star-Autor Ferdinand von Schirach, als Produzent zeichnet Oliver Berben für das Projekt verantwortlich.

Die beiden Kreativköpfe, die auch hinter der ZDF-Erfolgsserie "SCHULD – nach Ferdinand von Schirach" stehen, stellten "Recht oder Gerechtigkeit" jetzt auf der jährlichen ARD-Pressekonferenz in Hamburg vor. Die Hauptrollen sind mit Klaus Maria Brandauer und Bjarne Mädel hochkarätig besetzt. Der Clou aber ist: Der Zuschauer kann hin- und herschalten oder sich die Filme, die einen Kriminalfall behandeln, nacheinander ansehen. Erzählt wird im Ersten aus der Perspektive eines Polizisten, während in den Dritten die Perspektive des Anwalts und des Tatverdächtigen geschildert wird. Das Experiment fußt auf der Erfahrung des realen Falles der Entführung und Ermordung des elfjährigen Bankierssohns Jakob von Metzler. Es war im Jahr 2003, als eine Behörde erstmals in Europa Folter als legitimes Mittel ansah, ein Geständnis zu erpressen, um ein Kind zu retten. Daraus ergab sich, so erläuterte Ferdinand von Schirach seine Idee vor Ort in Hamburg, eine einzigartige rechtsethische Diskussion, die unter Juristen bis heute anhält.

"Das Ziel ist, dass Sie beides schauen", erklärte ARD-Degeto-Chefin Christine Strobl am Dienstag. Sicherlich geht es bei diesem einzigartigen Spielfilmprojekt auch darum, andere Perspektiven und Meinungen zuzulassen und eigene Standtpunkte zu hinterfragen. Bei der ARD klingt das so: "Die synchrone Ausstrahlung beider Filme setzt zwei konträre Positionen in den Dialog und schafft so die Grundlage für eine informierte Meinungsbildung." "Wir wollen alle Zuschauer in die Diskussion von Recht oder Gerechtigkeit einbinden", so Strobl. "Die Diskussionsfähigkeit halte ich für eine unabdingbare Voraussetzung für Demokratie, dazu wird die ARD mit ihrer ganzen Power beitragen. Ich bin sicher: Das wird das Fernsehereignis des Jahres!"

Ferdinand von Schirach, Schriftsteller und Drehbuchautor, unterstreicht: "Wir wollen das Richtige tun und setzen unser Gerechtigkeitsgefühl über das Recht. Wie gefährlich das ist, zeigt dieser Film. Es war für mich die größte Freude, dass ich mit diesem so außergewöhnlichen Team zusammenarbeiten durfte." Und Oliver Berben, Vorstand TV, Entertainment & digitale Medien der Constantin Film, ergänzt: "Recht ist nicht immer gleich Gerechtigkeit. Um diese schwere Thematik dreht sich alles in diesem großen TV-Experiment, das einzigartig in der Geschichte des Fernsehens ist. Ich freue mich unglaublich, dass es gelungen ist, die gesamte ARD und alle Dritten Programme zusammen gewinnen zu können und damit die volle Kraft unseres föderalen Systems in einem Projekt vereinen zu können."


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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