Sonntag am Tatort

Kein Mitleid – für niemanden

06.04.2018, 15.06 Uhr
von Florian Blaschke
Ermitteln in einem abscheulichen Fall: Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch).
BILDERGALERIE
Ermitteln in einem abscheulichen Fall: Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch).  Fotoquelle: HR/Bettina Müller

Anna Janneke und Paul Brix ermitteln in einer Welt, die Abscheu auslöst – und doch in einem Fall, der einem am Ende egal ist.

Da stellt sich doch die Frage, wer hier das größere Arschloch ist. Joachim Voss (Golo Euler), der Leiter des Hessischen Sportleistungszentrums, der seine Mitarbeiter und seine Frau Meike (Lina Beckmann) tyrannisiert und klein hält oder sein Stiefsohn Felix (Juri Winkler), der ordentlich von Papa gelernt hat und das Gleiche mit Mitschülern, Lehrern und sogar seiner Mutter veranstaltet.

Doch ob es dem Zuschauer gefällt oder nicht: Es ist schon ganz in Papas Sinne, was da aus seinem Nachwuchs wird, der drillt und erzieht ihn ganz nach dem Motto: Was dich nicht umbringt, macht dich hart. Dabei hätte der Fall, in dem Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) ermitteln, durchaus etwas Menschlichkeit verdient. Im Heizungskeller des Sportleistungszentrums nämlich wurde eine Leiche entdeckt: die von Malte Rahmani (Ilyes Raoul Moutaoukkil), einem Mitschüler von Felix, der dort eingesperrt wurde und elendiglich verreckt ist. Hat Hausmeister Sven Brunner (Stefan Konarske) etwas damit zu tun, der sich öfter mit Malte abseits des Zentrums getroffen hat?

Dieser Fall bezieht seine Spannung weniger aus dem dramatischen Schicksal des toten Malte, auch wenn Regisseurin Hermine Huntgeburth immer wieder versucht, das dem Zuschauer in kurzen Rückblenden ins Gedächtnis zu rufen. Er bezieht seine Spannung auf der Abscheu, die der Zuschauer diesem Vater-Stiefsohn-Gespann gegenüber aufbaut und der fast schon körperlich spürbar wird. Und die das großartige Ensemble dieses Tatorts immer wieder zu schüren vermag.

Doch damit nicht genug, versucht in diesem Krimi jeder mit heiler Haut davonzukommen, da wird intrigiert und provoziert, was das Zeug hält – und nicht einmal für den Jungen, der für all das vermutlich am wenigsten kann, entwickelt sich so etwas wie Mitleid, ebenso wenig wie für die Mutter, die lange Zeit versucht, die Demütigungen zu ertragen und zu verdrängen.

Das Problem dabei: Die Figuren in "Unter Kriegern" sind ähnlich überzeichnet und überkandidelt wie es die Experimente der Kamera sind. Und der Fall, den Janneke und Brix da aufgebrummt bekommen, bleibt hinter all den Spielchen und psychologischen Dramen zu blass, um wirklich Verve zu entwickeln. Vor allem aber ist diese Welt, in die beide Ermittler da eintauchen, zu weit weg, es entsteht keine Verbindung, es ist einem schlicht egal, was da passiert. Und das ist am Ende wohl das Schlimmste, das einem Tatort passieren kann.

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