Henry Maske über das Ende seiner Karriere: "2007 habe ich meinen Sandsack abgehangen"
Der 60. Geburtstag von Henry Maske steht kurz bevor. Ein guter Anlass, mit dem ehemaligen Boxweltmeister auf seine beeindruckende Karriere zurückzublicken. Wie der "Gentleman" den heutigen Boxsport bewertet und ob er sich heute noch mit Boxen fit hält, hat Henry Maske im Gespräch mit prisma-Chefredakteur Stephan Braun verraten.
prisma: An diesem Samstag werden Sie 60, herzlichen Glückwunsch! Gibt's eine große Party?
Dankeschön. Nein, ich werde ganz ruhig im kleinen Familienkreis feiern.
prisma: Wie passend an einem Samstag, denn in den Neunzigern gehörte ja so mancher Samstagabend vor den Fernsehern Ihnen. Die Einschaltquoten waren gigantisch: Bis zu 18 Millionen Menschen sahen Ihre WM-Kämpfe bei RTL, das waren teilweise 80 Prozent Marktanteil. Das werden Sie doch sicher nie vergessen!
Natürlich nicht. Diese unheimlich große Wertschätzung von Millionen Menschen, die mir über einen so langen Zeitraum bei meinen Kämpfen die Daumen gedrückt haben, war wirklich fantastisch. Dafür kann ich nicht oft genug Dankeschön sagen!
prisma: Wie blicken Sie heute auf Ihre aktive Karriere zurück?
Ich bin unheimlich dankbar für alles. Zunächst bin ich ja auch ein Gewinner der deutsch-deutschen Einheit gewesen, die Zeitfenster haben sich damals für mich ideal ergeben. Nach der Wende war es für mich zunächst einmal etwas schwerer zu verstehen, dass das Berufsboxen im wiedervereinten Deutschland nicht den gleichen hohen Stellenwert hatte, wie zu meiner DDR-Zeit. Wir haben im Team aber in Ruhe daran gearbeitet, für uns eine große Chance zu bekommen. 1993 war sie dann mit meinem ersten WM-Kampf in der damaligen Düsseldorfer Philipshalle da. Die Halle war voll, mehr als drei Millionen Menschen haben den Kampf bei RTL vor dem Fernseher verfolgt und ich bin an jenem Abend IBF-Weltmeister geworden. Der Boxsport war plötzlich irgendwie salonfähig: Ein Life-Act in einer vollen Halle, das kam gut an. Dazu gute Quoten im Fernsehen, das breite Publikum hat das alles sensationell angenommen!
prisma: Sie hatten den Kampfnamen „Gentleman“, waren für Ihren sauberen Kampfstil bekannt und auch dafür, nach außen immer eine gute Figur abzugeben. Sie waren ein paar Jahre lang so etwas wie ein Popstar!
Ja (lächelt), aber nur, weil alle einen riesigen Job gemacht haben! RTL war seinerzeit mutig, die Kämpfe zur besten Zeit zu übertragen und auf der anderen Seite war mein Management um Wilfried Sauerland bestens vernetzt. Sportlich waren mein Trainer Manfred Wolke und ich perfekt aufgestellt. Da kamen also nur Player zusammen, die volle Performance im Kopf hatten. Diese Symbiose hatte seinerzeit eine sehr faire Chance, erfolgreich zu sein.
"Boxsport ist radikal"
prisma: Klingt, als ob ihre gesamte Karriere bestmöglich geplant gewesen sei?
Naja, das geht ja nicht. Aber natürlich hatten wir eine Vision: Als Sportler möchtest Du Titel gewinnen und irgendwann möchtest du dann auch Weltmeister werden, das ist doch klar. Fakt ist: Boxsport ist radikal. Nur einer kann gewinnen, eventuell ist bei einer Niederlage auch die Karriere des anderen ordentlich beschädigt. Das kann passieren und passiert auch immer wieder, muss es aber nicht. Und so betrachtet kannst du eine lange Boxsportkarriere nicht planen.
pisma: Wie blicken Sie heute auf den Boxsport?
Auf der einen Seite habe ich das Gefühl, dass sich in den letzten Jahren nicht unheimlich viel verändert hat. Auf der anderen Seite gibt es richtig tolle Boxerinnen und Boxer, bei denen ich den Reiz des Boxsports richtig ausgelebt sehe.
prisma: An wen denken Sie da?
Oleksandr Ussyk und Tyson Fury beispielsweise. Zwei ganz unterschiedliche Typen, auch im Ring. Boxfans auf der ganzen Welt werden von ihnen angesprochen und sind begeistert.
prisma: Ist Boxen ein empfehlenswerter Sport für alle?
Ja, Körper und Geist werden extrem gefordert, das ist in allen Belangen sehr förderlich. Ob im Training oder im Wettkampf: Man muss immer eine Fantasie entwickeln, eine Aufmerksamkeitsspanne für eine längere Zeit haben und über eine sehr hohe Konzentration verfügen. Boxen ist ein wunderbarer Sport, um mit viel Freude dabei zu sein und sich fit zu halten. Dafür muss man auch nicht unbedingt in den Ring gehen. Da gibt es im Verein viele andere gute Trainingsmöglichkeiten. Fakt ist: Unser Sport ist inhaltlich so anspruchsvoll, fordernd und fördernd wie kaum ein anderer!
"Ich jetzt nicht einfach nur so mal ein bisschen boxen"
prisma: Sie sind mit 60 immer noch sehr austrainiert. Boxen Sie noch oder wie halten Sie sich fit?
Eine Woche nach meinem letzten Kampf im März 2007 habe ich meinen Sandsack abgehangen. Und Boxhandschuhe habe ich seitdem auch nicht mehr zum Training angezogen. Ich war als Boxer ja sehr erfolgreich, deshalb kann ich jetzt nicht einfach nur so mal ein bisschen boxen. Klar mache ich regelmäßig Sport: Ich laufe, mache Krafttraining, fahre ab und zu Rad und rudere. Das hält mich fit.
prisma: Sie sind heute unter anderem als Gründer und Schirmherr Ihrer eigenen Henry-Maske-Stiftung tätig und haben unter dem Namen „A Place for Kids“ schon vielen Kindern und Jugendlichen tolle Momente geboten.
Ja, das stimmt. Für mich war es bei der Gründung 1999 logisch, etwas Gutes zu tun und etwas zu bewegen. Das war als prominenter Mensch für mich natürlich etwas leichter, weil damals viele auf mich geblickt haben. Ich versuche sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen in Deutschland in ihrem schwierigen Lebensumfeld zu sinnvollen Perspektiven zu verhelfen. In den Sommer- und Herbstferien hatten wir schon oft mehrere hundert Kinder und Jugendliche in unseren Camps. Mir macht es Freude, auf das Engagement immer wieder positive Resonanz zu erhalten.
prisma: Klingt alles so, als seien Sie mit 60 ein rundum zufriedener Mensch!
Ja, sehr sogar!