Liedermacher im Interview

Rolf Zuckowski: "Ich war Nummer 1 in den TikTok-Charts"

04.07.2022, 13.43 Uhr
Rolf Zuckowski hat Generationen von Kindern mit seiner Musik begeistert.
Rolf Zuckowski hat Generationen von Kindern mit seiner Musik begeistert.   Fotoquelle: Michael Philipp Bader

75 Jahre Rolf Zuckowski – passend dazu hat der Liedermacher seine Autobiografie vorgelegt. "Ein bisschen Mut – ein bisschen Glück" gibt Einblicke in sein Leben. prisma hat ihn gesprochen.

Glückwunsch zu Ihrem unterhaltsamen Buch. Wie kam die Idee zustande, eine Autobiografie zu schreiben?

Rolf Zuckowski: Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt und schon kleine Vorübungen gemacht. So habe ich mit meinem Musikverlag schon einmal ein Buch veröffentlicht, das "Meine Lieder, meine Freunde" heißt. Darin habe ich beschrieben, wie meine Lieder entstanden sind. Dann habe ich zu meinem 60. Geburtstag als Beilage zu einer CD unter dem Titel "Fünf Jahre Mai" eine Art Zwischenbilanz gemacht. Ich habe ja bei Erich Kästner gelesen, dass ein Jahr voller Mai-Monate mal etwas Schönes wäre (lacht). Da ist mir klargeworden, wenn man 60 ist, dann hat man in der Summe fünf Jahre Mai erlebt. Welch ein Geschenk! Aber das waren ja keine richtigen Bücher. Jetzt bin ich in einem Alter, indem man auf sehr vieles zurückblicken kann, dass man in einem richtigen Buch einem breiten Publikum erzählen möchte. Zudem ist man den Menschen nur für einen ganz bestimmten Themenbereich bekannt, in meinem Fall die Musik. Doch dann wissen die Leute oft gar nicht, was in diesem Menschen noch so vor sich geht, was er noch kann. Und bei mir ist das auch so, dass sich aus dem Thema "Kinderlieder" sehr viel Familiäres entwickelt hat. Die Leute gehen mit meinen Liedern durch ihr Leben als Erwachsene, bis ins hohe Alter, bis zur Trauerfeier. Zudem wollte ich schildern, wie sich ein Künstlerleben auch über das Klischee hinaus entfaltet. Ich finde, das ist nicht nur für mich wichtig: Dass man von den Leuten nicht nur das erwartet, was man kennt, sondern auch für Überraschungen offen ist. Das zu zeigen, ist mein Wunsch.

Sie richten sich mit dem Buch primär an Ihr Publikum, gehen aber auch sehr akribisch darin vor, Ihre Arbeit zu beschreiben. Das geht manchmal schon in den musiktheoretischen Bereich…

Rolf Zuckowski: Ich bin ja selbst kein studierter Musiker, habe aber immer mit studierten Musikern gearbeitet, die mir dabei geholfen haben, die Musik zu produzieren. Da waren einerseits die Arrangeure, ich habe aber andererseits auch mit klassischen Orchestern gearbeitet und dadurch viel dazugelernt. In meinem Buch möchte ich auch Einblicke gewähren, die über den "Mann mit der Gitarre" hinausgehen.

Sie erzählen auch über Ihre musikalische Karriere, die über die Kinderlieder hinausgeht. Wenige wissen, dass Sie in den 1970er-Jahren eng mit dem schweizerischen Trio Peter, Sue und Marc zusammengearbeitet haben, oder mit der Schweiz wiederholt als Komponist und Texter beim Grand Prix Eurovision de la Chanson angetreten sind.

Rolf Zuckowski: Das war sehr aufregend damals. Ich durfte jeweils das Orchester beim Grand Prix in Den Haag und in Jerusalem dirigieren…

Und Ihr Sohn Alexander hat diese Tradition fortgeschrieben als er 2014 für Conchita Wurst den Siegertitel für Österreich mitkomponiert hat. Sind Sie da ganz der stolze Vater?

Rolf Zuckowski: Alexander hat im Gegensatz zu mir ja sogar gewonnen. Wir sind damals nicht über den vierten Platz mit der Schweiz hinausgekommen. Aber das macht nichts, denn dabei sein ist letztendlich alles, auch beim Eurovision Song Contest. Alexander hat seinen ganz eigenen Arbeitsstil entwickelt: Er arbeitet mit anderen zusammen, ist ein guter Team-Player und hat sehr schöne Songs für Künstler wie Conchita Wurst, Sasha, Sarah Connor und Max Giesinger geschrieben. Unter anderem den Hit "80 Millionen". Alexander hat sehr große und schöne Erfolge und das freut uns natürlich sehr. Es sind weniger Papas Fußstapfen, in die er tritt, er hat vielmehr seinen eigenen Weg gefunden. Das finde ich prima.

Aber der musikalische Weg ist doch trotzdem sehr ähnlich…

Rolf Zuckowski: Die Liebe und Begeisterung zur Musik hat er ebenso wie ich. Er hat durch meine Arbeit natürlich auch einen Einblick bekommen, denn er war ja oft im Studio und hat zugeguckt. Auch zuhause drehte sich viel um die Musik, wenn die Arrangeure gemeinsam mit mir aus einer kleinen Melodie ein ganzes Werk geschaffen haben. In dem Sinne hat er schon früh gemerkt, da ist etwas vorhanden, und das hat er auf seine Art aufgegriffen. Obwohl er eigentlich Biologie studiert hat…

Sie sind in Ihrem Buch in Bezug auf den Eurovision Song Contest durchaus kritisch und bemängeln die "Pop Uniformität" an dem Format. Sollte das Konzept wieder geändert werden?

Rolf Zuckowski: Das kann man nicht. Ich habe jetzt zum ersten Mal den "American Song Contest" gesehen. Da gibt es zwar eine gewisse Vielfalt, die etwas größer ist als bei uns, wie etwa die Country Music, oder folkloristische Einflüsse aus entlegenen Gebieten wie Hawaii, aber es gibt natürlich auch da eine gewisse Pop-Uniformität. Was ich am meisten am ESC bedaure, ist, wie sehr alles visualisiert wird. Einerseits ist das logisch, denn schließlich ist es ja ein Fernsehereignis, aber es hieß ja einmal „Grand Prix Eurovision de la Chanson“. Chanson, das Lied. Und es heißt ja immer noch "Song Contest", und nicht "Video Contest". Die Musik für die Ohren und das Herz kommt mir mittlerweile etwas zu kurz. Es wird unglaublich viel Gewicht auf die Präsentation gelegt. Wenn dann mal so ein Beitrag wie der aus Portugal dabei ist, ist das eher eine Ausnahme.

Sie meinen Salvador Sobral, der 2017 in Kiew mit seiner ruhigen Piano-Ballade gewinnen konnte. Eine faustdicke Überraschung…

Rolf Zuckowski: Mich hat das gefreut. Auf der anderen Seite haben kleinere Länder beim ESC überhaupt nur eine Chance, einmal einen Hit zu landen, wenn sie zu Mitteln greifen, die nach Erfolg riechen: typische Pop-Kompositionen mit leichten, folkloristischen oder kulturellen Elementen. Diese vollständig kulturell geprägten Lieder gibt es ja ab und zu auch, und die wirken ja fast schon oft ein bisschen komisch.

Aber die kommen manchmal dann doch erstaunlich gut an…

Rolf Zuckowski: Ja, ganz genau. Ich glaube auch, dass viele Menschen das auch würdigen. Und das Fernseh-Publikum spielt ja am Ende eine wichtige Rolle. Es ist, als würde die Menschen sagen: "Ihr habt den Mut, Euer Land wirklich so darzustellen, wie es ist, aber auch ein wenig in die moderne Zeit übertragen."

Um wieder auf Ihr Buch zu sprechen zu kommen: Sie schildern eindrucksvoll Ihre Kindheit im Nachkriegs-Hamburg und schreiben dabei sehr offen über Ihre Familie und auch über die Probleme, die es da gab. War Ihre Kindheit trotzdem so, wie Sie sich die auch gewünscht hätten?

Rolf Zuckowski: In seine Kindheit wächst man ja hinein. Ich glaube nicht, dass sich ein Kind eine Kindheit wünscht, es sei denn, es ist ein Flüchtlingskind in schwersten Verhältnissen, und möchte endlich wieder auf einem Spielplatz spielen, ohne dass man sich vor Anschlägen oder Bomben fürchten muss. Nein, ich bin in meine Kindheit so hineingewachsen, wie es für diese Nachkriegszeit so typisch war: Wir konnten ganz viel draußen spielen, weil die Straßen ja noch relativ verkehrsarm waren. Da haben alle Altersgruppen zusammengespielt, der ganze Straßenzug war eine Einheit. Die Eltern hatten auch nicht so viele Unterhaltungsangebote wie heute mit Fernsehen, Computer und Tablet. Das heißt, sie haben mit uns Gesellschaftsspiele gespielt. Da gab es viel Freude miteinander, auch wenn das Leben durchaus schwierig war. Auch bei mir, mein Vater war leider sehr alkoholkrank. Trotzdem haben wir uns über vieles freuen können, und sind immer satt geworden. Wir haben nie Hunger leiden müssen. Wir haben zwar einfache Hausmannskost gegessen, aber dafür haben wir uns nicht geschämt, Hauptsache man hatte etwas auf dem Teller. Es war keine Kindheit, die ich rückblickend als armselig betrachten würde. Es gab immer Perspektiven dabei. Die Eltern und Großeltern hatten schwere Zeiten hinter sich, aber sie haben gesagt: "Es muss jetzt endlich besser werden, und das wird es für Euch auch". Mit diesem Optimismus sind wir aufgewachsen.

Erstaunlich fand ich Ihre Schilderungen, wie früh Kinder damals selbständig sein mussten. So schildern Sie, wie Sie mit Ihrem Roller sieben oder acht Kilometer mit einer Einkauftasche am Lenker durch Hamburg gefahren sind. Unvorstellbar heute, aber auch irgendwie vorbildlich. Was würden Sie Eltern sagen, die – sagen wir einmal – übervorsichtig sind?

Rolf Zuckowski: Im Straßenverkehr ist das natürlich nicht so einfach. Manche Eltern übertreiben es schon, damit meine ich diese sogenannten Hubschraubereltern. Sie geben den Kindern ja keine Chance, kleinen Gefahren zu begegnen, um daraus zu lernen. Aber man möchte seinen Kindern natürlich die großen Verletzungen ersparen. Deshalb würde ich heute ein Kind nicht mehr mit einem Roller durch die Großstadt schicken. Es sei denn auf großen Gehwegen, die es ja auch gibt. Es wird ja auch aktuell viel gemacht, dass der Radverkehr sicherer wird, aber Kleinkinder auf dem Rad im fließenden Verkehr? Das ist immer noch eine große Gefahr. Eltern sollten aber auch versuchen, ihren Kindern die Chance zu geben, etwas zu lernen, auch wenn die Situation vielleicht zunächst etwas gefährlicher aussieht. Das hat etwas mit springen und klettern zu tun. Wir sind früher auf Bäume geklettert, und es ist auch mal einer runtergefallen, aber es ist nie etwas Ernstes passiert. Man muss aber seinem eigenen Naturell folgen und es gibt nun einmal sehr ängstliche Menschen, und die müssen dann auch schauen, wie sie mit ihren Kindern durch diese Gefahren hindurch kommen.

Sie waren damals mit "Rolfs Schulweg-Hitparade" dahingehend auch Vorreiter. Daran erinnern sich heute noch viele ehemalige Schüler…

Rolf Zuckowski: Das war damals eines meiner ersten Alben, die ich geschrieben habe. Das kam auch durch meine Tochter Anuschka zustande, die sehr früh, sehr gerne gesungen hat. Ich habe damals jedoch gemerkt, dass die alten Kinderlieder zwar sehr schön sind, aber mit ihrem Alltag nichts zu tun haben. "Es klappert die Mühle am rauschenden Bach" – das findet ja nun einmal bei den meisten von uns nicht mehr statt (lacht). Und dann habe ich mit ihr an der Hand angefangen, mir kleine Liedteile auszudenken. Ich glaube "Das Lied vom Zebrastreifen" und "Was zieh ich an, was zieh ich an, damit man mich gut sehen kann" waren die ersten Ideen. So wollte ich für meine Tochter alltägliche Dinge in Liedern festhalten und als Elternteil auch pädagogisch sein. Dass daraus dann einmal ein Verkehrssicherheitskonzept werden würde, war am Anfang gar nicht klar. Das hat sich dann eigentlich erst durch die Arbeit mit ihrem Verkehrslehrer von der Polizei in der Schule ergeben. Der hat mich sehr inspiriert. Es gab damals eine sehr dramatische Lage, an die können sich viele vielleicht nicht mehr erinnern. Wir hatten 1976/76 in der Bundesrepublik über 2000 tote Kinder im Straßenverkehr. Heute hat sich die Lage deutlich verbessert. Viele Menschen haben sich engagiert, die Verkehrssicherheit für Kinder zu erhöhen. Ich habe meinen kleinen Teil mit den Liedern dazu beigetragen, und wenn man das spielerisch vermitteln kann, damit auf Tournee geht, Sendungen machen kann, dann verbindet man große Freude mit Sinn und Hilfestellungen. Was will man mehr?

Sie erzählen sehr schön, wie Ihre Tochter Anuschka und Ihre Söhne Andreas und Alexander Sie immer wieder zu Liedern inspiriert haben. Als Beispiel sei das Lied "Ich schaff‘ das schon" genannt. Wie kam es dazu?

Rolf Zuckowski: So entstehen aus ganz kleinen Momenten erstaunlich große Dinge (lacht). Wir leben im Treppenviertel am Elbhang. Andreas war damals noch nicht einmal drei Jahre alt und ist gestolpert, woraufhin ich ihn aufheben wollte. Da sagte er nur: "Ich schaff‘ das schon" und da habe ich mir während des weiteren Spaziergangs Gedanken gemacht, wie oft er sich das nun noch sagen muss in seinem Leben, und welche Menschen um uns herum sich das im Moment gerade sagen. Dazu zählte zum Beispiel ein Mädchen namens Maike, die im Rollstuhl saß. Das Lied habe ich dann auch "Maikes Lied" genannt. Sie war, wenn ich in ihrer Schule gesungen habe, das fröhlichste Kind in der Klasse. Maike hat wirklich den ganzen Laden in Schwung gehalten. Sie hatte Mut und strahlte etwas aus. So ist das Lied, inklusive der alleinerziehenden Mutter in der letzten Strophe, auch so ein Spiegelbild der damaligen Familien-Umgebung geworden.

Sie haben sich für viele Ihrer Lieder also durch Beobachtungen inspirieren lassen?

Rolf Zuckowski: Vieles ist in Bewegung entstanden. Ich habe mir früher auch Notizen gemacht und sogar ein Diktiergerät benutzt, aber das Wichtigste waren die Dinge, die man im Kopf hatte, und nicht wieder loswurde. Das zeigt, dass so eine Komposition einfach entstehen will, weil eine Textzeile ganz stark und griffig ist. "Wie schön, dass Du geboren bist" ist ein gutes Beispiel: Dann fällt einem auch sehr schnell eine Melodie ein, wenn man ein bisschen Komponisten-Talent hat. Viele Lieder sind tatsächlich beim Spazierengehen oder beim Autofahren entstanden. Nur wenig habe ich wirklich im Sitzen komponiert und getextet. Die meisten sind unterwegs entstanden, wobei ich bei vielen gar nicht mehr weiß, wie das genau war. Aber einige Erinnerungen habe ich ja in den Liedergeschichten in meiner Biografie festgehalten.

Sie haben in einem anderen Interview den erstaunlichen Satz gesagt: Ein Kinderlied, das Erwachsene nicht mögen, hat keine Zukunft. Kinder würden Ihnen natürlich widersprechen, denn schließlich sind Mama und Papa häufig genervt, wenn ein Lied zum gefühlt 100. Mal wiederholt wird. Was raten Sie Eltern? Gelassenheit, auch nach der 10. Wiederholung?

Rolf Zuckowski (lacht): Das ist nur mein Blickwinkel. Natürlich gibt es auch Eltern, die genervt sind. Ich habe mich ganz einfach immer gefreut, wenn Kindern und Eltern die Lieder gefallen haben, auch in der zigsten Wiederholung. Glauben Sie mir, später, wenn die Kinder älter sind, wird auch die Musik anstrengender für die Eltern. Das ist dann etwas ganz Anderes als bei den Kinderliedern, die in der Regel ja sanft und melodisch sind (lacht).

Sie waren damals Vorreiter als Liedermacher für Kinder. Heute gibt es bei YouTube Unmengen an Kindermusik. Da gibt es gute Beispiele wie Volker Rosin…

Rolf Zuckowski: Wir sind sehr gut miteinander befreundet.

… aber auch viel Masse statt Klasse. Wie bewerten Sie das? Als Sie damals anfingen, gab es in dem Metier nicht so viele Künstler.

Rolf Zuckowski: Ich kannte damals wirklich keinen, dabei gab es andere Künstler genauso lang wie mich. Das habe ich erst später mitbekommen. Zum Beispiel Frederick Vahle aus dem Westfälischen, oder Gerhard Schöne, ein ganz großartiger Künstler, der in Ostdeutschland sehr bekannt ist, und auch viel für Erwachsene geschrieben hat. Nicht zu vergessen Reinhard Lakomy mit seinem "Traumzauberbaum". Wir haben alle ein bisschen nebeneinander her gearbeitet bis wir voneinander erfahren haben. Ich habe eigentlich erst d urch meine Kinderfunksendungen bei Radio Luxemburg und beim NDR die Platten in den Archiven gefunden. Aber es hat sich heute natürlich eine Riesenszene aufgetan. Da gibt es viel Eigenständiges, was ich schön finde. Manches ist für mich aber auch eher flach und muss nicht oft angehört werden. Aber ich finde, es haben viele Musiker ihren ganz eigenen Weg gefunden. Und ich habe auch einige ein bisschen auf die Bahn gebracht wie zum Beispiel "Deine Freunde" mit ihrem Hip-Hop für Kinder.

Eine Band aus Hamburg, bei der auch bekanntere Musiker mitmachen.

Rolf Zuckowski: Ja, Florian Sump von Echt, Markus Pauli von Fettes Brot und Lukas Nimscheck. Florian war selbst Kindergärtner in Hamburg und er bringt durch seinen Job-Erfahrungen ganz viel ein. Die Jungs haben in ihren Songs auch immer einen Blick für die Eltern. Auch durchaus mal kritisch, aber oft sehr einfühlsam. Darum ist diese Band auch so erfolgreich, weil sie die ganze Familie im Blick hat. Das ist nicht bei allen Kinderliedermachern der Fall.

Sie haben seit Mitte der 1980er-Jahre wiederholt auch Alben für Erwachsene aufgenommen. Wie kamen diese Alben an, und gibt es noch einmal Pläne, das zu wiederholen?

Rolf Zuckowski: Meine Ursprünge sind ja die beAthovens in den 60ern und das waren ja auch schon Lieder für Erwachsene und Jugendliche. Ich habe also nicht mit Kinderliedern angefangen. Später habe ich dann auch für andere Künstler Schlager geschrieben, wie für Nana Mouskouri "Guten Morgen Sonnenschein" zum Beispiel. Als wir dann Eltern wurden und Anuschka mich zum Thema Kinderlieder gebracht hat, habe ich mich erst einmal darauf konzentriert, da ist ja auch ein Universum an Themen, das sich einem öffnet. Ich habe aber immer nebenbei auch Lieder für Erwachsene geschrieben. Die habe ich dann erstmals auf dem Album "Zeit für Kinder, Zeit für uns" veröffentlicht. Die Plattenfirma war darüber zunächst nicht sonderlich glücklich, da sie den Erfolg der Kinderlieder als Maßstab sahen. Mir war es aber wichtig, nicht so schmalspurig zu werden, und auch die Eltern im Blick zu haben und mitzunehmen. "Eltern sind dann und wann einfach nur Frau und Mann" heißt es in einem Lied von mir. Das war mir wirklich sehr früh wichtig und dann sind ungefähr alle fünf Jahre genug Lieder zusammengekommen, um wieder ein Album für Erwachsene zu veröffentlichen. "Zeit für Kinder, Zeit für uns", das die Plattenfirma erst so zögerlich aufgenommen hat, ist dann später eine Goldene Schallplatte geworden. Das heißt, die Eltern sind mir gefolgt. Ich weiß heute von vielen, dass ich sie durch ihre Kindheit begleitet habe, dann aber auch durch ihre Elternzeit und sogar durch ihre Großelternzeit.

Also sind Sie ein Familienmusiker?

Rolf Zuckowski: Das wollte ich immer sein, ich wollte immer das ganze Spektrum abdecken. Und ich freue mich, dass das auch so angenommen wird. Ob noch einmal etwas Neues kommt, weiß ich nicht. Ich schreibe in letzter Zeit sehr wenige neue Lieder und möchte mich auch nicht zwingen und verkrampfen.

Das muss sich ergeben, oder?

Rolf Zuckowski: Ja, ich liebe es zudem auch, neue Kooperationen einzugehen, auch mit jüngeren Leuten wie zum Beispiel der Illustratorin Sarah Settgast, die mit mir das Buch "Rolfs Liedergeheimnisse" gemacht hat. Da entstehen dann plötzlich neue Perspektiven und Möglichkeiten, an die ich nie gedacht hätte. Sarah hat einen Partner, einen Hightech-Fachmann, und wir haben eine App entwickelt, mit der man aus diesem Bilderbuch die Lieder herausscannen kann und direkt hören kann. Solche Kooperationen liebe ich momentan sehr. Da gibt es auch noch einige Dinge, die auf mich zukommen.

Das heißt, Sie gehen mit offenen Augen und Ohren auf neue Tendenzen und Moden ein?

Rolf Zuckowski: Ja, aber das hat auch seine Grenzen. Ich möchte nicht auf jedes Trittbrett springen. Es gibt immer musikalische Wege, die andere gehen, bei denen ich nicht mitkomme. "Deine Freunde" zum Beispiel, die wollen mich immer noch ein wenig als Mentor oder Berater an der Seite haben, aber eigentlich brauchen sie mich gar nicht mehr. Das ist eine Freundschaft, ich bin immer der Erste, der das neue Album hört. Manchmal habe ich auch tatsächlich Gedanken dazu, die ich einbringe, etwa zum Albumcover oder dem Titel, die sie aufgreifen. Diese Beziehungen pflege ich sehr. Oder "Eule findet den Beat": Das sind drei junge Frauen, die ihr Album jetzt ins Ukrainische haben übersetzen lassen und damit auf Tour gehen, um ukrainischen Flüchtlingskinder zu unterhalten. Ich helfe ihnen, indem ich Instrumente sammle für das Ensemble, das fast nur aus geflüchteten Menschen besteht, meistens Frauen, die ihre Instrumente in der Ukraine lassen mussten.

Sie haben Generationen von Menschen seit der Kindheit begleitet und sind einer der bekanntesten Deutschen überhaupt. Werden Sie häufig erkannt und angesprochen oder halten sich die Leute eher zurück?

Rolf Zuckowski: Wenn ich das Haus verlasse, bin ich erst einmal in der Nachbarschaft und wir kennen uns schon sehr lange, ich wohne hier seit 50 Jahren. Das heißt, da bin ich jetzt nicht jemand, wo man sagt "Oh, da ist Rolf". Das ist ganz normal, ich bin der Nachbar, übrigens auch von Otto Waalkes, der hier auch wohnt. Dem geht es genauso wie mir: Wenn Otto durch die Straße radelt, bleibt auch nicht jeder mit offenem Mund stehen. Aber wenn ich weiter rausgehe, in die Stadt, dann gibt es immer wieder Menschen, die mich offensichtlich erkennen, und wenn sie mich ansprechen, eigentlich immer sehr liebenswürdig. Sie erzählen dann von Erinnerungen aus ihrer Kindheit. Oder sie haben ihre Kinder dabei, die mich nicht erkennen, weil ich auf den alten CDs natürlich anders aussehe als heute. Und dann sagen die Eltern: Das ist der Rolf, von dem singen wir doch immer so gerne das und das Lied (lacht). Ich kann damit sehr gut umgehen. Popstars haben es da schwerer. Ich bin ja auch öfter in Sendungen mit Pop- und Schlagerkünstlern, die das typische erwachsene und jugendliche Fan-Publikum haben. Das kann auch ganz schön heftig werden, dann ist es auch rein körperlich schwieriger. Familien mit Kindern kommen einem nicht so nah, dass es anstrengend wird, das habe ich noch nie erlebt. Ich war einmal mit Tokio Hotel in derselben Sendung und musste durch die Fan-Warteschlange gehen. Da habe ich einmal gemerkt, wie dieses Gekreische und Gejubel ist. Und von den Fans haben mich dann auf einmal auch sehr viele erkannt. Da war schon sehr merkwürdig als die Tokio-Hotel-Fans dann auf einmal Selfies mit mir machen wollten und ich Autogramme schreiben sollte (lacht).

Wo Sie Otto eben erwähnt haben, meine Söhne hören jedes Jahr seine Version Ihres größten Hits "In der Weichnachtsbäckerei" rauf und runter…

Rolf Zuckowski: Davon hat er ja mehrere Versionen aufgenommen. Dann müssen Ihre Söhne unbedingt "Als ich ein Baby war" von mir hören, da bringt Otto am Ende alles durcheinander, was wir vorher gesungen haben. Das lieben die Kinder. Das Lied hat bei YouTube fast 90 Millionen Klicks, das ist völlig verrückt.

Ein Hit im Internet…

Rolf Zuckowski: Es geht ja noch weiter. Ich weiß nicht, ob Sie es mitbekommen haben: Mein Lied "Ich schaff‘ das schon" war vor wenigen Wochen auf Platz 1 der TikTok-Charts. Es gibt unendlich viele Filmchen von Menschen, meistens junge Frauen, die gewisse Lebenssituationen mit der Zeile "Ich schaff‘ das schon" als Selfie gefilmt haben. Das ist wirklich anrührend, manchmal sehr zu Herzen gehend, und teilweise ist es einfach urkomisch. Dass dieses Lied von 1983 auf diese Weise nochmal in die TikTok-Charts kommt, ist wirklich toll.

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