Neue Folge "Bezzel & Schwarz – Die Grenzgänger"

Eberhofer-Star Simon Schwarz im Interview: "Es gibt kein Menschenrecht auf billiges Fleisch"

18.07.2023, 09.29 Uhr
von Elisa Eberle

Es ist die fünfte Reise, die Simon Schwarz mit seinem Kollegen Sebastian Bezzel in der BR-Doku "Bezzel & Schwarz – Die Grenzgänger" durch Bayern unternimmt. Eine gewisse Nachhaltigkeit liegt Schwarz dabei stets am Herzen. Ein Gespräch über kalte Heizungen, unnötige Reisen und Billigfleisch.

Umweltbewusste Drehen spielt eine immer größere Rolle. Auch Sebastian Bezzel und sein Kollege Simon Schwarz achten bei der Arbeit an ihrer Doku-Reihe "Bezzel & Schwarz – Die Grenzgänger", in der sie mit dem Wohnmobil durch Bayern reisen, darauf, nicht zu viel CO₂ auszustoßen. Das verrät Schwarz in einem Interview zur fünften Staffel, deren erste von zwei Folgen am Montag, 17. Juli, um 20.15 Uhr, im BR Fernsehen zu sehen ist: "Im Zirkus" werden die beiden Schauspieler vor große Herausforderungen gestellt. Die zweite Episode "Im Museum" folgt am Montag, 24. Juli, zur selben Sendezeit. Warum er selbst lange Angst vorm Zirkus hatte und warum er weder Quizshows noch Preisverleihungen ausstehen kann, erklärt der dreifache Vater im Gespräch. Den bevorstehenden Kino-Start des neunten Eberhofer-Krimis "Rehragout-Rendezvous" (ab 10. August) nutzt der 52-Jährige zudem für ein klares Statement gegen übermäßigen Fleischkonsum.

prisma: Wohnmobile hatten in den Corona-Jahren Hochsaison. Reisen Sie auch privat auf diese Weise?

Simon Schwarz: Nein. Ich hatte früher einen umgebauten Land Rover Defender, der wurde mir aber vor ein paar Jahren in Berlin gestohlen. Aber mit einem Wohnmobil bin ich privat nicht unterwegs.

prisma: Wie verbringen Sie denn dann dieses Jahr Ihren Sommerurlaub?

Schwarz: Gar nicht! Wir haben bis jetzt keinen Urlaub gemacht, außer mal übers Wochenende. Ich weiß auch noch nicht so richtig, wann wir überhaupt Urlaub machen sollen. Insofern fällt der Urlaub leider Gottes wie so oft bei mir ins Wasser.

prisma: Ist es normal für die Branche, dass man selbst im Sommer so viel zu tun hat?

Schwarz: Als meine großen Kinder noch in die Schule gingen, da habe ich schon immer wieder versucht, ein paar Wochen im Sommer zu sperren. Dieses Jahr ist es einfach mit der Arbeit nicht möglich. Aber Ziel ist es schon, dass es irgendwann wieder möglich ist. Denn ich bin schon ein Freund von Urlaub.

prisma: Haben Sie eine Wunschdestination, wenn es denn mal klappt?

Schwarz: Nein, Urlaub sollte erholsam sein. Ich mag zum Beispiel keine großen Hotelanlagen. Ich mag das Kleine lieber als das Große.

"Wir lernen Bayern neu kennen"

prisma: Für "Bezzel & Schwarz – Die Grenzgänger" reisen Sie quer durch Bayern. Haben Sie das Bundesland dadurch neu kennengelernt?

Schwarz: Wir fahren schon an Orte, wo wir privat wahrscheinlich nicht mal eben vorbeikommen. Insofern: Ja, wir lernen Bayern neu kennen. Nicht nur durch die Doku, sondern auch durch die Kinotour zu den Eberhofer-Filmen, die ich im Sommer mit dem Sebastian (Bezzel, d. Redaktion) mache. Dadurch kenne ich jede Autobahn im Freistaat. (lacht)

prisma: Die Kinotour machen Sie aber nicht im Wohnmobil?

Schwarz: Nein, dafür fehlt die Zeit. Letztes Jahr hatten wir 13 Tage in 33 Städten. Da kann man sich dann vorstellen, wie das abgeht ...

prisma: Wie lange dauern die Dreharbeiten für "Die Grenzgänger" normalerweise?

Schwarz: Normalerweise sind wir dreieinhalb Wochen pro Staffel unterwegs. Dieses Jahr ist es etwas kürzer, weil es nur zwei Folgen sind. Dafür versuchen wir nächstes Jahr sechs Folgen zu machen. Es ist immer eine Zeitfrage. Bei uns in der Schauspielerei ist es so, dass in den Wintermonaten ungern gedreht wird. Denn alles, was man da dreht, wollen die Leute nicht so gerne sehen. Warum das so ist, weiß ich nicht. Dafür wird es in den Zeiten, in denen auch die Familie gerne Zeit mit uns verbringen würde, super eng.

"Wir heizen wenig und sind sehr sparsam unterwegs"

prisma: Wie schaffen Sie es, sich während der Dreharbeiten nicht gegenseitig auf die Nerven zu gehen?

Schwarz: Ach, das ist ja der Grund, warum wir das überhaupt machen: Weil wir uns nicht auf die Nerven gehen. Wir verstehen uns schlichtweg so gut, dass wir immer glücklich sind, wenn wir Zeit miteinander verbringen. Wir könnten sicher noch mehr Zeit miteinander im Wohnmobil verbringen, nur würde irgendwann die Familie sagen: "Geht's noch? Was ist los mit euch?" (lacht)

prisma: Also schnarcht keiner von Ihnen?

Schwarz: Ich glaube, wir beide schnarchen, aber keiner so laut, dass es den anderen stört. Oder wir schlafen einfach so gut. Wir sind nicht im Hochsommer unterwegs, sondern in Zeiten, in denen die anderen nicht mit dem Wohnmobil unterwegs sind. Meistens im März, da kann es in der Nacht schon ziemlich kalt sein. Wir drehen die Heizung immer ab in der Nacht. Wir heizen wenig und sind sehr sparsam unterwegs. Nicht weil wir irgendeine Auflage haben, sondern weil uns das lieber ist.

"Ich verlange von niemandem, dass er friert"

prisma: Sind Umwelt- und Klimaschutz Themen, die Sie dauerhaft begleiten?

Schwarz: Ja, die Themen sind bei uns beiden dauerhaft im Kopf. Das sollte langsam bei jedem dauerhaft im Kopf sein. Wir sehen, was für Folgeschäden wir durch falsches Verhalten verursachen. Es sind gewaltige Kosten, die auch noch auf uns zukommen werden. Deshalb ist es durchaus vernünftig, zu überlegen: Brauchen wir das so? Was ist so schlimm am Energiesparen? Ich verlange von niemandem, dass er friert. Aber ich will nicht im Winter zu Hause in kurzer Hose und T-Shirt herumlaufen und mich nur dick anziehen, wenn ich rausgehe. So bin ich erzogen worden. Meine Kinder machen es auch nicht. Aber ich habe es als Kind erlebt, dass ich zu Freunden gegangen bin und mich erstmal ausziehen musste, weil es in der Wohnung so heiß war. Das kann ich nicht nachvollziehen. Gesundheitlich gibt es keinen Grund, außer vielleicht bei Hardcore-Rheumapatienten.

prisma: Bei manchen Menschen scheint es, eine Art Trotzverhalten zu sein ...

Schwarz: Den Eindruck habe ich auch oft. Aber ich muss nicht alles machen, nur weil ich es kann! Ich könnte mir ganz viele Sachen leisten, mache es aber trotzdem nicht: Ich finde viele Reisen, die ich mir leisten könnte, nicht notwendig. Ich kann auch nicht verstehen, warum man ins Weltall fliegt, oder – das ist jetzt tragisch – 4.000 Meter in einem U-Boot zu einem Wrack runtertaucht.

Konkrete Orte statt simplen Himmelsrichtungen

prisma: Die bisherigen Folgen der Doku waren simpel nach den jeweiligen Himmelsrichtungen benannt. In Staffel fünf aber konzentrieren Sie sich auf bestimmte Orte. Warum?

Schwarz: Diese Himmelsrichtungen wollten wir ein bisschen verlieren, weil wir das jetzt oft gemacht haben. Das ist zwar spannend, aber eine Veränderung ist auch mal gut. Wir müssen nicht immer alles gleich beibehalten, sondern wir können uns auf neue Dinge einlassen. Insofern war es ganz spannend, einmal länger an einem Ort zu bleiben. Im Normalfall verbringen wir einen Tag bei einem Protagonisten. Das heißt, wir kommen in der Früh an und reisen am Abend wieder ab. Das ist schön, aber manchmal hat man den Eindruck, man würde auch mal gern ein bisschen länger bleiben, weil man dann anders eintauchen könnte in die Materie. Insofern war das ein Versuch.

prisma: Wie hat sich das Ergebnis dadurch verändert?

Schwarz: Wir haben vielleicht nicht alles geschafft, was wir wollten, sind aber trotzdem zufrieden. Die Grundidee war, in einen Kosmos einzutauchen, der völlig abgeschlossen für sich alleine steht. Wie zum Beispiel das Deutsche Museum oder ein Zirkus oder ein Kloster oder 'ne Alm ... Was bleibt ist, dass wir zwei interessiert sind und versuchen, Dinge zu erfahren, von denen wir keine Ahnung haben. Das kann ich nur jedem raten! Denn diese Erfahrung ist es, die Menschen wirklich nach vorne bringt. Wir lesen uns kurz vor dem Besuch immer ein bisschen ein. Beim Zirkus war das ein bisschen schwierig, denn jeder hat sein Bild vom Zirkus. Wir wissen aber auch, dass das am Ende anders ist als wir es uns vorstellen.

"Ich könnte kein Format machen, indem ich gegen einen anderen antrete"

prisma: Welches Bild hatten Sie anfangs vom Zirkus? Hat es sich durch den Dreh verändert?

Schwarz: Ich war nie einer, der gerne in den Zirkus gegangen ist. Ich hatte eher Angst vor dem Zirkus. Ich hatte den Eindruck: Da wohnen Menschen völlig abgeschottet und fahren ihr gesamtes Leben mit einem Wohnwagen herum, und die Kinder gehen jede Woche in eine andere Schule. Manches davon stimmte, aber was wir auch erlebt haben, ist eine unglaubliche Herzlichkeit und Aufgeschlossenheit uns Fremden gegenüber. Die Angst habe ich verloren, aber ich selbst werde nicht zum Zirkus gehen, weil ich keinerlei Begabung habe.

prisma: Wäre das stetige Reisen von Ort zu Ort etwas für Sie?

Schwarz: Das muss ich als Schauspieler sowieso, und das ist nicht der Teil der Schauspielerei, den ich liebe. Vielleicht ist es auch immer das, was man nicht hat, was man gerne hätte. Aber auf eine Art könnte ich mir gut vorstellen, jeden Tag in das gleiche Büro zu gehen.

prisma: In der Doku treten Sie trotz anfänglicher Skepsis am Ende als Artisten auf. Welcher Aufforderung der Regie würden Sie niemals nachkommen?

Schwarz: Da gibt es jedes Mal etwas, und wir sagen jedes Mal: "Nee, das machen wir nicht!" (lacht) Das fängt schon an, dass sie versuchen, dass wir zu streiten anfangen. Oder einen Wettbewerb zwischen uns reinzubringen. Das ist auch schwierig, weil uns dieser Ehrgeiz, sich gegenseitig zu messen, gänzlich fehlt. Ich könnte kein Format machen, indem ich gegen einen anderen antrete. Beim Sport ist das was anderes, aber nicht im normalen Leben. Es ist schon stressig genug in dieser Welt.

prisma: Das Publikum wird Sie also nie in einer Quizshow sehen?

Schwarz: Ich hatte schon viele Einladungen, aber Quizshows sind tatsächlich das Letzte, was ich machen würde. Gleiches gilt für Tanzsendungen oder Sendungen, in denen man um die Wette singt. Ich geh noch nicht einmal zu Preisverleihungen. Preisverleihungen für Schauspieler sind für mich ein Widerspruch in sich: Wir machen doch genau das, was man nicht messen sollte, weil es Kunst ist! Wenn Sie drei Freunde haben, die einen Film anschauen, haben sie am Ende drei unterschiedliche Meinungen dazu und das ist großartig!

"Im Prinzip könnte der Eberhofer auch in Norddeutschland spielen"

prisma: Dennoch spielen Sie in der sehr erfolgreichen Eberhofer-Krimireihe. Wie erklären Sie sich den Erfolg?

Schwarz: Erfolg ist so eine Sache ... Man könnte wahnsinnig viel Geld verdienen, wenn man Menschen sagt, wie sie erfolgreich werden. Ich glaube aber nicht, dass es in Wirklichkeit jemand weiß. Ich glaube, mit der analogen Erzählung können viele Menschen etwas anfangen. Auch spricht der Film ein sehr breites Publikum an. Die Filmreihe basiert auf einer sehr erfolgreichen Romanreihe und nimmt die ganze Leserschaft mit. Am Ende kann man aber nur versuchen, ehrlich zu sein und die Figuren ernstzunehmen.

prisma: Spielt vielleicht auch der Lokalkolorit eine Rolle? Schließlich gibt es viele erfolgreiche bayerische Formate ...

Schwarz: Im Prinzip könnte der Eberhofer auch in Norddeutschland oder in der Bretagne spielen. Niederkaltenkirchen könnte auch in Südostasien sein. Figuren wie den Metzger, die Oma oder die Polizisten gibt es auf der ganzen Welt. Wir sind alle Menschen und funktionieren mehr oder weniger psychologisch gleich, egal, wo wir sind. Wichtig ist, glaub ich, vor allem, dass wir uns neue Dinge trauen, was wir viel zu selten machen. Im deutschen Sprachraum waren wir eine Zeit lang sehr gut im Serienkosmos unterwegs. Inzwischen haben wir den Anschluss an die Amerikaner mit HBO verloren, weil wir zu oft versuchen, Erfolg zu kopieren, statt uns etwas Neues zu trauen.

"Es gibt kein Menschenrecht auf billiges Fleisch"

prisma: Der neue Eberhofer-Film trägt den wunderbaren Titel "Rehragout-Rendezvous". Nicht unbedingt der beste Titel für einen Veganer wie Sie ...

Schwarz: Naja, ich spiele da eine Rolle: Wenn ich einen Mörder spiele, dann muss ich jemanden umbringen. Oder wenn ich einen schlechten Menschen spiele, heißt das nicht, dass ich schlecht sein muss. Ich lasse mich so gut wie möglich auf diese Figur ein. Ich übergebe mich nicht, wenn ich Fleisch esse. Ich habe mein Leben lang gerne Fleisch gegessen und mich nur dafür entschieden, privat weniger tierische Produkte zu essen. Aber das hat ganz andere Gründe.

prisma: Die wären?

Schwarz: Ich habe mich dazu entschieden, privat weniger CO₂ zu verbrauchen und im Grunde nicht anders zu leben als meine Großeltern früher: Die haben auch nicht jeden Tag Billigfleisch gegessen. Ich bin nicht der Meinung, dass es Aufgabe eines Großkonzerns ist, dass die Menschen billig Fleisch bekommen, sondern es wäre Aufgabe eines Staates, dass die Menschen gut ernährt werden. Es gibt kein Menschenrecht auf billiges Fleisch, sondern wir als Gesellschaft haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass bei uns niemand Hunger leiden muss. Wir alleine, Sie und ich, werden mit unserem Verhalten die Welt nicht besser machen. Aber wir können einen Anstoß dazu geben. Wir müssen den Leuten auch nichts wegnehmen, sondern wir müssen die Welt besser für alle machen.

prisma: Sehen Sie sich als Vorbild?

Schwarz: Ich weiß nicht, ob ich ein Vorbild sein möchte. Wen es nicht interessiert, der muss es sich auch nicht anhören. Ich geh nicht auf der Straße herum und beschreibe den Leuten, so und so haben sie zu leben. Ich fahre gerne mit dem Auto und ich fliege zum Arbeiten, weil ich die Entscheidung habe: Komme ich früh nach Hause und kann das ganze Wochenende mit meiner Familie verbringen? Oder muss ich in den Zug einsteigen, bin dann am Abend da und habe nur das Abendessen und das Frühstück mit meinen Kindern. Deshalb entscheide ich mich für den Flieger und spare woanders ein. So müssen wir lernen zu denken. Denn auch so würden wir einen großen Schritt nach vorne machen, und jeder würde davon profitieren.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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