ZDF-"Morgenmagazin"

Frank-Walter Steinmeier räumt Fehler ein: "Das ist eine bittere Bilanz"

05.04.2022, 12.49 Uhr

Im Interview mit Dunja Hayali räumte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Fehler in seiner Russland-Politik ein.

Es war ein ungewöhnliches Setting für ein Interview im ZDF-"Morgenmagazin": In einem improvisierten TV-Studio am Berliner Hauptbahnhof empfing Dunja Hayali am Dienstagmorgen den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. An jenem Ort, an dem derzeit die vielen Neuankömmlinge aus der Ukraine erstversorgt werden, sprachen sie über die künftigen Pläne der Bundesregierung und die Versäumnisse der Vergangenheit.

Der frühere Außenminister der SPD warb zunächst für Verständnis: "Wir müssen unterscheiden zwischen dem Putin, der 2001 im Deutschen Bundestag geredet hat, der den Eindruck erweckt hat, es gebe die Chance für einen gemeinsamen Weg zur Freiheit, Demokratie und zur Beachtung der Menschenrechte, und dem eingebunkerten Kriegstreiber Putin des Jahres 2022."

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Dann jedoch räumte Steinmeier – wie schon am Vortag bei einem Pressegespräch im Schloss Bellevue – Fehler der deutschen Außenpolitik ein: "Das wirklich Traurige ist, dass wir in vielen Punkten gescheitert sind." Dies betreffe den vergeblichen Versuch, Russland in eine europäische Sicherheitsarchitektur einzubinden, ebenso wie jenen, demokratische Werte in Russland voranzutreiben.

"Das ist eine bittere Bilanz, vor der wir stehen", fuhr Steinmeier fort: "Und zu dieser bitteren Bilanz gehört auch die Fehleinschätzung, dass wir – und auch ich – gedacht haben, dass auch ein Putin des Jahres 2021 am Ende nicht den totalen politischen, wirtschaftlichen und moralischen Ruin des Landes hinnehmen würde für seinen imperialen Wahn." Er ergänzte: "Wir haben es nicht geschafft, die Entwicklung aufzuhalten, die jetzt eingetreten ist und die sich jetzt in diesem Krieg entladen hat."

Die Warnungen anderer osteuropäischer Länder hätten ernster genommen werden müssen. Insbesondere das Festhalten an der Pipeline Nord Stream 2 sei falsch gewesen, "weil es uns viel Glaubwürdigkeit bei unseren europäischen Partnern gekostet hat". Mit Blick in die Zukunft zeigte sich der 66-Jährige wenig optimistisch: "Es wird unter Putin keine Rückkehr zur Normalität geben", prophezeite er.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH
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