Film bei ARTE

"Führerschein und nichts wie weg": sympathisch sind nur die Nebenfiguren

von Franziska Wenzlick

Ein Marineoffizier wird Fahrlehrer in einem Multikulti-Vorort, um seinem kranken Vater aus der Patsche zu helfen. Leider scheitert der französische Film an dem Versuch, den grummeligen Protagonisten zum Sympathieträger zu machen.

ARTE
Führerschein und nichts wie weg
Komödie • 17.12.2021 • 20:15 Uhr

Mit seinem Vater Serge (André Wilms) will Pierre (Alban Lenoir) schon seit langem nichts mehr zu tun haben. Als Unteroffizier bei der französischen Marine fühlt er sich zu wichtigeren Dingen berufen als sein alter Herr, der sein Geld als Leiter einer Fahrschule im sozialen Brennpunkt verdient. Als Pierre jedoch erfährt, dass Serge schwer erkrankt ist, reist er in den kleinen Vorort vor Lille zurück, dem er Jahre zuvor den Rücken kehrte ...

Dort angekommen übernimmt er in der Komödie "Führerschein und nichts wie weg" pflichtbewusst den Job seines Vaters. Im augenscheinlich in die Jahre gekommenen Familienunternehmen mit einem einzigen, etwas launischen Angestellten (Olivier Saladin), der bekennender Gewerkschafter und Marxist ist, wird Pierre jedoch zunehmend mit seinen eigenen Vorurteilen konfrontiert: Die Menschen im multikulturellen Stadtviertel bringen ihn an die Grenzen seiner Geduld. Und während der Vater als Fahrlehrer stets ein offenes Ohr für seine Schülerinnen und Schüler hatte, stößt der autoritäre Führungsstil von Prinzipienreiter Pierre nicht gerade auf Begeisterung.

Man mag erahnen, welche Geschichte der französische Regisseur Arnaud Bédouet in seiner Tragikomödie "Führerschein und nichts wie weg" zu erzählen versucht: die eines vermeintlich herzlosen Soldaten, der bei der Rückkehr in die Heimat nicht nur seine durchaus rassistischen Ressentiments ablegen, sondern auch seine zerbrochene Familie kitten kann. Leider scheitert der Film – so liebenswert seine zahlreichen Nebencharaktere auch sein mögen – ausgerechnet an seinem Protagonisten. Denn auch wenn Serge gegen Ende der Geschichte nicht mehr ganz so unerträglich ist wie noch zu Beginn des Streifens, so scheint die Wandlung zum liebevollen Menschenfreund doch etwas weit hergeholt.

Erstaunlich erfrischend kommen hingegen die Szenen im Fahrschulauto daher. Das liegt nicht zuletzt an den Schülerinnen und Schülern: Da wäre zum Beispiel Nasser (herrlich: Influencer und YouTube-Star Riadh Belaïche), der telefonierend am Steuer ganz nebenbei noch seine Karriere als Rapstar aufbaut. Oder die sympathischen Mata (Jisca Kalvanda), die Pierre nicht nur das Ohr abkaut, sondern die Fahrstunden nutzt, um ihre ebenso redseligen Familienmitglieder durch die Stadt zu kutschieren.

Es ist schade, dass Bédouet ausgerechnet jene Charaktere zu Nebenfiguren degradiert hat, die beim Zusehen tatsächlich Spaß machen. So wäre ein Film über die alte Dame namens Yaguël (Tata Milouda), die am Steuer ein hoffnungsloser Fall zu sein scheint und unermüdlich versucht, ihrem Umfeld etwas zu essen anzudrehen, mit Sicherheit unterhaltsamer ausgefallen als "Führerschein und nichts wie weg".

Führerschein und nichts wie weg – Fr. 17.12. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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