Krimi im Ersten

"Tatort: Unsichtbar"– Sorge um Kommissarin Gorniak

von Eric Leimann

Die Dresdner Ermittler suchen in diesem "Tatort" nach "unsichtbaren" Todesursachen. Eine junge Frau stirbt, vorher hatte sie über unerklärliche Schmerzen geklagt. Und auch Gorniak wird von Schmerzen geplagt.

ARD
Tatort: Unsichtbar
Kriminalfilm • 17.10.2021 • 20:15 Uhr

Nicht immer reichen im Krimi Schusswaffen, Messer, ein Fall aus großer Höhe oder der klassische stumpfe Gegenstand aus, um das Opfer in die Horizontale zu befördern. Tatsächlich stehen die Kommissarinnen Gorniak (Karin Hanczewski) und Winkler (Cornelia Gröschel) vor einem Rätsel, als sie die Leiche der 29-jährigen Anna Schneider (Milena Tscharntke) untersuchen. Zwar wird Herzstillstand als Todesursache bestätigt, aber eigentlich war die Frau doch kerngesund. Weil sie in letzter Zeit unter Drohungen von einem Stalker sowie unerträglichen Schmerzen litt, ermittelt nun die Dresdener Kripo im neuen "Tatort". Sollten die beiden Kommissarinnen jedoch nicht bald Hinweise auf einen Mord finden, muss ihr Chef Schnabel (Martin Brambach) den Fall einstellen.

Karin Gorniak geht das Rätsel rund um die gepeinigte, quasi in den Tod getriebene junge Frau besonders nah. Schon einige Tage bevor sie mit dem Fall Schneider betraut wurde, begannen bei ihr ähnliche Schmerzen, wie sie das Opfer hatte. Die toughe, aber im Dresdener "Tatort" auch immer wieder körperlich gebeutelte Ermittlerin, leidet zudem darunter, dass ihr fast 18-jähriger Sohn Aaron (Alessandro Schuster) ausziehen und das Mutter-Kind-Nest verlassen will. Als sich Gorniak vom Arzt durchchecken lässt, finden auch CT und MRT keine Ursachen fürs Martyrium der Kommissarin. Wer ist verantwortliche für den Dresdener Körperhorror?

Immer wenn im "Tatort" die Grimmepreisträger Erol Yesilkaya (Drehbuch) und Sebastian Marka (Regie) ihre Finger im Spiel haben, weht ein Hauch von internationalem Thriller der Marke David Fincher oder David Cronenberg durch den Film. So war es in der Tukur-Folge "Es lebe der Tod" (2016), dem Frankenthriller "Ein Tag wie jeder andere" (2019) oder in den Dresdner Folgen "Das Nest" (2019) und "Parasomnia" (2020), in denen die Genres "Mastermind-Killer" und "Gruselhaus" ziemlich klug auf "Tatort" gebürstet wurden. Für die neue Folge "Unsichtbar" arbeitete Bildzauberer Sebastian Marka nun mit dem Drehbuchautoren Michael Comtesse zusammen, der zuletzt unter anderem den Bremer Abschieds-"Tatort" für Lürsen und Stedefreund, "Wo ist nur mein Schatz geblieben", geschrieben hatte.

Trotzdem erinnert auch der neue "Tatort" an die wuchtige Geh-aufs-Ganze-Krimi-Mentalität mit seinem Stammpartner Yesilkaya. "Unsichtbar" ist ein Thriller an der Grenze zum Unglaublichen. Er kontrastiert Zukunftstechnologien mit archaischem menschlichen Leid – und natürlich bevölkern auch diesen Fall einmal mehr Psychopathen, die mit allen Wassern gewaschen sind. In größeren Gastrollen geben Stars wie Christian Friedel ("Die Dasslers") und Anna Maria Mühe ("Solo für Weiss") dem Geschehen Kontur.

Das Problem der Geschichte ist allerdings, dass sie von Beginn an übervoll mit Motiven ist und zudem seltsam überdreht wirkt. Wäre das Martyrium der Kommissarin nicht schon genug gewesen? Ein Konzentrieren auf unheimliche Veränderungen des Körpers, die Dynamik eines unerkannten Leidens und das Alleinsein mit derlei Ängsten hätten ein mitreißendes Krimidrama ergeben können. Karin Hanczewski, die diese Folge schauspielerisch dominiert, wäre auf jeden Fall in der Lage, einen solchen Trip zu tragen.

Stattdessen müssen aber noch über verschickte Kurzvideos kredenzte Rätsel aus der Vergangenheit gelöst, neueste Forschungsergebnisse zu Tötungsmethoden erklärt sowie eine komplexe Psychose hergeleitet werden. Viele Ideen für nur einen 90 Minuten-Krimi. Trotz seiner guten Grundidee muss man den neuen Dresdner "Tatort" als gescheitert einordnen. Die Geisterbahnfahrt durch diverse Larger-Than-Life Thriller-Genres ist diesmal leider entgleist.

Tatort: Unsichtbar – So. 17.10. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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