Bei "Markus Lanz"

Roderich Kiesewetter macht seiner Empörung Luft: "Bundeskanzler hat die Öffentlichkeit getäuscht"

06.03.2024, 08.53 Uhr
von Natascha Wittmann

Bei "Markus Lanz" schilderte der palästinensische Uhrmacher Abed Hassan die tragische Lage im Gazastreifen. CDU-Politiker Roderich Kiesewetter war am Dienstagabend ebenfalls in der Talk-Runde zu Gast und zeigte sich empört von der Entscheidung des Bundeskanzlers, keine "Taurus"-Marschflugkörper in die Ukraine zu senden.

Seit dem 7. Oktober 2023 verschlimmert sich die Lage im Nahen Osten nahezu täglich. Besonders im Gazastreifen gilt die Lage als prekär, mittlerweile sollen fast zwei Millionen Menschen auf der Flucht sein, während bis zu 30.000 Palästinenser durch Luftangriffe getötet wurden.

Bei "Markus Lanz" schilderte der palästinensische Uhrmacher Abed Hassan, der zur Zeit des Kriegsausbruchs auf Familienbesuch in Gaza war, die tragische Situation vor Ort: "Alleine in dieser Woche habe ich zehn Familienmitglieder verloren." Lanz hakte schockiert nach: "In dieser Woche?" Der 27-Jährige nickte: "Ja, in dieser Woche. Es sind über 100 Familienmitglieder."

Abed Hassan: "Man wartet jeden Moment auf den Tod"

Hassan selbst überlebte einen Luftangriff nur knapp. "Dass ich hier heute sitze, ist eigentlich ein Wunder", so der Uhrmacher. Er ergänzte mit strengem Blick: "Zwischen mir und dem Tod waren 30 Sekunden und 20 Meter." Laut Hassan sei die Lage in Gaza mittlerweile noch dramatischer: "Man ist verzweifelt. Man wartet jeden Moment auf den Tod." Der Palästinenser stellte weiter klar: "Für uns ist es schon lange kein Krieg mehr. Für uns ist es eine absolute Zerstörung von allem, was überhaupt lebendig ist in Gaza." Laut Hassan sei die Gewalt und das Leid jedoch "nicht zu rechtfertigen – egal auf welcher Seite".

Dem stimmte Journalistin Kristin Helberg zwar zu, sie mahnte jedoch auch: "Die israelische Armee hat natürlich einen sehr schwierigen Krieg zu führen, weil die Hamas sich eingegraben hat (...) und deswegen natürlich auch Zivilisten als Schutzschilde benutzt." Es sei daher "extrem kompliziert", einfach nur die Hamas zu bekämpfen. Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der "Jüdischen Allgemeinen", fügte energisch hinzu: "Israel will diesen Krieg nicht." Laut des israelischen Journalisten sei es die Hamas, die den Krieg nicht beenden wolle, denn: "Dieser Krieg wäre innerhalb von Sekunden vorbei, wenn sie die israelischen Geiseln freilassen würde." Aus diesem Grund erklärte Engel gegenüber Hassan: "Ihre Familie ist Opfer der Hamas!"

Philipp Peyman Engel wehrt Vorwurf des Völkermords Israels ab

Hassan dementierte dies jedoch. Er erklärte, dass es bereits vor dem 7. Oktober Perspektivlosigkeit und Elend in Gaza gegeben und die Menschen "leise gelitten" hätten. "Wenn wir sterben, werden wir erst zum Thema", kritisierte der 27-Jährige. Dass es sich bei den Angriffen auf Gaza um einen Völkermord handeln könnte, wies Engel jedoch vehement zurück und sagte: "Ich bin nicht der Pressesprecher der israelischen Regierung, aber ich finde, wir müssen bei der Wahrheit bleiben." Er ergänzte streng: "Wenn Israel einen Völkermord begehen würde, dann sähe es doch ganz anders aus. Und das ist in meiner Wahrnehmung (...) der Bereich Fake News." Darauf antwortete Hassan zunächst mit der Frage: "Wie schlimm soll es denn noch sein?" Gleichzeitig forderte der Palästinenser eindringlich, "dass wir aufhören mit Schuldzuweisungen", denn "Gewalt rechtfertigt nicht noch mehr Gewalt".

Ähnlich aufgewühlt zeigte sich die Runde, als es um die "Taurus"-Abhöraffäre ging. CDU-Politiker Roderich Kiesewetter sagte zunächst nüchtern: "Der Skandal ist nicht, dass Russland sich dort eingeschaltet hat, sondern der Skandal ist, dass wir nicht in der Lage waren, unsere eigenen Systeme zu härten. Dass spioniert wird, ist völlig richtig. Das ist völlig nachvollziehbar. Davon muss man auch ausgehen." Der Sicherheits-Experte ergänzte gleichzeitig, dass der Zeitpunkt des Leaks kein Zufall sei, denn: "Die Russen (...) sehen uns als Kriegsgegner. Die Russen sehen uns als Kriegspartei und sie tun natürlich alles, um Material zu bekommen."

Lanz: Wurde der Bundeskanzler "als Lügner überführt und bloßgestellt"?

Lanz hakte interessiert nach, ob Bundeskanzler Olaf Scholz durch den 40-minütigen Audio-Mitschnitt "als Lügner überführt und bloßgestellt" wurde. Darauf antwortete Roderich Kiesewetter deutlich: "Wir haben uns immer gewundert, warum der Bundeskanzler die 'Taurus'-Lieferung ablehnt. Es kam immer die Begründung, dass Bundeswehr-Soldaten vor Ort sein müssten. (...) Das ist de facto falsch."

Der Politiker ergänzte streng: "Wenn ich es jetzt sehr knallhart sage, dann hat der Bundeskanzler die Öffentlichkeit getäuscht, weil für einen Einsatz dieses Systems (...) mit etwas zeitlichem Vorlauf keine Bundeswehr-Unterstützung nötig ist." Laut Kiesewetter müsse Scholz "der Lieferung von 'Taurus' zustimmen", um sicherzustellen, dass "Putin wackelt". "Und genau das macht er nicht", so der CDU-Mann wütend. Er forderte gleichzeitig: "Die Ukraine muss befähigt werden, den Krieg nach Russland zu tragen mit ihren Waffen."

Dabei gehe es nicht um den Angriff auf "zivile Ziele", sondern vielmehr darum, "der russischen Bevölkerung klarzumachen, dass sie die Aggressoren sind". Dass er damit auch einen "Taurus"-Angriff auf Moskau meine, dementierte Kiesewetter derweil energisch: "Doch nicht mit deutschen Waffen!" Dennoch könne man laut des Politikers die Ukraine nicht darauf limitieren, "dass sie nur auf ihrem eigenen Gebiet versucht, Russland einzuhegen".


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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