Markus Lanz erschrocken über Formulierung zum AfD-Verbotsverfahren: "Anhängerschaft beseitigen"
Der Aufstieg der AfD sorgt für hitzige Debatten. Bei Markus Lanz fordern Heribert Prantl und Frauke Brosius-Gersdorf ein Verbot der Partei, während Gerhart Baum skeptisch bleibt. Eine Formulierung lässt Markus Lanz kurz aufschrecken.
Sollte die AFD verboten werden?
Wie die "Welt am Sonntag" vor Kurzem berichtet hatte, soll der Verfassungsschutz in Thüringen den thüringischen Landesverband der AfD in einer internen Analyse als "kämpferisch-aggressiv" eingestuft haben. Ein Umstand, der die Debatte um ein Verbot der AfD erneut anheizen könnte. Auch Markus Lanz sprach am Donnerstagabend in seiner Talk-Sendung im ZDF über Verfassungsfeinde und die staatlichen Instrumente, die gegen sie eingesetzt werden können. Anlass zur Debatte war abermals das 75-jährige Bestehen des deutschen Grundgesetzes.
Juristin Frauke Brosius-Gersdorf erklärte zunächst sachlich, dass es im Grundgesetz "ein paar sehr wirksame Eckpfeiler" gebe, die "gegen diese Gefahren einer nochmaligen Diktatur" schützen können. Laut der Juristin seien nicht nur die "individuellen Rechte" für alle Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die unabhängigen Gerichte in Deutschland ein "unglaublich wirksamer Schutzmechanismus, wie man Grundrechte in Deutschland durchsetzen kann". Frauke Brosius-Gersdorf ergänzte dazu stolz: "Wir sind eine wehrhafte Demokratie (...). Wir haben Schutzvorkehrungen gegen verfassungsfeindliche Parteien. Wir haben die Möglichkeit, Einzelpersonen Grundrechte zu entziehen." Sie erwähnte in dem Zusammenhang auch "die Möglichkeit von Verboten von Vereinen, die die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen".
Heribert Prantl: "Demokratie ist eine Werteordnung"
Eine Steilvorlage für Journalist Heribert Prantl, der im Gespräch mit Lanz bemängelte, dass die Instrumente des Staates mit Blick auf Parteien wie die AfD nicht ausreichend eingesetzt werden würden. Laut Prantl müssten sie viel häufiger "angewendet werden, wenn es Not tut". Und er sei "der Überzeugung, es tut Not", so der Journalist aufgebracht. Er zitierte daraufhin Erich Kästner: "Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine wird. Man muss den Schneeball zertreten."
Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) konterte skeptisch: "Ich bin der Meinung, dass die rechtlichen Instrumente da sind, (...) um auch benutzt zu werden. Die Frage ist: Um jetzt benutzt zu werden? Da bin ich zögernd!" Er warnte weiter, dass ein Verbot der AfD mitten im Wahlkampf nicht ratsam sei. "Wir gehen hier auf einem schmalen Grat", so Baum. Ein Argument, das Heribert Prantl nicht unkommentiert lassen wollte.
Er wetterte los: "Demokratie ist doch mehr als eine Urne, in die ich alle vier oder fünf Jahre einen Stimmzettel werfe! Demokratie ist eine Werteordnung." Der Journalist ergänzte wütend, dass die AfD seiner Meinung nach eine Partei sei, die "diese Werteordnung nicht nur mit Füßen tritt, sondern massiv bekämpft". Deshalb gehe es ihm prinzipiell "um eine Art Personenschutz der Menschenwürde". "Das ist für mich der Sinn und Zweck, der hinter dem Parteiverbot steht", so Prantl.
Mit Blick auf Gerhart Baums Zögern forderte er deshalb: "Bei diesen Tatsachen, die wir über die AfD wissen – wann, wenn nicht jetzt? (...) Wie lange wollen Sie denn noch warten?" Baum konterte zurückhaltend: "Kriegen Sie damit die Nazis weg?" Darauf antwortete Prantl: "Nein! Aber es ist ein wirkliches Signal und es bricht dem Rechtsextremismus, der Fremdenfeindlichkeit, dem Antisemitismus die Spitze."
Juristin Frauke Brosius-Gersdorf wäre "dafür, dass der Antrag auf ein Verbotsverfahren gestellt wird"
Gerhart Baum gab sich zwar weiterhin voller Bedacht, gab jedoch zu: "Vielleicht brauchen wir dieses Mittel – schließe ich nicht aus. Aber ich würde sehr vorsichtig sein im Umgang." Frauke Brosius-Gersdorf bezog ebenfalls klar Stellung: "Wenn es genug Material gibt, wäre ich auch dafür, dass der Antrag auf ein Verbotsverfahren gestellt wird. Weil das ein ganz starkes Signal unserer wehrhaften Demokratie ist, dass sie sich gegen Verfassungsfeinde wehrt. Dass es Grenzen gibt, die nicht überschritten werden dürfen." Trotzdem musste Brosius-Gersdorf zugeben, "dass damit natürlich nicht die Anhängerschaft beseitigt" werden könne.
Eine Formulierung, die Markus Lanz aufschrecken ließ: "Wenn Sie sagen, 'Anhängerschaft beseitigen' – Sie wollen nicht Menschen eliminieren. Ich will das nur mal klarstellen." Die Juristin nickte und erklärte weiter, dass es auch darum gehe, dass "die Probleme, die Ursachen, weshalb diese rechten Parteien so einen enormen Zuspruch haben, "angegangen werden müssen". Da muss es einfach einen Appell an die Politik geben, dass sie die Probleme der Menschen ernst nimmt, dass sie die existenziellen Probleme wieder löst", so Brosius-Gersdorf. Ein Argument, hinter dem auch Gerhart Baum stand. Er bedauere es zutiefst, dass eine solche Partei mehr Stimmen habe als die Kanzlerpartei. "Das ist doch entsetzlich! Wir haben zugelassen, dass diese Partei Vertrauen bekommen hat und die (...) demokratischen Parteien Vertrauen verloren haben. Das ist eine ganz schlimme Situation!"
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH