ZDF-Talkshow

Streit um Krankenhauszahlen bei Lanz: "Sie stellen das echt falsch dar!"

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig war am Dienstag zu Gast in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz. Es ging um die Frage, ob die Intensivkapazität in dem Bundesland falsch dargestellt wurde.

Seit bald zwei Jahren beherrscht Corona unser aller Alltag. Die Intensivstationen laufen gerade in der Winterzeit zuverlässig voll und durch die sich nun ausbreitende hochansteckende Omikron-Variante könnte die Lage bald vollkommen außer Kontrolle geraten. Oder etwa nicht? Ist es am Ende alles gar nicht so schlimm, wie Expertinnen, Politiker und die Mehrheit der Bevölkerung glauben?

Über diese Frage stritt ZDF-Talker Markus Lanz am Dienstag mit seinen Gästen. Vor allem mit der Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) aus Mecklenburg-Vorpommern lieferte sich der 52-Jährige einen energischen Schlagabtausch.

"Frau Schwesig, jetzt würde ich gerne einmal mit Ihnen über Zahlen sprechen", konfrontierte Lanz seinen zugeschalteten Polit-Gast: "Sie haben wie viele Intensivbetten in Ihrem Land?" Die SPD-Politikerin antwortete: "Wir haben insgesamt über 600 Betten und ungefähr planmäßig 100 für Corona-Intensivfälle." Lanz fuhr fort: "Wie hoch ist die Auslastung von diesen anderen 500 Betten in Normalfällen? Wie viele von diesen 500 Betten sind prozentual belegt?" Über diese Frage habe man am selben Tag erst beraten, sagte Schwesig, mit dem Ergebnis: "Von diesen über 600 Betten haben wir ungefähr zurzeit 85 Prozent belegt". Wobei sowohl Coronapatienten als auch Menschen mit Herzinfarkten oder Tumorerkrankungen erfasst seien.

Nun habe das Gericht in Greifswald allerdings befunden, dass die Bemessungsgrundlage, anhand derer die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern die Coronasituation einschätze, falsch sei, fuhr Lanz fort: "Das heißt, Sie haben diese 100 Betten genommen, nicht die 600, die Ihnen eigentlich zur Verfügung stehen und haben gesagt: 'Diese 100 sind sozusagen unsere 100 Prozent.' Ist das richtig?" Schwesig verteidigte sich: "Nein, das ist nicht richtig."

Sie fuhr fort: "Wir haben im Infektionsschutzgesetz vereinbart, dass wir nach der Hospitalisierungsrate gehen müssen, also nach den Leuten, die immer ins Krankenhaus kommen. Das sagt aber noch nicht viel darüber aus, wie viele davon auf die Intensivstation kommen. Deswegen haben wir von Anfang an als Land das gemacht, was alle gefordert haben: Schaut euch doch die Lage auf den Intensivstationen an, weil in der Pandemie haben wir ein Ziel: dass unser Gesundheitssystem nicht überlastet wird, und das Nadelöhr sind die Intensivkapazitäten."

Gericht fordert Ausweisung der Gesamtlage

Damit die Menschen das verstünden, habe man ausgewiesen, wie viele Betten für Coronapatienten zur Verfügung stünden, sie als Regierung behielten aber den Blick auf alle Betten. Dies habe das Gericht zwar als richtig anerkannt, zusätzlich fordere es nun aber eine Ausweisung der Gesamtlage. Dieser Bitte werde die Regierung nun nachkommen.

Doch Lanz ließ nicht locker: Wenn von 100 Betten 80 mit Coronapatienten belegt seien, dann entspreche das 80 Prozent: "Das klingt sehr dramatisch." Aber: "Wenn ich als Bemessungsgrundlage die 600 Intensivbetten des Landes nehme, habe ich doch eine völlig andere Situation." Schwesig gab ihm zumindest teilweise recht: "Wir können jetzt nicht nur auf 100 Betten von 600 schauen – das haben wir auch nie gemacht. Die ganzen 600 Betten werden gebraucht. Die waren auch vorher da und wurden gebraucht. Wir dürfen nicht so tun, als ob Intensivmediziner in Deutschland rumstehen mit leeren Betten."

Durch Strukturierung wie das Verschieben von Hüftoperationen habe man Intensivbetten für Coronapatienten freigeräumt, erklärte sie: "Aber sowohl die 500 Betten sind belegt als auch die Betten für Corona." Fakt sei außerdem: "Alle Intensivbetten waren vor Weihnachten fast voll."

Lanz wandte sich nun an seinen Studiogast Johannes Nießen, der Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung ist: "Wenn man sagt: Pass auf, wir haben 80 Prozent der Intensivbetten im Land belegt, dann macht das Leuten Angst. Wenn aber diese 80 Betten genau 80 Prozent von 100 sind, ich in Wahrheit aber 600 Betten zur Verfügung habe, ist das doch ein schräges Bild, das da entsteht!" Noch ehe der Leiter des Kölner Gesundheitsamts antworten konnte, fuhr Schwesig dazwischen: "Herr Lanz, Entschuldigung, ich muss Ihnen widersprechen! Sie stellen das echt falsch dar! Ich gebe Ihnen recht, wenn die 500 Betten frei wären, die sind aber nicht frei. Die sind belegt mit lauter anderen schweren Erkrankungen."

Lanz wollte es immer noch nicht so recht glauben: "Heißt das, diese anderen 500 Betten, die da noch sind, waren über all die Monate ausgelastet mit nicht Coronapatienten?" – "Ja, natürlich", antwortete Schwesig: "Die Betten werden ja gebraucht." Es seien schließlich wichtige Operationen verschoben worden: "Das zeigt doch, wie dramatisch die Situation dort ist!" Obwohl später der ebenfalls im Studio anwesende Epidemiolge Timo Ulrichs die inzwischen fehlenden Pflegekräfte ansprach, blieb Lanz bei seiner Kritik: "Da gibt es sozusagen jeden Tag Apokalypse und möglicherweise gibt es gar keine Apokalypse. Das ist doch das Gefühl, das viele Leute haben."

Auch über eine mögliche Impfpflicht wurde am Dienstag diskutiert. Hier schlug der Epidemiologe ein dreistufiges Modell vor: Nach der einrichtungsbezogenen Pflicht, die es bereits gibt, müsse nun die Pflicht für alle über 50-Jährigen kommen. Erst danach solle man überlegen, ob sie für alle Menschen sinnvoll wäre. Kontrolliert werden solle diese durch eine elektronische Patientenakte. Denn nur mit einer hohen Impfquote, argumentierte Ulrichs, könne man nicht mit einer nötigen Entspannung in die endemische Phase hineingehen. Dass diese bald eintreten könne, zeige sich seiner Einschätzung nach, schon allein daran, dass Omikron, nach allem, was man bislang wisse, zwar hochansteckend, aber weniger gefährlich zu sein scheint.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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