"Schwarzes Gold"-Star Aaron Hilmer im Interview: "Ich hatte das Gefühl, an etwas Relevantem zu arbeiten"
Wie fühlt es sich an, wenn man Tag für Tag eine Serie dreht, in der sich alles um die dunklen Seiten des Menschen dreht? – Schauspieler Aaron Hilmer betrachtet diese Frage aus einer überraschend gelassenen Perspektive. In der sechsteiligen ARD-Historienserie "Schwarzes Gold" (alle Folgen ab Montag, 22. Dezember, in der ARD-Mediathek streamen, die ersten vier Episoden werden am Montag, 29. Dezember, im Ersten gezeigt) verkörpert der 26-Jährige den jungen Richard Pape, der vom Ölboom in der Lüneburger Heide profitieren will und gleichzeitig versucht, seine Jugendliebe Johanna (Harriet Herbig-Matten) nicht im Stich zu lassen. Für Hilmer, der im Jahr zuvor den Wunsch geäußert hatte, "einmal mit Pferden zu drehen", kam die Rolle genau zur richtigen Zeit, wie er im Interview durchblicken lässt. Durch Produktionen wie "Das schönste Mädchen der Welt" (2018), "Im Westen nichts Neues" (2022) und "Wer ohne Schuld ist" (2024) machte sich der gebürtige Hamburger einen Namen als einer der spannendsten jungen Schauspieler Deutschlands.
prisma: Die Besetzung von "Schwarzes Gold" ist hochkarätig. Wie war die Atmosphäre am Set?
Aaron Hilmer: Die Stimmung war von fröhlicher Aufregung geprägt. Wir konnten kaum einschätzen, was uns erwartete. Wir wussten nur: Tom Wlaschiha spielt mit, ebenso Harriet Herbig-Matten und Marton Csokas – allein das war schon aufregend. Anschließend verbrachten wir zwei gemeinsame Wochen im Bootcamp. Dort merkte man schnell, dass der Dreh eine witzige, aber auch intensive Zeit werden würde.
prisma: Wie genau läuft so ein Vorbereitungstraining ab?
Hilmer: Hier verbrachten wir viel Zeit miteinander, nahmen Reitunterricht und haben uns angeschnuppert. Wir hatten Stunttraining und durften zum ersten Mal das Set betreten. Dort begegnet man sich in unterschiedlichen Konstellationen und spricht unter anderem mit der Regie über einzelne Szenen, die Figuren und ihre Beziehungen. So arbeitet man sich als Team Schritt für Schritt durch die Folgen. Dabei werden auch hin und wieder kleine Details angepasst, wenn neue Ideen entstehen. Abends gingen wir gemeinsam essen und konnten uns in Ruhe kennenlernen.
"Ich war Feuer und Flamme und dachte nur: Dieses Casting musst du bekommen"
prisma: Worüber wird beim gemeinsamen Essen gesprochen?
Hilmer: Man erzählte vom Tag und davon, wie der Reitunterricht gelaufen war – mal frustrierend, mal super toll. (lacht) Wir hielten uns einfach gegenseitig auf dem Laufenden.
prisma: Sehen Sie sich selbst in der Zukunft noch einmal auf einem Pferderücken?
Hilmer: Bei mir ist es tatsächlich so, dass ich früher viel geritten bin. Das war lange mein Hobby. Mein größter Wunsch war es immer, einmal mit Pferden zu drehen. Das hatte ich mir sogar im Jahr zuvor ausdrücklich gewünscht. Ich wollte unbedingt einen Ritter oder Cowboy spielen. (lacht) Umso witziger war es, dass es genau so kam. Was das Weiterreiten angeht, bin ich allerdings zwiegespalten. In der Halle im Kreis zu reiten, ist nicht so mein Ding, und in einer Großstadt ordentlich auszureiten, ist quasi unmöglich. Deshalb lasse ich es lieber bleiben und hebe mir das für einen schönen Urlaub oder so auf.
prisma: Wie war es für Sie, einen deutschen Westernhelden zu spielen?
Hilmer: Richard war für mich eine ausgesprochen anspruchsvolle Figur. Es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe, was ihn antreibt. Auch die Beziehung zu seinem Vater ist sehr komplex. Richard zu spielen, hat mir große Freude bereitet, doch es war ebenso herausfordernd, sich vollständig in seine Gedanken und Gefühle hineinzuversetzen. Schon beim Lesen des Skripts hatte ich große Lust, diese Rolle zu übernehmen. Und als ich erfuhr, dass es sich um einen Western in der Lüneburger Heide handelt, waren bei mir sofort alle Sensoren an.
prisma: Woher rührt Ihre Begeisterung für Western?
Hilmer: Mein Vater, der in Australien aufgewachsen ist, hat mir schon als Kind Westerngeschichten aus seiner eigenen Jugend erzählt. Er ist dort richtig auf dem Dorf groß geworden. Deshalb war der Wunsch, diese Rolle zu bekommen, sofort da. Ich war Feuer und Flamme und dachte nur: Dieses Casting musst du bekommen. Entsprechend habe ich mich voll hineingestürzt.
"Aber wir schnallen es einfach nicht"
prisma: Welche Botschaft nimmt man Ihrer Meinung nach aus der Serie mit?
Hilmer: "Schwarzes Gold" ist eine Serie, die in der Vergangenheit spielt. Doch obwohl wir heute 120 Jahre weiter sind, haben wir immer noch mit denselben Problemen zu tun, nur inzwischen auf globaler Ebene. Umweltfragen, Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Frauenrechte sind nach wie vor hochaktuell. Wie damals kämpfen wir auch heute mit diesen Themen, aber wir schnallen es einfach nicht. Genau das zeigt "Schwarzes Gold": dass wir Menschen den Entwicklungen noch immer hinterherhinken.
prisma: War diese Erkenntnis beim Dreh nicht auch frustrierend?
Hilmer: Nein, gar nicht. Im Gegenteil. Ich hatte das Gefühl, an etwas Relevantem zu arbeiten. Mit meiner Arbeit kann ich dazu beitragen, dass Dinge hinterfragt werden.
prisma: Sie stehen schon seit Ihrer Kindheit vor der Kamera. Gab es für Sie jemals den Plan, beruflich einen anderen Weg einzuschlagen?
Hilmer: Bei mir war es so, dass ich schon neben der Schule gedreht habe, und es hat mir damals einfach unglaublich viel Spaß gemacht. Als ich dann mit der Schule fertig war, kam der Kinofilm "Das schönste Mädchen der Welt" heraus, der für mich ein kleiner Türöffner wurde. Einen klaren Moment, in dem ich alles auf eine Karte gesetzt habe, gab es eigentlich nie. Vieles ist einfach Schritt für Schritt entstanden. Trotzdem denke ich immer wieder darüber nach, was ich sonst noch machen könnte. Ich bin nicht ausschließlich am Schauspielern, sondern sammle auch in anderen Bereichen Erfahrungen und probiere mich aus.
prisma: Worin?
Hilmer: Ich mache unglaublich gern handwerkliche Dinge und schraube besonders gerne an Motorrädern. Und auch wenn es nichts Berufliches ist: Ich reise sehr gern. Ich versuche einfach, meine Freizeit mit Dingen zu füllen, die mir wirklich etwas geben. Als Schauspieler soll man Geschichten erzählen und Menschen verkörpern. Deshalb ist es mir wichtig, nicht in einer reinen Schauspiel-Bubble zu leben und nicht nur Zeit mit Leuten zu verbringen, deren Leben sich ausschließlich um sich selbst und die Schauspielerei dreht.
"Es kann nicht immer perfekt sein"
prisma: Welche Reisen stehen bei Ihnen als Nächstes auf dem Programm?
Hilmer: Es geht für zwei Wochen nach Portugal, um mein Patenkind zu besuchen, das wollte ich schon länger wieder tun. Dieses Jahr habe ich so viel gearbeitet, dass ich nun meiner Pflicht als Patenonkel nachkommen muss. Außerdem habe ich eine große Familie in Australien, die ich bisher noch nie besucht habe. Im nächsten Jahr werde ich sie endlich kennenlernen.
prisma: Weihnachten steht ja kurz bevor. Haben Sie schon Pläne, wie Sie die Feiertage verbringen werden?
Hilmer: Ich feiere Weihnachten im kleinen Kreis mit Familie und Freunden. Irgendwann haben wir begonnen, auch Menschen einzuladen, die sonst vielleicht nur zu zweit feiern würden. Meine Familie ist in ihrer Zusammensetzung eher zerstreut. Ich habe das Gefühl, dass der eigentliche Sinn von Weihnachten daran liegen könnte, die Türen zu öffnen, statt nur mit einem festen Kreis die Zeit abzusitzen. Es geht darum, Leute einzuladen und auch die Wahlfamilie an den Tisch zu holen. Das ist für mich ein schöner Gedanke.
prisma: Werden Sie gemeinsam mit ihren Familien und Freunden "Schwarzes Gold" schauen?
Hilmer: Ich habe es mir schon einmal angeschaut und werde es, denke ich, nicht noch mal komplett ansehen.
prisma: Sehen Sie sich Ihre eigenen Filme oder Serien grundsätzlich gerne an?
Hilmer: Es ist ganz witzig: Normalerweise schaue ich mir eine Folge oder einen Film zweimal an. Beim ersten Mal überprüfe ich meine eigene Leistung. Das ist ziemlich unentspannt und teilweise unangenehm. Beim zweiten Mal betrachte ich die Serie oder den Film als Ganzes, und das ist deutlich angenehmer. So speichere ich mir das dann gerne ab und belasse es dabei.
prisma: Das klingt sehr selbstkritisch ...
Hilmer: Ja, ich sehe mich selbst als sehr selbstkritisch, aber das darf nicht überhandnehmen. Diese Erfahrung habe ich bereits gemacht, und ich versuche daraus zu lernen. Kritik muss in einem Rahmen bleiben, der vertretbar ist, sonst kann sie schnell in große Unsicherheiten abdriften. Man muss sein eigenes Maß finden. Letztlich geht es darum, besser zu werden und aus dem zu lernen, was nicht so gut funktioniert hat. Dabei ist es entscheidend, den Bezug zur Realität nicht zu verlieren. Ein Kollege hat mir mal gesagt, dass ein Tischler wahrscheinlich so zehn Möbel in seinem Leben baut, die makellos sind. Ähnlich ist es beim Spielen, es kann nicht immer perfekt sein. Dieser Gedanke beruhigt mich.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH