"Steirerwut": Viele Verdächtige, ein Mörder
Der vierte Teil der ARD-Reihe ist eine gelungene Mischung aus Heimatkrimi mit ironischen Dialogen. Ein Bauer wird erhängt in seinem Schuppen aufgefunden. Die LKA-Ermittler Sascha Bergmann (Hary Prinz) und Sandra Mohr (Miriam Stein) werden aufs Land gerufen. Was zunächst wie Selbstmord aussieht, scheint ein Gewaltverbrechen gewesen zu sein.
Lotte, die Alpaka-Züchterin (Brigitte Hobmeier), erschrickt nicht schlecht, als sie auf dem Nebenhof den reichen Bauern Johann Hödlgruber erhängt entdeckt. Was soll das anderes als ein Selbstmord sein, denkt sich der Grazer LKA-Inspektor Sascha Bergmann (Hary Prinz) und sieht einem gemütlichen Ermittlungswochenende entgegen, zumal ihn die Spurensicherin Eva Merz (Eva Herzig) zu einem entspannten Aufenthalt im Wellness-Hotel begleitet. Doch Bergmanns Kollegin Sandra Mohr (Miriam Stein) glaubt nach ersten polizeilichen Ermittlungen eher an ein Gewaltverbrechen und reist hinterher.
Dauerstreit mit dem Nachbarn
Im vierten Steirer-Krimi, "Steirerwut" aus der erfolgreichen "Landkrimi"-Reihe von ORF und ARD, entwickelt sich eine rundum gelungene Kriminalkomödie, die ihren Reiz aus den deftigen Klischees eines Heimatkrimis und den ironischen Dialogen der steirischen Ermittler bezieht. Das Erste zeigt den Film aus dem Jahr 2020 erneut.
Es kommen ja viele infrage, wie das bei einem Dorfkrimi so ist, die schuld sein könnten am Tod des betagteren Hödlgruber-Bauern (Helmut Berger): Er wollte einfach seinen Acker nicht hergeben für den Golfplatz, den der örtliche Hotelier bauen möchte – die Zusage des Bürgermeisters hat der schon in der Tasche.
Mit dem Nachbarbauern lag Hödlgruber seit Langem im Dauerstreit, Grenzsteine wurden ausgegraben und verschoben. Sein schlimmster Feind aber ist bis weit über den Tod hinaus sein Bruder Ernst geblieben. Ein Wüterich, der dem brüderlichen "Erbschleicher" nicht verzeihen will, dass er ihn einst ums Erbe brachte. Er selbst musste sich mit dem mütterlichen Pflichtteil ("a Ochdl") begnügen.
Rücksichtslose Wut und verletzte Herzlichkeit
Der unverwüstliche Burgschauspieler Branko Samarovski (inzwischen 84) macht aus diesem Zukurzgekommenen eine Bravournummer aus rücksichtsloser Wut und verletzter Herzlichkeit. Immerhin wird er beim Verhörversuch von der Inspektorin Sandra angeschossen. Aber auch er hat zu seiner Verteidigung die Flinte angelegt. Beide sehen sich daraufhin im Krankenhaus wieder. Ernst, der zuvor noch auf der Bahre gegen die Staatsmacht gewütet hat, bittet Sandra um Verzeihung – allerdings erst, nachdem sie ihn zu einem ordentlichen verbalen Reuebekenntnis gezwungen hat.
Sie habe immer gedacht, nur die Liebe gehe über den Tod hinaus, wird am Ende die Polizistin sagen, die im Übrigen per Laptop vom Bett aus weiterermittelt. Aber es sei wohl die Wut, die noch dauerhafter sei. Wie gut ist es jedoch, dass es in der Steiermark Wirtschaften gibt, in denen sich gut über den "Selbstgebrannten" als österreichisches Unesco-Kulturerbe sinnieren lässt, während im Hintergrund ein Zehnjähriger auf der Quetsche spielt. Gut ist die Wirtschaft aber auch, weil die Nachbarschaftsgeschichten wie nix auf die offenen Ohren der Grazer LKAler treffen.
Der Regisseur Wolfgang Murnberger ("Der Knochenmann", "Komm, süßer Tod"), der zusammen mit Maria Murnberger auch das Drehbuch schrieb, wechselt gekonnt zwischen Lust- und Mordspiel die Szenerie. Die Folklore bleibt außen vor, Liebesbeziehungen werden ganz nebenbei in allen möglichen Varianten durchgespielt. Die "Freundschaft plus" zwischen Bergmann und seiner Spusi-Kollegin Eva erweist sich dabei als so komisch wie dauerhaft. Im Wellness-Hotel gibt's gar eine Schrittbedeckung für die Sauna.
Abschied von Miriam Stein
Schade, dass das eifersüchtige Geplänkel um Liebe und Job zwischen Sascha Bergmann und Sandra Mohr mit der darauffolgenden fünften Folge zu Ende ging. Miriam Stein verließ die Reihe. Die Begründung klingt so stereotyp wie oft bei dieser Gelegenheit: "Das Schönste an meinem Beruf ist die Abwechslung", sagte die Schauspielerin, "auf die hab' ich wieder Lust gehabt. Wobei der Idealzustand wäre, neue Rollen mit diesem Team."
An ihre Stelle trat Anna Unterberger als Kommissarin Anni Sulmtaler. Seit "Steirerwut" waren hierzulande fünf weitere Landkrimis aus der Steiermark zu sehen. Den letzten, "Steirerangst", sahen im April vergangenen Jahres 5,78 Millionen Menschen im Ersten, was einem Gesamtmarktanteil von 23,1 Prozent (7,3 Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen) entsprach.
Ein deutscher Ausstrahlungstermin für "Steirerschuld" steht noch nicht fest. In Österreich lief der insgesamt 31. Teil der "Landkrimi"-Reihe, der gleichzeitig der zehnte "Steirer"-Krimi ist, am 19. September 2023 erstmals im ORF. Ein weiterer Film unter dem Titel "Steirerlist" wurde im September abgedreht. Eine österreichische Erstausstrahlung ist für 2024 geplant.
Steirerwut – Mi. 06.12. – ARD: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH