Neuer Fall aus Dresden

"Tatort: Totes Herz" – im Gewächshaus liegt eine Leiche

08.01.2023, 08.22 Uhr
von Eric Leimann

Die Besitzerin wird tot in ihrer Gärtnerei gefunden. Zunächst scheint alles auf einen ruhigen Familienfall hinzudeuten, aber es wäre nicht der Dresdner "Tatort", wenn das so bliebe.

ARD
Tatort: Totes Herz
Kriminalfilm • 08.01.2023 • 20:15 Uhr

Im letzten Dresdener Fall "Katz und Maus", der am Abend des Fußball-WM-Beginns in Katar lief, musste das Ermittler-Team Leonie Winkler (Cornelia Gröschel), Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Peter-Michael Schnabel (Martin Brambach) gegen einen Verschwörungstheoretiker und Entführer kämpfen, der keinerlei "bürgerlichen" Logik folgen wollte. Ganz schön stressig, diese "Querdenker". Da wirkt es im Sinne des Traditionskrimis angenehm "old school", dass der Plot von "Totes Herz" beginnt, als würde jeden Moment Oberinspektor Derrick um die Ecke kommen. Wie an einem 70er- oder 80er-Jahre-Fernsehabend liegt Gärtnereibesitzerin Heike Teichmann dekorativ erschlagen in einem ihrer Gewächshäuser. Der junge, kognitiv eingeschränkte Mitarbeiter Juri (Alexander Schuster) flieht vom Tatort und ist damit Hauptverdächtiger.

Jedoch: Je genauer sich die Dresdener Ermittler den Familienbetrieb der Teichmanns ansehen, desto seltsamer wirken dessen Protagonisten: Nadine Teichmann (Kristin Suckow), die Tochter des Opfers, steht unter Schock, verhält sich aber auch etwas merkwürdig. Und wie ist es eigentlich um die Beziehung der jungen Mutter – Tochter Anna (Amelie Zappe) dürfte sich im Vorschulalter befinden – zu ihrem Mann Patrick (Nico Rogner) bestellt? Die Ehe der beiden scheint von einem eher kühlen Miteinander geprägt. Auf die Fragen der Ermittelnden antworten beide Eheleute schmallippig. Könnte es sein, dass die jüngere Generation Teichmann trotz des offensichtlich engen Verhältnisses Nadines zu ihrer Mutter, etwas mit dem Tod der Unternehmerin zu tun hat?

Lebendiger wirkt da schon Mitarbeiterin Swetlana Novack (Lara Feith), die Schwester des flüchtigen Juris. Die junge Frau schwört, dass ihr emotional verwirrter Bruder, der in etwa die Reife eines Fünfjährigen hat, keinerlei Gewaltpotenzial besäße und den Mord unmöglich begangen haben könnte. Je länger die Polizei in Teichmanns Gärtnerei ermittelt, desto mehr entwickelt sich der Fall in eine ungeahnte Richtung. Diese zu verraten, wäre allerdings ein ziemlicher Spoiler.

Gewagte Thriller-Umlaufbahnen

Nur so viel: Wer sich nach den ersten 30 Minuten bereits freute, dass es in Dresden endlich mal bodenständig zugeht, wird in der zweiten Hälfte des sächsischen Januarfalles eines Besseren belehrt. Dann fahren Drehbuchautorin Kristin Derfler ("Brüder") und Regisseur Andreas Herzog ("Die Toten von Marnow") das Familienstück ziemlich hoch und schießen es – man kennt es aus Dresden – in gewagte Thriller-Umlaufbahnen.

Manche Krimi-Traditionalisten mögen an dieser Stelle abwinken, hatten sie sich doch gerade auf ein traditionelles, fieses Familienstück gefreut. Eines, bei dem der Täter am Ende tatsächlich der Gärtner oder die Gärtnerin (heutzutage auch möglich!) sein könnte. Trotzdem hat der in blassen, winterlichen Farben gedrehte neunte Fall von Gorniak und Winkler seine starken Momente.

Vor allem dann, wenn die Beziehung von Nadine und ihrem Mann Patrick in ruhigen Bildern seziert wird. Den Darstellenden Kristin Suckow und Nico Rogner gebührt hier ein Sonderlob. Die beiden spielen so stark, als wären sie Gérard Depardieu und Fanny Ardant in François Truffauts Klasse-Thriller "Die Frau von nebenan" (1981), einem frühen Vorläufer dieses bösartigen "Tatort"-Stücks über bürgerliche Familienverhältnisse samt ihrer Untiefen.

Am Ende ist "Totes Herz" zwar qualitativ ziemlich weit weg von Truffaut, doch das feine Psychospiel um Liebe, deren Entzug und die nachfolgende grausame Rache ist schon ein bisschen Gedanken- und Genre-Vorlage für diesen Krimi. Zum Finale, so hat man den Eindruck, muss es in Dresden immer grell, laut und bunt werden. Mitunter gelingen dabei trotzdem hochspannende Krimis mit mutigen Plots. Diesmal geht die Rechnung so halb auf. Aber, wie gesagt, bei "Totes Herz" wäre es fatal, allzu viel vorab zu verraten. Eine Warnung, die gemeinhin nicht auf einen richtig langweiligen Krimi hinweist.

Tatort: Totes Herz – So. 08.01. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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