Zwei "Tatorte"

Können Boerne und Thiel gegen das EM-Finale bestehen?

von Jens Szameit

Während Italien und England um den EM-Titel spielen, sind in der ARD zwei "Tatorte" aus Münster zu sehen. Wetten, dass sich da nicht alle für Fußball entscheiden?

ARD
Tatort: Spieglein, Spieglein
Kriminalfilm • 11.07.2021 • 20:15 Uhr

Die beiden Münsteraner "Tatort"-Wiederholungen dieses Abends holten bei ihrer Premiere 13,6 ("Spieglein, Spieglein" am 17.3.2019) und 12,6 ("Lakritz" am 3.11.2019) Millionen Zuschauer. Macht zusammen satte 26,2 Millionen – das muss ein EM-Endspiel erst mal schaffen. Parallel zu Boerne und Thiel zeigt das ZDF das Finale aus London, das um 21 Uhr angepfiffen wird.

In "Spieglein, Spieglein" (20.15 Uhr, ARD) werden die Münsteraner Ermittler um Boerne (Jan Josef Liefers) und Thiel (Axel Prahl) mit ihren Ebenbildern konfrontiert. Ein Serienkiller meuchelt Menschen, die ihnen wie aus dem Gesicht geschnitten sind. Sozusagen in Stellvertretung der echten Kriminaler, die verschont bleiben. Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann) sieht trotzdem aus, als wär' ihr der Leibhaftige erschienen, als sie auf Boernes Seziertisch eine verstorbene Dame mit markanten Gesichtszügen und pechschwarzer Wallemähne erblickt.

Hätte man ja wirklich nicht für möglich gehalten, dass ausgerechnet dieses Unikat von Frau eine Doppelgängerin hatte. Noch gruseliger: Die Tote, militante Nichtraucherin, wie man erfährt, hatte am Leichenfundort eine Packung Zigaretten bei sich – mit den Fingerabdrücken der Staatsanwältin darauf. Am folgenden Tag: das nächste Mordopfer. Eine kleinwüchsige Eisverkäuferin wurde gemeuchelt. Boernes Assistentin Silke "Alberich" Haller (ChrisTine Urspruch) darf sich angesprochen fühlen. Hatte die Ermordete doch auch noch "Alberichs" vermissten Schal um den Hals ...

Natürlich ist der "Tatort" Münster wie immer Geschmackssache. Jan Josef Liefers und Axel Prahl kippen in ihren Doppelrollen dann doch arg Richtung Klamotte. Prahl bemüht sich in der Zweitrolle nicht einmal darum, den charakteristischen Sch-Sprachfehler zu unterdrücken, was das Ganze schon wieder herrlich wurschtig macht. Beim Münsteraner Provinzkrimi versuchen sie gar nicht erst, auf weltläufiges Hochglanz-Entertainment zu machen. Und von Handlungslogik im engeren Sinn halten sie nach wie vor nicht so viel. Der vergleichsweise junge Autor Benjamin Hessler, Jahrgang '78, hat den Damen und Herren vom Schmunzelrevier zarte Anflüge von Selbstgefälligkeit ausgetrieben (Regie: Matthias Tiefenbacher). Vom themenschweren Bildungsauftrag und künstlerischer Experimentierlust bleibt man bei diesem Krimi-Standort indes auch diesmal verschont – ob leider oder zum Glück, das wird ein jeder Zuschauer wohl selbst am besten wissen.

Im Anschluss um 21.45 Uhr folgt die Episode "Lakritz": Die Ermordung des Münsteraner Wochenmarktmeisters bietet Anlass für einen zärtlichen Seelenstriptease des Professors. Boerne taucht in diesem Film gleichsam in den Keller der Erinnerung ab. Dort unten finden sich sorgsam in Kartons verpackt Spuren von echtem Gefühlsleben. Der Snob, so zeigen es sepiagetränkte Rückblenden in Boernes Schulzeit, war schon immer ein sonderbarer Kerl, aber er war tatsächlich mal – natürlich unglücklich – verliebt in die schöne Lakritzfabrikantentochter Monika, die lieber ihre Brüste zeigen wollte, als Karl-Friedrichs Nachhilfestunden zu goutieren. Eine Tragödie trennte die beiden, die nun, Jahrzehnte später, einander unter neuen Umständen begegnen.

Die immer noch schöne, aber auch ein bisschen verlebte Monika (Annika Kuhl) wird verdächtigt, den allseits verhassten Marktmeister umgebracht zu haben. Er starb an einer Zyankali-Vergiftung, verursacht durch verseuchtes Lakritz, womöglich aus ihrer Manufaktur.

Tatort: Spieglein, Spieglein – So. 11.07. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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