Im "ARD-Morgenmagazin"

Ukraine-Botschafter plädiert für Taurus-Lieferung: "Sehe keinen Grund, uns nicht zu trauen"

12.03.2024, 11.35 Uhr

Im "ARD-Morgenmagazin" sprach der Botschafter der Ukraine, Oleksii Makeiev, über eine mögliche Lieferung des Marschflugkörper Taurus. Mit aller Deutlichkeit warb er um Vertrauen und weitere Unterstützung für das angegriffene Land.

Im dritten Kriegsjahr steht die Ukraine erheblich unter Druck. Mangel an Soldaten, Waffen und vor allem Munition macht dem von Russland angegriffenen Land zu schaffen. Kann Deutschland, der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine nach den USA, noch mehr leisten? Und wäre der Marschflugkörper Taurus eine Soforthilfe? Über diese Fragen sprach Oleksii Makeiev, der ukrainische Botschafter in Deutschland, am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin" mit Moderator Till Nassif.

Botschafter Makeiev: "Wir brauchen alles"

"Das ist ein Krieg der modernen Technologie", erklärte Oleksii Makeiev, Botschafter der Ukraine in Deutschland, auf die Frage, warum gerade das Taurus-System für die Ukraine so wichtig sei. "Weitreichende Waffensysteme", so der Botschafter weiter, könnten helfen, "die russischen Munitionsdepots, Kommandozentralen, aber auch Lieferwege zu treffen, damit die Russen nicht so stark in den besetzten Gebieten präsent sind".

Makeiev widersprach damit in Teilen einer Aussage von Lars Klingbeil. Der SPD-Chef hatte unlängst erklärt, von ukrainischer Seite würde vor allem "Luftabwehr und Munition" benötigt. Klingbeil hatte in dem Zusammenhang der Forderung von Bundeskanzler Olaf Scholz Nachdruck verliehen, dass alle europäischen Länder mehr Munition produzieren sollen. Die Replik von Botschafter Makeiev im "Morgenmagazin": "Wir brauchen alles."

Makeiev räumt ein: "Ein einziges System kann das Problem nicht lösen"

"Natürlich brauchen wir ein Flugabwehrsystem, damit wir solche Bilder wie hier nicht mehr sehen", fuhr er fort. Deutschland habe einen "erheblichen Beitrag geleistet". Aber: "Die weitreichenden Systeme brauchen wir auch gerade dafür, damit wir diese Ziele im von Russland besetzten Hinterland treffen können."

"Natürlich ist Artillerie wichtig", betonte Makeiev, "jeden Tag kriegen unsere Jungs in den Schützengräbern an der Front Zehntausende von Granaten auf ihre Köpfe geschossen." Taurus hingegen sei ein "sehr komplexes System". Der Botschafter räumte ein: "Ein einziges System kann das Problem nicht lösen. Aber wenn unsere Partner im Bilde sind und wissen, dass jedes Waffensystem uns im Krieg dabei helfen kann, im Krieg zu gewinnen, stimmt diese Grundeinstellung."

Vertraut der deutsche Kanzler der Ukraine also nicht?

Bundeskanzler Olaf Scholz blockiert die Auslieferung des Taurus-Systems schon seit Monaten. Einen Grund für seine Skepsis deutete er zuletzt an. Da Taurus theoretisch auch Ziele auf russischem Staatsgebiet treffen kann, könne Deutschland durch die Bereitstellung des Systems direkte Kriegspartei werden. Etliche Beobachter deuteten dies als Misstrauen gegenüber der Ukraine, die immer wieder versicherte, ausländische Waffensysteme gemäß Absprache nur auf eigenem Staatsgebiet zur Abwehr der russischen Invasion einzusetzen.

Vertraut der deutsche Kanzler der Ukraine also nicht? Dieses Gefühl habe er nicht, sagte Oleksii Makeiev im ARD-Interview. Falls es doch der Fall wäre, "würde es mich sehr wundern", relativierte er seine Aussage und bekräftigte: "Wir haben kein einziges Mal einen Grund dafür gegeben, dass uns nicht getraut wird. Wir haben alle Systeme in Absprache mit unseren Partnern so benutzt, wie wir das vereinbart haben."

Makeiev habe seinen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Bundeskanzler Olaf Scholz oftmals bei Gesprächen begleitet und "ein gutes Verhältnis" der beiden beobachtet. "Deswegen", so der Diplomat abschließend, "sehe ich keinen Grund, um uns nicht zu trauen".


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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