Umstrittener Kinderpsychiater

"Warum Kinder keine Tyrannen sind": Doku überprüft Winterhoffs Thesen

von Eric Leimann

In seinem Buch "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" etablierte sich der Bonner Kinderpsychiater Michael Winterhoff als konservativen Kritikers "moderner Pädagogik". Eine ARD-Doku blickt auf seine Thesen und Gegenthesen. Die Doku wurde am Montag (9. August) als "Story im Ersten" ausgestrahlt, am Mittwoch wird sie im WDR wiederholt (22.15 Uhr).

ARD
Die Story im Ersten: Warum Kinder keine Tyrannen sind
Dokumentation • 09.08.2021 • 23:15 Uhr

Mit seinem Buch "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" (2008) löste der Bonner Kinderpsychiater Michael Winterhoff eine heftige Erziehungsdebatte aus. Seine Kernthese: Viele "gegenwärtige" Probleme und zunehmende psychische Krankheiten unter Kinder und Jugendlichen sind auf falsche Erziehung zurückzuführen, die vor allem seit den 90-ern grassiert. Demnach würde das Kind heutzutage als Partner und Projektion eigener Wünsche erzogen, was jedoch nicht altersgerecht sei. Winterhoffs Alternative, die er in Nachfolge-Bestsellern wie "Tyrannen müssen nicht sein: Warum Erziehung nicht reicht – Auswege" darlegte, lässt sich auf den wertkonservativen Nenner bringen, dass Erziehung wieder ein bisschen mehr so wie früher sein sollte: Der Erwachsene ist Chef, er macht klare Ansagen. "Grenzen setzen" wird bei Winterhoff groß geschrieben, was zwangsläufig polarisiert. Die "Zeit" nannte ihn einen "Thilo Sarrazin der Erziehung". Mit seinem jüngsten Buch "Deutschland verdummt. Wie das Bildungssystem die Zukunft unserer Kinder verbaut" drosch Michael Winterhoff 2019 auf das Schulsystem ein.

Seine Bewertungen zum frühkindlichen Narzissmus und zur Eltern-Kind-Symbiose sind unter Fachleuten – wie man sich denken kann – nicht unumstritten. Die TV-Dokumentation "Warum Kinder keine Tyrannen sind" geht der Frage nach, was der Ansatz des Kinderpsychiaters für Eltern und Patienten bedeutet. Winterhoff, 66, betreibt eine Praxis in Bonn und ist deutschlandweit auch für Einrichtungen der Jugendhilfe tätig. Zudem ist er mit seinen Büchern samt ihrer provokanten Thesen gern gesehener Gast in TV-Diskussionssendungen und anderen Foren, in denen über Erziehung nachgedacht und gestritten wird. WDR-Autorin Nicole Rosenbach beschäftigt sich in ihrer "Story im Ersten" mit Thesen, Gegenthesen, Befürwortern und Kritikern der Winterhoffschen Pädagogik.

UPDATE: Wie der WDR mitteilte, haben sich nach der Ausstrahlung mehr als 20 weitere Betroffene bei der Redaktion und auf diversen Social-Media-Kanälen gemeldet. Einige Betroffene haben sich zusammengeschlossen, um gemeinschaftlich juristisch gegen den Kinderpsychiater vorzugehen. Dabei geht es vor allem um den Einsatz eines ruhigstellenden Medikaments mit dem Namen Pipamperon, das Michael Winterhoff bei Kindern auch als Langzeittherapie eingesetzt hat.

Aufgrund des großen Interesses wiederholt der WDR die Dokumentation am Mittwoch (11.8.) um 22.15 Uhr im WDR Fernsehen. Der Film steht darüber hinaus für ein Jahr in der ARD-Mediathek.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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