Bei "Markus Lanz"

Wladimir Klitschko über Siegeswillen: "Das gesamte ukrainische Volk und ich werden bis zum Ende kämpfen"

27.09.2023, 11.16 Uhr
von Natascha Wittmann

Wladimir Klitschko war zu Gast in der Talkrunde von Markus Lanz. Dabei machte der Ex-Boxweltmeister deutlich, dass die Bevölkerung noch lange nicht ihren Siegeswillen aufgegeben hat, auch wenn sie unter der Situation leidet.

Der 24. Februar 2022 wird für immer in die Geschichte eingehen. Als Russland mit Luft- und Raketenangriffen den Krieg gegen die Ukraine startete, veränderte sich ganz Europa. Bei "Markus Lanz" erklärte Ex-Box-Weltmeister Wladimir Klitschko auf eindrucksvolle Art und Weise, wie ihn der Krieg für immer verändert hat und wie er auf die Zukunft seines Landes blickt.

Plötzlich war Kiew eine "Geisterstadt" 

Zunächst fragte Markus Lanz interessiert, wie Klitschko auf den Beginn des russischen Angriffskrieges blicke. Der Sportprofi gab zu, dass man lange Zeit nicht damit gerechnet habe, doch "ich bin froh, dass ich nirgendwo im Ausland war, sondern in Kiew war am 24. Februar." Er erinnerte sich, dass Kiew plötzlich "eine Geisterstadt" war und das Leben "auf einmal die Stadt verlassen" habe. "Das war sehr, im negativen Sinne, beeindruckend", so Klitschko im Gespräch mit Lanz.

Heute hätten sich viele Ukrainer an den Zustand und "diese Gräueltaten" gewöhnt, da das Leben zwangsweise weitergehen müsse. Journalistin und "Zeit"-Kiew-Korrespondentin Olivia Kortas stellte dennoch klar: "Es wird niemals zur Realität. Es ist nicht normal, wenn Frauen mit kleinen Kindern nachts hochschrecken und nachts in eine U-Bahn steigen müssen." Gleichzeitig machte sie deutlich, dass der Krieg immer mehr an der Gesellschaft nage. "Das ist Schlafentzug, das ist die Sorge um Familienmitglieder, die immer noch in besetzten Gebieten leben." Wladimir Klitschko fügte nachdenklich hinzu: "Wenn du in der Ukraine bist, gibt es keine Sicherheit, dass du am Leben bleibst, oder gesund bleibst."

Klitschko hat viele russische Freunde verloren: "Sie verstehen, warum Putin angegriffen hat"

Besonders die Gräueltaten in Butscha werden für immer im Gedächtnis des Ex-Box-Profis bleiben. "Krieg hat ein schreckliches Gesicht", gab Klitschko zu. Er ergänzte: "Es sind unfassbar viele Leichen gewesen, Zerstörung. Man sieht, dass die Leichen nicht einfach so diese Welt verlassen haben. Die wurden gequält und hingerichtet." Um sich gegen die unzähligen Verbrechen zu wehren, stellte Klitschko klar: "Das gesamte ukrainische Volk und ich werden bis zum Ende kämpfen." Aufgeben sei keine Option, da Wladimir Putin sonst laut Klitschko als nächstes Ziel Polen angreifen werde. "Wenn die Ukraine fällt, was nicht passieren wird, werden wir nicht die (...) letzten sein." Für sein Land sei der Box-Star auch bereit, an der Front zu kämpfen. Gleichzeitig ergänzte er: "Ich bin nicht bereit, für das Land zu sterben. Ich bin bereit, für das Land zu leben."

Olivia Kortas warnte daraufhin: "Russland spielt auf Zeit, denn die haben einfach mehr Menschen und verfeuern die auch wirklich." Die Journalistin plädierte daher dafür, dass die Ukrainer schnellstmöglich Waffensysteme erhalten, "die Versorgungswege der Russen beschädigen" können. Wladimir Klitschko stimmte zu und machte deutlich, dass er Verhandlungen mit Wladimir Putin als nicht sinnvoll erachte. Im Gegenteil: "Das sind Lügner, sie haben die Welt belogen mit ihrer Propaganda." Lanz fragte in dem Zusammenhang: "Hast du noch russische Freunde?" Klitschko antwortete ernst: "Ich habe noch russische Freunde. Aber von 100 Prozent sind wahrscheinlich zehn geblieben. Die 90 Prozent, die melden sich nicht mehr. Oder sie haben erklärt, sie verstehen, warum Putin angegriffen hat."

"Die Kinderverschleppung ist eine psychologische Kriegsführung"

Ähnlich emotional ging es beim Thema Kinderverschleppung weiter. Wie Markus Lanz erklärte, gibt es mittlerweile rund 20.000 dokumentierte Kinder, die nach Russland verschleppt wurden. Doch die Dunkelziffer soll noch viel größer sein: "Die Kinderverschleppung ist eine psychologische Kriegsführung", stellte Olivia Kortas klar. Unternehmerin Tatjana Kiel konnte zwar bereits 163 Kinder zurück in die Ukraine holen, doch sie offenbarte, dass es ein äußerst schwieriger Prozess sei, da oftmals der Name und das Geburtsdatum des Kindes direkt nach der Verschleppung geändert werde. Dies mache es "unmöglich", die vermissten Kinder aufzuspüren.

Laut Kiel werden die Kinder nicht nur von russischen Streitkräften manipuliert, sondern auch "schwerst traumatisiert". Olivia Kortas forderte deshalb mehr internationalen Druck auf Russland: "Das muss in einem größeren Ausmaß dokumentiert werden, mit der Hilfe vom Westen. All das ist ein System, das ist eine Maschinerie." Auch Wladimir Klitschko stellte entsetzt klar: "Es ist so zynisch, dass man das überhaupt nicht in einem gesunden Kopf begreifen kann, wie das alles möglich ist."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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