Sie ist die erste Frau, die jemals mit dem Oscar für die beste Regie ausgezeichnet wurde: Kathryn Bigalow. Mit ihrem stark inszenierten und gespielten Thriller "Tödliches Kommando - The Hurt Locker" (2008) war sie die Gewinnerin der Oscar-Verleihung 2010. Nicht nur Bigelow erhielt die begehrte Trophäe, ihr Werk wurde auch als bester Film ausgezeichnet, weitere Oscars gab es für das Drehbuch, den Schnitt, den Tonschnitt und die Tonmischung. Damit konnte Bigalow das favorisierte Scifi-Spektakel "Avatar - Aufbruch nach Pandora", für das ihr Ex-Mann James Cameron verantwortlich zeichnete, klar in die Schranken weisen.
"Man könnte sie fast für eine Erfindung der Illustriertenpresse halten: groß, gut aussehend und von unbefangener Freundlichkeit, Regisseurin harter Actionfilme", schrieb einst Peter Körte. Die ehemalige Kunststudentin, die bei Milos Forman das Kinohandwerk lernt, macht 1978 mit dem Kurzfilm "Set Up" auf sich aufmerksam. Danach zieht sie nach Los Angeles, wo sie ihren späteren Ehemann kennenlernt. Ausgerechnet mit einem harten Motorrad-Rocker-Film "The Loveless" (1983) debütiert sie als Regisseurin; auch danach bleibt harte Action ihr bevorzugtes Metier.
In "Near Dark - Die Nacht hat ihren Preis" (1987) steht das schöne fremde Mädchen mit der Eistüte einfach da und Cowboy Caleb ist von ihr hingerissen. Dann steigen sie in den klapprigen Pick-Up und verlassen das unwirtliche Wüstennest. Doch sie beißt ihn, macht ihn zum Vampir und lässt ihn sitzen. Allerdings ist selbst ein Vampir nicht gegen die Liebe immun: als sie ihn wieder trifft, rettet sie ihn vor ihrer Familie. Doch er hat keine Chance. Auch er muss jetzt töten, beißen und saugen. Die Vampire sehen aus wie übliche Rocker oder abgehalfterte Cowboys. Sie tragen Stiefel mit Sporen, fahren Schrottautos und suchen ihre Opfer nachts in Bars und Motels.
Bigelows Film bedient nicht das Genre, die Vampire haben keine Lust, keine Erotik, keinen Mythos, keinen Bezug zu übernatürlichen, satanischen Mächten. Sie sind eiskalt, funktionieren wie Roboter. Der Film funktioniert genauso als Thriller, ein grausamer, trauriger Actionfilm, wenn die 'Familie' in eine Bar kommt und sich gefühllos über die Anwesenden hermacht, sie hin metzelt. "Dass die Vampire durch Gewalt ihre Nahrungsaufnahme zum kulinarischen Spektakel umwandeln, lässt dem Zuschauer keinen Raum mehr für Phantasien", schreibt Michael Althen. Kathryn Bigelow spricht Aids nicht an, doch die tödliche Immunschwäche schwebt über diesem grausam modernen Horrorfilm.
In "Blue Steel" (1990) ist das Monster sehr sympathisch. Der junge Mann mit den traurigen Augen, der an der Börse arbeitet, gefällt sogar der ehrgeizigen jungen Polizistin Megan (Jamie Lee Curtis). Eugene (Ron Silver) hat gute Manieren, doch wenn der Abend naht, wird er zum Werwolf und muss töten. Als der für sie noch Unbekannte ihre Freundin tötet, wird auch Megan zur Besessenen. Der Film endet in einem grausamen Blutbad vor dem Hintergrund der Wolkenkratzer von Manhattan, die wie Grabsteine der Zivilisation wirken.
In "Gefährliche Brandung" (1991) begeht eine Clique von fanatischen Surfern zwischen Lebens- und Todessucht brutale Banküberfälle, während in "Strange Days" (1995) ein entlassener Polizist im Dschungel von Los Angeles Geschäfte mit einer kleinen magischen Maschine macht: Was immer man sieht, fühlt, hört und riecht lässt sich mit ihr speichern: Reality-TV in magischer Totalität. Das Ganze ist ein Thriller um einen Bürgerkrieg zwischen Jugendlichen und der Polizei, der mit einem Showdown im Gewühl der Silvesterparty ins Jahr 2000 endet.
Außerdem inszenierte Kathryn Bigelow das Musikvideo "Touched by the Hand of God" der Gruppe New Order. Darin spielte Bill Paxton ("Twister", "Titanic", "Ein einfacher Plan") eine Hauptrolle. 2002 entstand der reichlich pathetische U-Boot-Thriller "K 19 - Showdown in der Tiefe" mit Harrison Ford und Liam Neeson in den Hauptrollen. Kathryn Bigelow war nach 1989 eine Zeitlang mit "Titanic"-Macher James Cameron verheiratet (bevor der mit Linda Hamilton abzog). Doch sie schätzt nicht nur dessen bahnbrechende Actionfilme, sondern kennt auch das deutsche Kino. "Fassbinder war sehr, sehr wichtig", sagt sie, "vor allem 'In einem Jahr mit 13 Monden'. Das ist einer der brillantesten Filme, die ich je gesehen habe. Ich war völlig überwältigt und begann zu begreifen, was man mit menschlichen Emotionen im Kino machen kann." 2012 sorgte Kathryn Bigelow einmal mehr für Aufregung und Aufmerksamkeit mit "Zero Dark Thirty".