Zu Recht ausgezeichnet mit dem Deutschen Fernsehpreis: 3sat wiederholt "Dresden" in der Originalfassung als Zweiteiler.
Es gab die "Luftbrücke", die "Sturmflut", die "Flucht", "Die Grenze" und "Hindenburg": Die Berliner Produktionsgesellschaft teamWorx gilt seit dem Mehrteiler "Der Tunnel" (2000) als Deutschlands führende Werkstatt für sogenannte "Event-Filme". Stets wurden historische Erzählungen, nicht selten auf etwas bemühte Art und Weise, mit fiktiven Liebesgeschichten vermengt. Das war auch im Fall von "Dresden" (2005) nicht anders. Dennoch ist Roland Suso Richters aufwendiger Zweiteiler über die Bombennacht 1945 wahrscheinlich die beste der genannten Produktionen, ausgezeichnet unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis. 3sat wiederholt nun den Zweiteiler an einem Stück.
Viele, sehr viele Menschen leben bis heute in Deutschland und anderen Ländern, die Bombennächte selbst erlebt haben, sich genau daran erinnern oder zumindest bruchstückhaft. Sie alle werden die Angst vor Gewittern nicht los. Die, die diesen Film aus persönlichen Gründen mieden, taten gut daran.
Viele Personen tauchen auf, von den meisten bleibt am Ende das Schicksal offen. Tatsächlich dominiert schließlich nurmehr der Angriff der Royal Air Force vom Februar 1945, dargestellt mit fiktionalen Bildern, wie man sie so noch nicht gesehen hat. Doch der Regisseur Roland Suso Richter legte sich Grenzen auf. Akzente werden gesetzt. Bilder werden gezeigt, die eher psychologische Kraft haben: Eine unbekannte Frau zieht einen brennenden Kinderwagen. Mehr war schon mit Blick auf die frühe Sendezeit um 20.15 Uhr nicht möglich. Und vor allem auch nicht nötig.
Im Mittelpunkt steht die Krankenschwester Anna (Felicitas Woll), die gemeinsam mit ihrem Vater (Heiner Lauterbach), der Chefarzt ist, unter widrigen Umständen Leben zu retten versucht. Sie steht kurz vor der Verlobung mit dem Oberarzt Alexander (Benjamin Sadler). Derweil wird auf dem Rückflug von einem Nachtangriff auf Magdeburg der Lancaster-Bomber des englischen Piloten Robert Newman (John Light) abgeschossen. Er schlägt sich verletzt nach Dresden durch, versteckt sich im Keller des Krankenhauses und wird dort von Anna entdeckt. Sie hilft ihm, zunächst nicht ahnend, wen sie hier vor sich hat. Robert spricht gebrochen deutsch, doch er schweigt, um sich nicht zu verraten.
Dann kommt die Liebe, ein bisschen sehr plötzlich und leider schwer nachvollziehbar. Und dann die Nacht der Bomben, an deren Ende die vollkommene Vernichtung der Stadt steht. Nur die letzten 45 Minuten des Films setzen dieses Szenario in Szene. Doch die Zeit zuvor ist nicht minder wichtig, rückt sie doch die historische Ausgangssituation in den Mittelpunkt.
Das Drehbuch von Stefan Kolditz spart dabei nichts aus. Kai Wiesinger spielt Simon, einen Juden, der kurz vor seiner Deportation steht. Am Straßenrand werden Deserteure wie auch Juden erhängt, und das deutsche Volk schaut weg. Zudem geht der Blick nach England. Anders als in US-Produktionen werden beide Seiten gezeigt, bekommen beide ein Gesicht. Es geht um Fragen der militärischen Strategie und um das Verhältnis zu den Sowjets. Die Engländer, allesamt von englischen Darstellern gespielt, stehen vor der Frage, ob angesichts eines nahezu gewonnenen Krieges die Flächen-Bombardierung noch richtig ist.
Eine klare Position vermeidet der Film an dieser Stelle. Und er tut gut daran. Zudem werden am Ende keine Opferzahlen genannt, zumal es keine verlässlichen Angaben gibt. Zu oft wurde das Thema in der Vergangenheit politisiert, auch missbraucht. "Dresden" sollte, so formulierte es der Produzent Nico Hofmann im Vorfeld, ein "Antikriegsfilm" sein. So schwer die Definition dieses Genres auch ist, scheint dies doch gelungen. Insofern kommt die Wiederholung dieses Events gewiss nicht zur falschen Zeit. Bei der Erstausstrahlung wurde der Film ein großer Erfolg: Den ersten Teil sahen 12,66 Millionen Zuschauer, den zweiten 11,29 Millionen.
Dresden – Fr. 17.03. – 3sat: 20.15 Uhr