Unter Drogeneinfluss mutiert Scarlett Johanssons "Lucy" zur unbezwingbaren Kämpferin – und zur Superintelligenz. Regisseur Luc Besson kommt da selbst nicht mit.
Kann die Wissenschaft so aufregend sein? In einem Pariser Spezialinstitut brüten hochdekorierte Experten darüber, wie der menschliche Geist zu neuen Höchstleistungen getrieben werden kann. Da platzt die irgendwie entrückte Blondine Lucy im kleinen Schwarzen herein und kennt nicht nur alle Aufsätze der Herren auswendig, sondern weiß auch, wie's geht: Sie ist drauf und dran, als erster Mensch 100 Prozent ihrer Gehirnkapazität zu nutzen und bereit, sich in einen Supercomputer zu verwandeln. Aber sie steht unter Drogen, und die wollen fiese Gangster jetzt zurückhaben. Koste es, was es wolle. Zu Recht gerät man bei der haarsträubenden Konstellation des Science-Fiction-Actionsfilms "Lucy" (2014) ins Stirnrunzeln. VOX nimmt das Werk von Regisseur Luc Besson nun als Wiederholung zur besten Sendezeit ins Programm.
Nur einen Koffer, der allerdings mit einer Handschelle um ihr Handgelenk befestigt ist, soll die in Taipeh weilende amerikanische Studentin Lucy (Scarlett Johansson) in einem Luxushotel bei Mr. Jang (Min-sik Choi) abliefern. Der Mann, der ihn ihr gab, wird vor ihren Augen ziemlich brutal abgeknallt. Nachdem oben in der Suite ein weiterer Mann exekutiert wird soll Lucy fortan Kurierin einer synthetischen Droge sein.
Als sich Lucy auf einer Zwischenstation ihrer Reise gegen einen sexuellen Übergriff wehrt, wird sie heftig getreten. Der in der Bauchregion eingenähte Beutel reißt, und sie wird mit der Droge kontaminiert. Nun wummert, zu erkennen an der tiefblauen Iris ihrer Augen, in Lucys Kopf das Teufelszeug, das sie zur hochleistungsfähigen Kampf- und Intelligenzbestie macht. Sie will die Verbreitung der Droge, deren Wirkung tödlich ist, stoppen und ihr ständig wachsendes Wissen der Welt zur Verfügung stellen. Der Pariser Kommissar Pierre Del Rio (Amr Waked) soll ihr dabei helfen.
Wie experimentierfreudig und poetisch das Action-Genre inzwischen geworden ist, beweist Besson mit der brillanten Ouvertüre von "Lucy" im Luxushotel. Man empfindet es nicht als Störung, sondern als bizarre Steigerung des Genusses, dass Lucys Begegnung mit den Gangstern mit den assoziierten Bildern von Geparden, die eine Gazelle jagen, gegengeschnitten wird. Auch später der Vorlesung des Hirnforschers und Evolutionsbiologen Professor Norman (Morgan Freeman) beizuwohnen, gibt den Action-Sequenzen faszinierende Kontraste. Wissenschaftliche Spekulation und Unterhaltungskino können durchaus zusammenfinden.
Unglücklicherweise ist Luc Besson diesmal nicht so begabt wie sein Geschöpf. Der stufenweisen Steigerung ihrer Hirnleistung – in Prozenten eingeblendet – wird seine Fantasie nicht gerecht. Gangster an der Decke kleben zu lassen, weil Lucy mit der Materie kommunizieren kann, ist ein beschämend alberner Einfall. Und dann zappt sie sich mit Pathos durch die Evolution und begegnet auch noch ihrer Namensvetterin: einer Vorfahrin der heutigen Menschen. Es scheint, als wollte Luc Besson zu einem Stanley Kubrick oder Terrence Malick werden. Dieses Experiment darf aber als gescheitert betrachtet werden.
Scarlett Johansson blickt auf ein äußerst erfolgreiches Jahr 2019 zurück. Mit ihrer Rolle als Black Widow war die US-Amerikanerin nicht nur im erfolgreichsten Film aller Zeiten mit von der Partie. Für ihren Part im Netflix-Drama "Marriage Story" nebst Adam Driver darf sich die 35-Jährige obendrein Chancen auf den Oscar ausrechnen. Außerdem übernimmt sie ab 23. Januar die Hauptrolle in der Satire "Jojo Rabbit".
Lucy – Do. 30.01. – VOX: 20.15 Uhr