Pay-TV-Sender

A&E wird zum reinen "True Crime"-Sender

von Markus Schu

Aus alt mach neu: A+E Networks restrukturiert seinen Sender A&E und benennt ihn ab Ende Juni in Crime + Investigation um. Damit einher geht eine Ausrichtung auf True-Crime-Formate – nun wurde das neue Konzept erstmals der Presse vorgestellt.

Umbenennungen sind in der Werbe- und Entertainmentbranche nichts Außergewöhnliches. Man mag sich zurückerinnern an das Jahr 1991, als es plötzlich lautete: "Raider heißt jetzt Twix – sonst ändert sich nix!". Oder an den Sci-Fi-Actionfilm "Edge of Tomorrow" (2014), der mal "All You Need Is Kill" heißen sollte und dann fürs Heimkino als "Live. Die. Repeat." vermarktet wurde. Das aktuellste Beispiel einer derartigen Namensänderung trifft nun den Pay-TV-Sender A&E – dieser wird zum 29. Juni in Crime + Investigation (kurz: CI) umbenannt und stellt damit den ersten alleinigen True-Crime-Sender im deutschsprachigen Raum dar. Auf einer Pressekonferenz in München wurde am Donnerstag das Konzept des Senders vorgestellt – es handelt sich wohl um mehr als eine simple Neubetitelung.

Zugegeben: Der Loft-ähnliche Saal mag mit seinen hohen Decken, dem urigen Dielenboden und dem Hipster-Interieur nicht jedermanns Geschmack treffen. Im Gegensatz zu den thematisch passenden Mini-Blöcken, die für die Journalisten bereitlagen: kleine Notizhefte, durch die man sich gleich auf den detektivischen Spuren von Columbo und Co. wähnte. Gegen 10 Uhr schritt eine hochschwangere Esther Sedlaczek nach vorne und begrüßte die Anwesenden zur Vorstellung des neuen, alten Senders – die Moderatorin machte es sich auf einem Sofa bequem und rief Dr. Andreas Weinek zu sich, den Geschäftsführer von "A+E Networks Germany". Er erklärte die Neuausrichtung des Senders.

Demnach seien Crime-Formate schon immer ein Teil der A&E-DNA gewesen, das Genre habe in der Vergangenheit starke Marktanteile erzielt. Nun wolle man den nächsten Schritt wagen und das bisherige Programm komplett auf True Crime umstellen – daher die neue Namensgebung. Das Genre funktioniere bereits seit Jahren querbeet auf dem deutschen Markt, nur ein darauf spezialisierter Sender habe bislang gefehlt. Quasi komplementär zum überwiegend männlichen Publikum der Formate auf dem Kanal History, der ebenfalls zur Sendergruppe A+E Networks gehört, habe man nun mit CI einen Sender, der ein primär weibliches Publikum anspreche.

Mehr als 300 Premieren im Jahr sind angedacht, über 80 Prozent der Inhalte sollen aus dem eigenen Haus stammen. Angesprochen auf die Notwendigkeit des Senders wird Weinek nachdenklich. Er erinnert daran, dass sich am 8. Mai der Tag der Befreiung zum 74. Mal jährte, und betont in diesem Zusammenhang die gesellschaftspolitische Verantwortung der Sender History und CI, die einen wichtigen demokratischen Beitrag leisten sollen: Fakten gegen Fake News. Man merkt Weinek an, wie wichtig ihm das Thema ist, wenn er appeliert: "Am 26. Mai sind Europawahlen – gehen Sie wählen, es ist heute wichtiger denn je."

In einem nachfolgenden Trailer wurden dann einige kommende Highlights vorgestellt. Beispielsweise "Live PD", eine Reportage-Reihe, die US-Polizisten bei ihrem Arbeitsalltag begleitet. Doch es gibt auch abendfüllende Dokumentationen wie "Jagd auf JonBenéts Mörder", in der ein lange zurückliegender Mord neu aufgerollt wird. Große Emotionen versprechen die Episoden von "24 to Life – Der letzte Tag in Freiheit": Hier werden Straftäter bei ihrem letzten Tag vor Haftantritt begleitet. Mit "Divided States – Gegen den Hass" kommt CI dem gesellschaftspolitischen Auftrag am nächsten: Darin setzen sich die Macher mit der Radikalisierung der Gesellschaft auseinander und fragen nach den Ursachen für Homophobie, Rassismus und Antisemitismus.

Programmdirektor und Filmemacher Emanuel Rotstein betonte im Anschluss, dass der Sender in anderen Ländern bereits erfolgreich laufe – nun wolle man den deutschen Markt erobern. Angesprochen auf die Zukunft des linearen Fernsehens in der Ära von Streamingdiensten hob er hervor, dass eine Kuratierung das Publikum auch an die Angebote klassischer TV-Sender binden könne. Mit Hilfe von ausgewählten Programmen wolle man Themenabende kreieren, die Geschichten erzählen und zum Anschauen animieren. Dass CI das Potenzial dazu hat, liegt in der Historie begründet: Schließlich ist A+E Networks seit 30 Jahren für die Produktion und Ausstrahlung von True-Crime-Formaten bekannt. "Wir müssen nicht viel dazukaufen. Das meiste, das wir kaufen, kommt vom Mutterhaus", so Rotstein.

Zum Finale wartete die Pressekonferenz noch mit einem Ehrengast auf: Es handelte sich um Ron Jones, der als Lehrer in Palo Alto im Jahr 1967 das berühmt-berüchtigte Faschismus-Experiment "The Third Wave" durchgeführt hatte – der darauf basierende Roman "Die Welle" von Morton Rhue und die deutsche Kinoadaption sind weithin bekannt. Rotstein und Jones haben nun eigens für CI die Dokumentation "The Invisible Line – Die Geschichte der Welle" gedreht, eine deutsche Produktion, die voraussichtlich im vierten Quartal ihr TV-Debüt feiert und den Startschuss für zukünftige lokale Eigenproduktionen geben soll. Man darf durchaus gespannt sein, wie sich Crime + Investigation im deutschsprachigen Raum behaupten wird.

A&E wird am 29. Juni in CI umbenannt und steht bei allen gängigen Pay-TV-Anbietern sofort ab Senderstart zur Verfügung.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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