Film im ZDF

"Der Richter": Feine Vorstellung von Heino Ferch

von Eric Leimann

Richter Joachim Glahn (Heino Ferch) ist berüchtigt für seinen Gerechtigkeitssinn. Weder Bösewichte noch seine Mit- und Gegenspieler im juristischen Apparat haben gegen ihn eine Chance, das Gesetz mit schlüpfrigen Deals zu unterhöhlen. Das ändert sich schlagartig, als der skrupellose Holger Wieland (Wolfram Koch) Glahns Tochter (Elisa Schlott) entführen lässt – um seinen Freispruch von einer Mordanklage zu erpressen. Glahn, der es mit der ehelichen Treue nicht so genau nimmt wie mit dem Gesetz – unter den eigenen Fehltritten jedoch auch leidet –, sieht sich in einem Dilemma: Muss er korrupt werden, um sein Kind zu retten? Heino Ferch spielt den "Breaking Bad"-Part eines deutschen Richters sehr überzeugend. Der exzellent besetzte Thriller "Der Richter" des Schweizer Regisseurs Markus Imboden leidet jedoch unter dem ein oder anderen Drehbuch-Klischee.

ZDF
Der Richter
Thriller • 16.04.2018 • 20:15 Uhr

Die Plot-Idee dieses ZDF-Primetime-Thrillers ist eigentlich ziemlich simpel. Was tut ein gesetzestreuer Law-and-Order-Typ in der Richterrobe, wenn gänzlich wertfreie Gangster drohen, ihm das Liebste zu nehmen? Für dieses Szenario ersann Drehbuchautorin Marija Erceg ("SOKO Leipzig", "Die Chefin") gleich eine ganze Riege Finsterlinge, deren Verdorbenheit ihnen vielleicht kein Glück, aber eine gewisse Handlungsfreiheit schenkt: Häftling Wieland (der Frankfurter "Tatort"-Kommissar Wolfram Koch in einer eher schnörkellosen Gangsterrolle) ist ein simpel gestrickter, brutaler Bösewicht. Club-Besitzer Maik Fechner (Sebastian Hülk), dem die Aufgabe zukommt, Glahns noch etwas naive Tochter zu betören, leidet immerhin an seiner brutalen Aufgabe. Und Strippenzieher Dirk Lüders (André Jung)? Der lebt zwar im feinen Zwirn und einer Designervilla, scheint mit seinem dunklen Leben aber auch nicht zufrieden.

Wie lebt es sich also richtig? Richter Glahn beweist, dass es "der hellen Seite der Macht" nicht viel besser geht. Abseits des Erpressungsfalls und der Angst um seine Tochter, war das Leben des Richters schon vorher brüchig. Seine Frau (Gesine Cukrowski) betrügt er mit Gerichtsmedizinerin Michaela Biel (Victoria Sordo). Zudem schlägt sich der taumelnde Jurist daheim noch mit einer alkoholkranken, pöbelnden Mutter (Marie Anne Fliegel) herum.

Menschlicher Kampf mit der Moral

Regie-Routinier Markus Imboden, privat der Lebensgefährte Martina Gedecks und statistisch derzeit einer der meistbeschäftigten "Tatort"-Regisseure, inszeniert seinen Thriller als dunkle Saga über den menschlichen Kampf mit der Moral – und stellt seinem Figurenensemble ein schlechtes Zeugnis aus. Im Film "Angst – der Feind in meinem Haus" konnte man Heino Ferch vor einigen Monaten (Oktober 2017, ZDF) in einer ähnlichen Rolle erleben. Im gelungenen Stalking-Thriller spielte er an der Seite Anja Klings einen Familienvater, der die Bedrohung seines gutbürgerlichen Lebensstils mit einem brutalen Zurechtrücken der eigenen Moral kontert. "Der Richter" baut ein ähnliches Szenario auf, erzählt aber psychologisch weniger subtil. Der Film bleibt stärker dem Thriller-Genre verhaftet.

Dafür ist dieser ZDF-Montagsfilm erstaunlich gut besetzt: Neben Sebastian Hülk ("Polizeiruf 110: Wölfe") – als brüchiger Bösewicht in Deutschland derzeit einer der Besten sieht man in weiteren Nebenrollen Francis Fulton-Smith als Promi-Rechtsanwalt und Sebastian Urzendowsky als jungen Kollegen des Richters.

Was will "Der Richter" nun? Auf einer Meta-Ebene versucht sich der Film an einer Analyse des menschlichen Moralsystems. Er leidet allerdings darunter, dass die ein oder andere Figur vom Drehbuch mit eher grobem Pinsel gezeichnet wurde. Es bleibt eine feine Vorstellung Heino Ferchs, der in der Rolle des derangierten Midlife Crisis-Machos eine altersgemäße Paraderolle gefunden zu haben scheint.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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