Trotz der strengen Waffengesetze steigt in Deutschland die Anzahl an Schusswaffen. Woher kommt die Lust am Schießen, fragt Gregor Steinbrenner in seiner 3sat-Reportage.
Die Szene hat etwas Unheimliches. Mitten in der Tram sitzt ein Mann, sein Gewehr hat er locker über die Schulter geworfen. Was in Deutschland wohl rasch zu einem größeren Polizeieinsatz führen würde, ist in der Schweiz eher Normalität. Im Nachbarland gehören Schusswaffen im öffentlichen Raum zum Alltag.
Gregor Steinbrenner unterhält sich mit dem Mann mit dem Gewehr. Er erfährt, dass dieser Banker sei und nach der Arbeit wohl noch zum Schießstand fahren werde. 3sat-Reporter Steinbrenner ist verwundert darüber. Er ist selbst ein Kriegsdienstverweigerer und hatte bis auf zarte Versuche auf dem Jahrmarkt noch kaum Kontakt zu Schusswaffen. In dem Film von Greta Zimmermann stellt er jedoch fest, dass es Waffen nicht nur wie ganz selbstverständlich in der Schweiz gebe. Auch in Deutschland werde immer mehr geballert, so der Reporter. Und das völlig legal – in Schützenvereinen oder zum reinen Freizeitvergnügen in Paintball-Hallen.
Eine Meldung ließ Steinbrenner besonders aufhorchen. "So viele Jäger wie nie zuvor", verkündete der Deutsche Jagdverband. In einer Mitteilung vom Januar 2018 hieß es tatsächlich: "383.828 Menschen in Deutschland besaßen im Jagdjahr 2016/17 (1. April bis 31. März) einen Jagdschein, 2.000 Personen mehr als noch 2015/16. Seit der Wiedervereinigung vor 27 Jahren gibt es nun über 72.500 Jägerinnen und Jäger mehr – ein Anstieg um 23,3 Prozent."
Gleichzeitig erleben auch Schützenvereine einen regen Zulauf – vor allem von einem jüngeren Publikum. Schießen fördere die Konzentrationsfähigkeit bei Jugendlichen, heißt es bei den Vereinen. Wirklich? Der Reporter befragt auch Wissenschaftler über eine vermeintlich neue Lust am Schießen und woher diese kommen könnte. Beim Paintball findet sich so etwas wie eine Antwort. Bei diesem "Freizeitvergnügen" schießen Teams mit Farbpatronen. Wird ein Teilnehmer getroffen, muss er mit dickem Farbklecks auf der Klamotte das Feld verlassen. Es geht unter anderem darum, ein gegnerisches Terrain zu übernehmen. Das erfordert taktisches Geschick, macht mitunter Spaß und fördert vor allem eine Erkenntnis: Glücklicherweise war es nur eine Farbpatrone, die auf der Schutzbrille geplatzt ist.
Im Anschluss an die Wissenschaftsdokumentation am Donnerstagabend bei 3sat diskutiert Gert Scobel ab 21 Uhr ein vergleichbares Thema. Diesmal beschäftigen sich der Moderator und seine Gäste mit einer "Illusion Weltfrieden". Dieser scheint mit seinen vielen gegenwärtigen bewaffneten Konflikten rum um den Erdball tatsächlich in sehr weiter Ferne.
Quelle: teleschau – der Mediendienst