Zweiteiler im ZDF

"Ein Tisch in der Provence": Versöhnung post mortem

von Wilfried Geldner

Um den Vater zu beerdigen, reist eine Krankenschwester in ihre französische Heimat. Mit ihrem Vater hatte sie zu Lebzeiten ein äußerst schwieriges Verhältnis, nun findet sich Véronique plötzlich in seiner Praxis wieder.

ZDF
Ein Tisch in der Provence – Ärztin wider Willen
Drama • 08.03.2020 • 20:15 Uhr

Ein französisches Chanson, das Klimpern eines Klaviers – in Zeitlupe läuft der jungen Frau ein Kind entgegen. Kein Zweifel, dass das Erinnerungen sind an eigene glückliche Zeiten. Und weil der Vater, Landarzt in der Provence, nun gestorben ist, macht sich dessen Tochter nach langem Zögern und vielen Überredungskünsten ihres Onkels und ihrer kleinen Tochter auf, zur Beerdigung in der Provence zu fahren. 13 Stunden Fahrzeit mit dem alten Auto stehen an für Véronique, das Töchterchen Lea und den Onkel, der sich von der Reise eine späte Familienzusammenführung erhofft. Véronique ist vor 15 Jahren aus Südfrankreich abgehauen. Der Vater, so erfährt man nach und nach, sei ein rechter Tyrann gewesen, der die Mutter betrog.

In ihrem zweiteiligen Herzkino-Sonntagsfilm (08. und 15. März) "Ein Tisch in der Provence – Ärztin wider Willen" bürsten Maike Rasch und Dagmar Seume (Drehbuch, Regie) die üblichen Herzschmerz- Abenteuer à la Pilcher oder Lindström wider den Strich. Alles scheint in Echtzeit abzulaufen. Man nimmt sich Zeit für Begegnungen, Erwartungen und Gespräche. Nicht zu vergessen natürlich: die Landschaft der Provence mit ihren Lavendelfeldern, ihren Olivenplantagen und Zypressen.

Recht harte Szenen – was für ein rüdes Wiedersehen mit der Mutter bei der Beerdigung und danach! – wechseln sich mit heiteren Momenten ab. Erstaunlich, wie einnehmend Kinder und Hunde sein können. Lea und ihr Hündchen, das sie in Hamburg aus dem Müll gezogen hat und deshalb "Schnüffel" nennt, agieren oscarreif. Andererseits lässt Friederike Linke als Vero ihre merkwürdige Hamburger Diaspora schnell vergessen. Ungeschminkt und ohne falschen Glamour nimmt man ihr das selbstbestimmte Leben ab.

Aber natürlich kommt kein Sonntagsfilm (ZDF-Slogan: "Unsere Alternative zum Krimi") an irgendwelchen Klischees eines Familienfilms vorbei. Kaum in der traumhaften alten Heimat angekommen, sinkt der Pastor bei der Beerdigung mitten in seiner Trauerrede nieder. Krankenschwester Vero erkennt einen "Myokard-Infarkt" und leitet die Versorgung ein, obwohl sie das (zweite) Staatsexamen immer noch nicht in der Tasche hat. Klar rennen ihr nach dem Auftritt die Dörfler die väterliche Praxis ein, die inzwischen ein Pariser Nerd (Nico Rogner) nach dem Wunsch des Vaters übernommen hat. Es wird aber, darauf lässt sich setzen, eine Versöhnung geben – ebenso wie mit der eigenen Mutter (Sabine Vitua), die sich ein Leben lang alles gefallen ließ und zu allen Demütigungen immer nur schwieg.

Es ist also ein Zweiteiler, der allem Flachen und vorschnell Sonnigen aus dem Wege geht. Die Wahrheit über das verfehlte Leben wird erst nach und nach geliefert, mithin das Schweigen gebrochen. Dass der Vater nicht mehr zur Rechenschaft gezogen und somit die Versöhnung nur indirekt erfolgen kann, ist hier der Reiz. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit wird die verlorene Zeit akzeptiert.

Ein Tisch in der Provence – Ärztin wider Willen – So. 08.03. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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