Die "Kluftingerkrimis" leben von ihrer Authenzität, schließlich stammt Hauptdarsteller Herbert Knaup tatsächlich aus dem Allgäu. Im zweiten Film der Reihe muss Kluftinger in einer Molkerei ermitteln – und sich mit Frau und Vater herumschlagen.
Es ist ein poetisches Bild, das für wenige Momente fesselt – und dann fürchterlich wirkt: Auf einer engen Nebenstraße, die durch saftig grüne Felder einer Voralpenlandschaft führt, hält unvermittelt ein auf Hochglanz polierter Tanklaster. Ein Mann steigt aus, öffnet ein Ventil und lässt weiße Flüssigkeit aus einem Schlauch sprudeln. Es ist frische Kuh-Milch, die sich in die Allgäuer Idylle ergießt. Eine unverzeihliche Verschwendung. Ein Verbrechen. Und ein starker Einstieg für den zweiten Kommissar-Kluftinger-Krimi nach den beliebten Bestsellerromanen des Autorenduos Volker Klüpfel und Michael Kobr.
Rainer Kaufmann, der bereits beim ersten Kluftinger-Film "Erntedank. Ein Allgäukrimi" die Regie führte, schnappte sich in "Milchgeld. Ein Kluftingerkrimi" erneut den kantigen Charakterkopf Herbert Knaup – und schuf einen kompromisslosen, kratzbürstigen, hochgradig komischen Heimatfilm aus einer Region, in der man in einer faszinierend fremdländischen Sprache "schwätzt". Der BR wiederholt nun nicht nur diesen Krimi mit dem Kultkommissar.
"Milchgeld" wurde – weitgehend mit demselben bewährten Team aus dem ersten Film – in und um Kempten und Memmingen gedreht. Und genau das hört man auch. Fast alle Darsteller sprechen tiefstes Allgäuerisch. Und das ungekünstelt: Mit Knaup und Jockel Tschiersch, der als sein grandios verdruckster, weil innerlich glühender Polizeikollege agiert, stammen schon die wichtigsten Hauptdarsteller aus der Region.
Eine Ausnahme ist August Zirner, der den exaltiert pseudo-weltläufigen Nachbarn der Kluftingers (Herbert Knaup, Margret Gilgenreiner) spielt. Regelmäßig geht er dem Kommissar mächtig auf den Zeiger. Und das auch deswegen, weil er Phrasen verwendet wie "Komm, Smutje, nichts wie rein in die Kombüse" und dem Kässpatzn-Liebhaber dann Gemüse vorsetzt. Der im Juli dieses Jahres verstorbene Schauspieler Tilo Prückner, der erstmalig als Kluftinger Senior seinem Film-Filius auf die Nerven geht, weil er sich als pensionierter Kriminaler ungefragt in die Ermittlungen einmischt, wurde dagegen einst in Augsburg und damit in der sprachlichen Heimat, geboren.
Anders als bei der teilweise bereits lästig gewordenen Schwemme an ARD-Vorabend-Regionalkrimis liegt der Reiz der Kluftinger-Ermittlungen darin, dass wirklich – man muss das abgenutzte Modewort benutzen – "authentisch" ermittelt wird. Der störrische Kommissar, der nebenbei in der Trachtenkapelle die Pauke schlägt, kennt seine Pappenheimer, weil er genauso unbeholfen und grobschlächtig wirkt wie viele der Verdächtigen. Aber genauso wenig wie sie unterschätzt werden sollte. Den zunehmend billig wirkenden Kunstgriff aus vielen lieblosen "Heimat"-Klonen, jeweils den Ermittler aus der Großstadt mit vermeintlichen Hinterwäldlern und Landtölpeln zu kontrastieren, hatten sich schon Kobr/Klüpfel verkniffen.
Tatsächlich wird im "Milchgeld"-Fall auch wirklich ermittelt. Und gelegentlich wirkt der großartig gespielte Krimi, für den Regisseur Kaufmann und Kameramann Klaus Eichhammer stimmungsvolle Bilder mit viel überraschendem Witz (etwa einem winzigen Geweih im Kommissarsbüro) fanden, sogar spannend: Auslöser ist ein ermordeter Lebensmittelingenieur, Betriebsleiter einer Molkerei aus Altusried. Wegen des enormen Drucks auf die Milchpreise hat er sich unter den ortsansässigen Bauern viele Feinde gemacht. Doch dann finden die Kommissare auch noch Rauschgift in seiner Wohnung ... Vermutlich ist es doch nicht nur die Milch, die im Allgäu die Gemüter zum Schäumen bringt.
Im Anschluss noch zwei "Kluftingerkrimis"
Nach der Ausstrahlung von "Milchgeld. Ein Kluftingerkrimi" darf der Kommissar noch weiterermitteln: Der BR zeigt um 22.00 Uhr mit "Schutzpatron" und um 23.30 Uhr mit "Herzblut" zwei weitere "Kluftingerkrimis". Beide wurden im Jahr 2015 unter der Regie von Lars Montag gedreht und Ende 2016 erstmals ausgestrahlt. Weitere Filme, so gab die ARD 2018 bekannt, sollten aufgrund der schlechten Quoten nicht mehr produziert werden. Die Romane von Volker Klüpfel und Michael Kobr erfreuen sich dagegen weiterhin großer Beliebtheit: Erst vergangenen September erschien der elfte Band der Reihe mit dem Titel "Funkenmord".
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH