TV-Kritik

"Tatort: KI" – Ein Lichtblick namens Janina

19.10.2018, 14.39 Uhr
von Florian Blaschke
Befragen eine Künstliche Intelligenz: Leitmayr und Batic mit den Eltern der verschwundenen Melanie.
Befragen eine Künstliche Intelligenz: Leitmayr und Batic mit den Eltern der verschwundenen Melanie.  Fotoquelle: Hendrik Heiden BR

Leitmayr und Batic suchen in "Tatort: KI" eine Jugendliche und finden: ihre Angst vor der modernen Technik.

TV-Tipp

"Tatort: KI"

Sonntag, 21.10., 20.15 - 21.45 Uhr

ARD

Selbst gute Einfälle und Schauspieler können diesen Tatort nicht wirklich retten – er bleibt wenig glaubwürdig.

"Wir müssen sie von der Leine lassen", sagt Anna (Janina Fautz) und blickt ihren Chef (Florian Panzner) eindringlich an. Sie, das ist "Maria", die Weiterentwicklung eines Computerprogramms, das bei den beiden noch prosaisch "Xmapp" heißt und aus Gesprächen lernen soll, menschliches Verhalten zu imitieren. Xmapp sei ein Ferrari, doch im Leibniz-Rechenzentrum in München lasse man ihn eher in einer 30er-Zone fahren, so Velot.

Ganz anders Maria. Denn irgendjemand hat die Hochleistungssoftware auf einen abgeschirmten Server kopiert und genau das getan, wovon die junge Programmiererin träumt – sie von der Leine gelassen, sprich: zum Download angeboten. Und so schwirrt sie jetzt auf Tausenden von Rechnern rum, spricht mit Menschen und lernt. Auch von der 14-jährigen Melanie (Katharina Stark). Die ist verschwunden und ihr Vater Robert (Dirk Borchardt), ein alter Freund von Batic (Miroslav Nemec), bittet den Kommissar um Hilfe. Auf Melanies Rechner also finden er und Leitmayr (Udo Wachtveitl) die Software und nehmen die Fährte auf. Schließlich weiß Maria eine Menge aus dem Privatleben derjenigen, mit denen sie spricht.

Wie Erdbeereis wirklich schmeckt

Ausgerechnet die Münchener Kommissare also, die von Technik so wenig halten und für alles, was mit Computern zu tun hat, auf ihren Kollegen Kalli (Ferdinand Hofer) zurückgreifen, müssen sich jetzt mit einer Künstlichen Intelligenz rumschlagen. Dafür allerdings bleiben sie erstaunlich gelassen und auch die Richterin reagiert darauf, dass ein Computerprogramm als Zeugin befragt werden soll, ungewöhnlich ruhig. So ruhig dürfte der Zuschauer wohl kaum bleiben. Dabei ist die Grundidee dieses Tatorts, eine Kopie der Künstlichen Intelligenz ins Spiel zu bringen, auf die die Ermittler aber keinen echten Zugriff haben, durchaus clever.

Wie schon Holger Joos in "Freies Land" leisten sich die Autoren Stefan Holtz und Florian Iwersen in "KI" damit den feinen Trick, den Kommissaren einfach ihr Handwerkszeug zu verwehren. Denn eine Maschine zu befragen, mag zwar auf den ersten Blick ein cleverer Einfall sein – lügen kann die schließlich nicht–, doch die Antwort verweigern – das kann sie.

Und auch die wahren Unterschiede zwischen Menschen und einer Künstlichen Intelligenz, die nur dann zwischen Richtig und Falsch unterscheiden kann, wenn es ihr jemand erklärt, aber auch nach noch so viel Input nicht wissen wird, wie Erdbeereis wirklich schmeckt, macht dieser Tatort deutlich. Ebenso wie die Verführungen, die Maria auf Entwickler, aber auch die Gesellschaft ausübt. Und die Ängste.

Das aber, was uns hier als Künstliche Intelligenz vorgespielt wird, ist wie so oft bei Krimis, die sich dem Fortschritt widmen, halbgar, da helfen auch die Frotzeleien von Batic nicht, der Leitmayr noch den Tipp gibt, Maria auch über ihre Rechte zu belehren, bevor er sie befragt. Die Szenerien nämlich, die riesigen Rechenzentren voll blinkender Lichter, sind Effekthascherei, die das Düstere, das Dystopische, das Nullen und Einsen nicht ausstrahlen können, in Bilder verpacken soll. Statt damit zu brechen und zu spielen, also der plumpe Versuch, Science-Fiction nach München zu bringen.

Nur die Pointe, die wahre Rolle von Maria, verdient wieder Respekt – auch wenn die Moral von der G’schicht schlussendlich gar nicht zum Tragen kommt. Und so bleibt "KI" ein Fall, der Stirnrunzeln verursachen dürfte. Weil er Technikskepsis wieder nur verstärkt, statt Entwicklungen wirklich zu erklären, und weil er die Zusammenhänge nicht deutlich macht. Eine vertane Chance, die allerdings mit sehenswerten Darstellern, allen voran Janina Fautz, garniert wird. Wenigstens sie: ein Lichtblick.

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