„F1“ mit Javier Bardem: Ein Blick in die gnadenlose Welt der Formel 1
Oscarpreisträger Javier Bardem (56) gehört seit Jahrzehnten zu den wandlungsfähigsten Schauspielern Hollywoods. Ob als gnadenloser Bösewicht, charismatischer Verführer oder verletzlicher Antiheld – der Spanier verleiht seinen Figuren stets Tiefe und Menschlichkeit. In "F1" spielt Bardem den Teamchef Ruben, der in der gnadenlosen Welt der Formel 1 um Erfolg, Vertrauen und sein eigenes Überleben kämpft. Der im Sommer gestartete Film war einer der großen Kino-Hits des Jahres. Im Interview sprach Bardem offen über Risiko, zweite Chancen, Respekt – und warum ihn die Formel-1-Welt persönlich mehr berührt hat, als er erwartet hätte.
Ein Geschäft jenseits aller Maßstäbe: Javier Bardem über die dunkle Seite der Formel 1
prisma: Was hat Sie an dieser Geschichte persönlich am meisten überrascht?
Javier Bardem: Ganz ehrlich? Diese Summen. In der Formel 1 werden Hunderte Millionen Dollar riskiert – das ist völlig verrückt. Ich musste meinen Kopf wirklich darum wickeln: "Warum gibt man so viel Geld aus?" Aber genau das zeigt, was für ein gnadenloses Geschäft das ist.
prisma: Und trotzdem geht es nicht nur ums Geld?
Bardem: Nein. Am Ende geht es um etwas sehr Menschliches: Wenn alles auf dem Spiel steht, willst du jemanden an deiner Seite haben, dem du vertraust. Diese Mischung aus wahnsinnigem Druck, Ego, Angst – und gleichzeitig dieser Wunsch, noch einmal alles zu geben ... das kenne ich nicht nur aus Filmen. Das kennen wir alle aus dem Leben. Jemanden, mit dem du sagst: "Wenn wir scheitern, dann gemeinsam."
prisma: Was haben Sie bei Ihren Gesprächen mit den Leuten aus der Formel 1 über diese Welt gelernt?
Bardem: Was mich überrascht hat, war dieses permanente Adrenalin. Nicht nur bei den Fahrern – sondern vor allem bei den Teamchefs. Die setzen sich selbst jeden Tag aufs Spiel. Finanziell, beruflich, mit ihrem ganzen Ruf.
prisma: Also geht es nicht nur ums Gewinnen?
Bardem: Nein. Es ist fast wie ein innerer Zwang. Alle wollen die Idee haben, das neue Design, den entscheidenden Vorteil. Diese Rivalität hört nie auf – sie ist wie ein Puls, den man nicht abschalten kann.
prisma: Ist das eine Welt, die Ihnen persönlich nah ist?
Bardem: Überhaupt nicht. Ich bin eigentlich kein besonders wettbewerbsorientierter Mensch. Mir ist Gewinnen nicht so wichtig. Ich musste mich richtig in dieses Denken hineinversetzen – und genau das war spannend. Diese Welt ist extrem angespannt. Du musst hoch konzentriert sein – und gleichzeitig Vertrauen haben. Es gibt keinen Raum zum Entspannen. Nur für das Risiko. Und für diese Sprünge ins Ungewisse.
Die Message von „F1“: Scheitern akzeptieren, aber Verantwortung übernehmen
prisma: "F1" ist auch ein Film über zweite Chancen. Wie sehen Sie das – ganz persönlich?
Bardem: Zweite Chancen? Oder dritte. Oder vierte. Ich bin 56 – ich habe mir selbst viele zweite Chancen gegeben. Und ja, ich habe sie auch schon vermasselt. Und dann wieder neu angefangen.
prisma: Gehört Scheitern einfach dazu?
Bardem: Absolut. Es gibt keine Generalprobe fürs Leben. Wir lernen unterwegs. Und oft merkt man erst, wie es geht, wenn es fast vorbei ist. Scheitern ist normal. Entscheidend ist, wieder aufzustehen – und dabei möglichst wenig Schaden anzurichten. Ich glaube sehr an zweite und dritte Chancen. Aber nur, wenn jemand wirklich bereit ist zu lernen.
prisma: Hat Sie der Film eher vorsichtiger gemacht – oder mutiger am Steuer?
Bardem: Also zuerst mal: Ich bin kein besonders guter Autofahrer. Und ehrlich gesagt war ich früher auch kein großer Formel-1-Fan.
prisma: Und jetzt?
Bardem: Jetzt habe ich einen riesigen Respekt davor. Wenn man sieht, was es wirklich braucht, um so ein Auto zu fahren – den Mut, das Risiko, die Liebe zur Gefahr – dann schaut man ganz anders darauf.
prisma: Was hat Sie dabei am meisten beeindruckt?
Bardem: Dass diese Fahrer im Grunde mit ihrem eigenen Leben spielen. Sie sind wie Spieler – sie setzen alles. Und hinter einem einzigen Auto stehen Hunderte, manchmal Tausende Menschen, die dafür arbeiten, dass dieser Moment überhaupt möglich ist. Früher habe ich mich gefragt: Warum fährt man so schnell? Heute denke ich: Man muss diese Menschen verstehen. Das ist keine Vernunft – das ist Leidenschaft. Und die verdient Respekt.
prisma: Gab es jemanden aus dieser Welt, der Sie ganz besonders überrascht hat?
Bardem: Ja – ganz klar Lewis Hamilton. Ich hatte die Ehre, ihn kennenzulernen, und er ist ein unglaublich herzlicher, kluger Mensch.
prisma: Und das bei jemandem, der mit irrem Tempo fährt.
Bardem: Genau das ist es. Wenn man ihm begegnet, würde man niemals denken, dass dieser Mensch sich mit über 300 km/h in ein Auto setzt. Er strahlt eine große Ruhe aus, ist freundlich, aufmerksam – und gleichzeitig extrem präzise in dem, was er tut. Das hat meinen Respekt enorm wachsen lassen.
Mitten an echten Rennstrecken: Filmen im laufenden Rennbetrieb
prisma: Regisseur Joseph Kosinski sagt, der Sound sei das Herz des Films. Spürt man das als Schauspieler auch am Set?
Bardem: Absolut. In meinem Fall war das Besondere: Ich war mit meiner Figur fast immer direkt an den echten Rennstrecken – während echte Rennen liefen.
prisma: Also kein Studio, keine Kulisse?
Bardem: Nein. Das war alles real. Brad Pitt und Damson Idris sind diese Autos selbst gefahren – mitten in echten Rennen. Und das Verrückteste: Sie haben es geliebt.
prisma: Die beiden wollten also gar nicht mehr aus dem Auto raus?
Bardem: Überhaupt nicht. Sie sind Runde um Runde gefahren – sechs, sieben, acht Stunden am Stück. Lewis Hamilton hat irgendwann gesagt: "Diese Typen sind unaufhaltsam. Wir trainieren zwei Stunden – sie fahren den ganzen Tag."
prisma: Was macht das mit einem als Schauspieler?
Bardem: Der Sound, den ich als Ruben gehört habe, war der echte. Diese Lautstärke, diese Vibration – das geht direkt in den Körper. Man kann sich dem nicht entziehen. Als ich den Film später im IMAX gesehen habe, war ich überwältigt. Die Detailgenauigkeit, die Arbeit im Sound – das ist unglaublich. Das ist nicht einfach Technik. Das ist Kunst.
Javier Bardem über eine seiner komplexesten Rollen: Team-Chef Ruben Cervantes
prisma: Was zeichnet Ihre Rolle Ruben aus?
Bardem: Ruben ist ein Geschenk. Er ist cool, charismatisch, witzig – aber innerlich unglaublich verletzlich. Er steckt finanziell und emotional in der Klemme und muss trotzdem Stärke vorspielen. Diese Spannung frisst ihn langsam auf. Joe Kosinskin (der Regisseur, d. Red.) hat mich da Schritt für Schritt begleitet – und mir geholfen, all diese Ebenen zu zeigen. Solche Rollen erinnern dich daran, warum du diesen Beruf liebst.
prisma: Steckt in Ruben auch etwas von früheren Figuren von Ihnen? Und es wird ja schon über Fortsetzungen gesprochen: Würden Sie sich auch ein Prequel vorstellen können – über Ruben und Sonny in ihren besten Jahren?
Bardem: Also, ich hoffe sehr, dass ich Ruben nicht zu viel von meinen früheren Figuren mitgegeben habe – das wäre ja furchtbar (lacht). Aber am Ende bin ich natürlich immer derselbe Schauspieler. Ich bringe mich selbst mit – egal, welche Rolle ich spiele.
prisma: Und was ist mit den Plänen für weitere Filme?
Bardem: Ich habe davon auch nur gelesen. In dieser Branche weiß man nie, was wirklich passiert. Konkrete Neuigkeiten habe ich keine.
prisma: Und ein Prequel – Ruben und Sonny ganz am Anfang?
Bardem: Das ist eine lustige Idee. Wie sich diese beiden kennengelernt haben, wie rivalisierend sie waren – das hätte was. Aber dann müssten wir uns beeilen. Wir werden ja nicht jünger. Wobei ... wenn man Brad Pitt in echt sieht, denkt man sich schon: Wie macht er das eigentlich? Er ist unglaublich in Form. Also ehrlich: Was auch immer Joe Kosinski vorhat – wenn er mich fragt, bin ich dabei.
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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH