Rückblick auf "Das Literarische Quartett": Thea Dorn im Interview



Ein Stück deutsche TV-Geschichte feiert Geburtstag: "Das Literarische Quartett" (Freitag, 10. Oktober, 23.30 Uhr, ZDF oder ab 10 Uhr in der Mediathek) läuft nach einer langen Auszeit seit zehn Jahren wieder im ZDF. Vor fünf Jahren übernahm Schriftstellerin Thea Dorn die Leitung der Büchersendung.
Schon zwischen 1988 und 2001 sorgte das Quartett mit scharfzüngigen Diskussionen über Neuerscheinungen, Bestseller und Klassiker für reichlich Gesprächsstoff. Damals bildeten Marcel Reich-Ranicki, Hellmuth Karasek und Sigrid Löffler die Stammbesetzung. Heute führt die Schriftstellerin Thea Dorn durch die Runde. Im Interview mit der Nachrichtenagentur teleschau blickt sie durchaus auch kritisch zurück.
Offen spricht die 55-Jährige über die damalige Männerriege: "Würden Marcel Reich-Ranicki und Hellmuth Karasek heute noch so über Literatur reden, wie sie es in den 90-ern bisweilen getan haben, kämen sie aus dem Shitstorm nicht mehr heraus." Der Ton habe sich verändert, und das sei auch gut so.
"Ist ein Lehrstück in Frauenfeindlichkeit"
Besonders ein Vorfall aus dem Jahr 2000 ist ihr im Gedächtnis geblieben: "Was Reich-Ranicki sich damals bei dem Gespräch über einen Roman von Haruki Murakami geleistet hat, geht nicht", erklärt Thea Dorn. "Der einzigen Frau in der Stammbesetzung zu unterstellen, sie habe ein Problem, sobald es bei Literatur um Liebe beziehungsweise Sexualität gehe, ist ein Lehrstück in Frauenfeindlichkeit." Reich-Ranicki und Sigrid Löffler hatten sich damals vor laufender Kamera über Haruki Murakamis "Gefährliche Geliebte" gestritten. Nur wenige Wochen nach der Sendung verkündete Sigrid Löffler ihren Rückzug aus dem "Literarischen Quartett",
Doch trotz dieser "Platzhirschproblematik" würdigt Dorn das damalige Format: "Das alte Quartett hat aber etwas Bedeutendes geprägt: Literaturkritik verlangt nicht von sich aus danach, dass man sie im Fernsehen betreibt." Lesen und das Gespräch über Literatur seien "etwas Stilles, Intimes", Fernsehen dagegen "alles andere als still und intim", so Dorn im Interview mit der Nachrichtenagentur teleschau. "Insofern musste man etwas Neues erfinden, um beide Welten zusammenzubringen", erklärt sie.
"Ich habe damals sogar noch im Gehen gelesen ..."
Auch privat ist Thea Dorn eine leidenschaftliche Leserin und darüber hinaus auch Serienfan. "Bei späteren Familienurlauben habe ich von Griechenland oder Italien wenig gesehen, weil ich stets ein Buch vor der Nase hatte. Ich habe damals sogar noch im Gehen gelesen", erinnert sie sich im Interview. Aber auch Serien begeistern sie bis heute: "Seit 'Emergency Room' bin ich Serienjunkie: 'Six Feet Under', 'Breaking Bad', 'Die Brücke', 'Damages', 'Dexter', 'Prisoners of War', 'Homeland' – alles großes Fernsehkino!"
Und wie schafft sie es, all das neben dem Schreiben und Lesen noch unterzubringen? Ganz pragmatisch: "Man sagt mir nach, dass ich manche Dinge eher schnell erledigt bekomme. Außerdem habe ich keine Familie, die nach meiner Zeit verlangt. Das erlaubt mir ebenfalls, meine Tage mit anderen Tätigkeiten vollzupacken."
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH