Star der neuen ARD-Serie

Von "SOKO Kitzbühel" zum Ski-Internat: Jakob Seeböck im Interview über "School of Champions"

15.02.2024, 10.20 Uhr
von Marina Birner

Lange klärte Jakob Seeböck als "SOKO"-Kommissar Mordfälle auf. Nun verkörpert er in einer neuen Coming of Age-Serie einen karrierefixierten Schulleiter, der junge Ski-Talente an ihre Grenzen treibt. Im Interview spricht der zweifache Vater über Leistungsdruck und Verantwortung für Kinder.

Er tauscht Marke und Pistole gegen Helm und Ski: Jakob Seeböck spielte über zehn Jahre lang (2009 bis 2021) die Hauptrolle des Kommissars Lukas Roither in der ZDF-/ORF-Krimiserie "SOKO Kitzbühel". Nun widmet sich der 1976 in Wien geborene Vater von zwei Kindern einem neuen Großprojekt: In der komplexen, achtteiligen Coming of Age-Serie "School of Champions" (Die ersten zwei Folgen gibt es am Mittwoch, 14. Februar, 20.15 Uhr, ARD) dreht sich alles um ein Internat, an dem Nachwuchsleistungssportler im Skisport ausgebildet werden. Dabei stoßen die Athleten nicht nur an ihre körperlichen, sondern auch an ihre emotionalen Grenzen. Snowboardlehrer Seeböck spielt den kompromisslosen, karrierefixierten Schulleiter Mark Auer, er ist selbst begeisterter Wintersportler und wedelt gerne die Pisten hinunter. Seine Hochachtung gilt vor allem jenen Sportlern, die dem Druck des Profisports standhalten und mit aller Kraft ihren Traum vom Erfolg verfolgen. Was er seinen Kindern mit auf den Weg geben möchte, darüber spricht der sympathische Österreicher im Interview.

prisma: In "School of Champions" dreht sich alles ums Skifahren: Fahren Sie denn selbst?

Jakob Seeböck: Natürlich! Ich bin erst am Montag ein Skirennen gefahren. Ich durfte bei der Hermann-Maier-Star-Challenge mitfahren. Über eine vereiste Weltcup-Piste wurde ich gejagt! Das war heftig.

prisma: Allem Anschein nach sind Sie heil unten angekommen.

Jakob Seeböck: Ich bin schließlich Österreicher (schmunzelt) – ich fahre seit meinem dritten oder vierten Lebensjahr Ski. Ich bin sogar ausgebildeter Snowboardlehrer. Zu meiner Studentenzeit habe ich mir als Snowboardlehrer auf Schul-Skikursen etwas dazuverdient – und nach einer Pause mit meinen Kindern wieder mit dem Skifahren angefangen.

prisma: Nach zwölf Jahren bei der "SOKO Kitzbühel" folgt jetzt das nächste große Projekt für Sie. Sind Sie froh, dass es kein Krimi ist?

Jakob Seeböck: Mich hat vor allem das Potenzial der Serie gereizt. Ein Krimiformat kann in seinen Rollen nicht annähernd diese Breite bieten, wie es eine Dramaserie kann.

prisma: Und Sie wollten mehr – als Schauspieler?

Jakob Seeböck: Genau. Ich habe mich sehr über diese neue Rolle gefreut, über die Wertschätzung als Schauspieler, die damit verbunden ist. Ich weiß jetzt, dass es nicht heißt: Der war der Kommissar und bleibt es sein Leben lang. Er kann auch anders (lacht). "School of Champions" ist ein neues, junges Projekt – sehr attraktiv auch für Jugendliche und junge Zuschauer.

Jakob Seeböck spricht über den "Luxus" Skifahren

prisma: Also kommen wir zum Skisport: Wird Skifahren mehr und mehr zu einem Luxus?

Jakob Seeböck: Ja, das ist so ein Thema. Alle Sportarten sind in gewisser Art und Weise Luxus. Außer vielleicht Schwimmen. Da brauchen wir nur eine Badehose. Na gut, die werden auch nicht billiger (schmunzelt). Ein Beispiel: Ich bekomme kein gutes Mountainbike unter 3.000 Euro. Aber diese Diskussion ist schier endlos ...

prisma: Inwiefern?

Jakb Seeböck: Wohnt man nicht gerade in einem Skiort, war das Skifahren schon immer mit recht hohen Kosten verbunden: Anreise, Unterkunft, Ausrüstung ... Allerdings werden auch die Ansprüche der Gäste immer höher. Früher zitterte man in einem Zweier-Sessellift in der Kälte, heute braucht jedes Skigebiet Achter-Sessel mit Sitzheizung und Schutzhaube. Derartige Annehmlichkeiten sind ohne Investitionen in eine Region eben nicht möglich. Das ist ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig bei uns in Österreich. Aber es ist klar, dass dann auch alles immer teurer wird.

prisma: Sie drehten in Bad Gastein. Dort waren die Leute froh über den Dreh, oder?

Jakob Seeböck: Besonders die Region Gastein freut sich natürlich über die internationale Aufmerksamkeit. Die tollen Aufnahmen sind unbezahlbar. Die Menschen vor Ort sind alle sehr wohlwollend und haben uns wirklich gut beherbergt. So ein Filmteam – ich weiß – ist nicht immer ganz einfach (schmunzelt). Wir sperren Pisten und Straßen – das kann auch mühsam sein. Bisher lief aber alles gut.

"Das ist mit unglaublich vielen Entbehrungen und Opfern verbunden"

prisma: Sie sind selbst Vater von zwei Söhnen, elf und 14 Jahre alt. Könnten Sie sich vorstellen, die beiden auf ein Elite-Sportinternat zu schicken?

Jakob Seeböck: Ob ich mir das vorstellen kann, spielt keine Rolle. Das müssen sich meine Kinder vorstellen können. Wäre das ihr innigster Wunsch, würde ich alles dafür tun, das zu ermöglichen. Haben junge Menschen einen Traum, den sie auch verfolgen wollen, müssen wir als Eltern das unbedingt unterstützen. Es gibt nichts Schlimmeres, als nicht zu wissen, was man mit seinem Leben anstellen will.

prisma: Kommt das immer häufiger vor, weil der Trend dahin geht, Kinder immer weniger leistungsorientiert zu erziehen?

Jakob Seeböck: Zunächst müssen wir uns fragen: Was ist Leistung? Unsere Gesellschaft definiert Leistung so, dass man etwas vollbringt, was andere auch vollbringen wollen – möglichst besonders gut. Und schon könnten wir eine Wertedebatte eröffnen: Warum ist es keine Leistung, ein gutes Elternteil zu sein, das einen Job hat, sich um seine Kinder kümmert, der das alles unter einen Hut bringt und glückliche Kinder großzieht, ihnen die Chancen gibt, ihren Platz im Leben zu finden? Das ist genauso eine Leistung wie ein Weltmeistertitel. Weil es genauso seine Tücken hat, es hat schöne Momente, es hat schwierige Momente.

prisma: Eine von wenigen Parallelen zum Sport, wie er in der Serie zu sehen ist ...

Jakob Seeböck: Ja, Leistungssport ist natürlich ein anderes Thema: Das ist mit unglaublich vielen Entbehrungen und Opfern verbunden. Viele hören zwischen 30 und 35 auf und holen erst dann ihre Jugend nach. Es sollte deine eigene Entscheidung sein – und nicht die eines anderen. Einfach alles auf sich zukommen zu lassen – damit erreiche ich allerdings auch nichts, weder privat noch im Sport. Das versuche ich auch meinen Kindern zu vermitteln. Wir haben auch Dinge gemacht, mit denen unsere Eltern nicht einverstanden waren (schmunzelt), aber heutzutage ist es ja schon eine Leistung, wenn Kinder nicht den ganzen Tag am Smartphone hängen. Dass wir sie auf eine leistungsorientierte Gesellschaft vorbereiten müssen, dem stimme ich bis zu einem gewissen Grad zu.

prisma: Gehört es auch zu den Botschaften der Serie, dass im Leben nicht nur Leistung zählt?

Jakob Seeböck: Ja, solange man mit dem, was man tut, glücklich ist, ist es egal, wie viel Geld man auf dem Konto hat oder wie viele Medaillen zu Hause hängen. Das sind vergängliche Dinge.

"Leider ist die negative Motivation immer noch sehr populär"

prisma: Spielt regelmäßiger Sport auch in Ihrem Leben eine wichtige Rolle?

Jakob Seeböck: Auf jeden Fall. Auch meine Kinder machen sehr viel Sport, das taugt ihnen total, und ich finde das cool. Sport ist gerade für Jungs – oh Gott, das hört sich jetzt vielleicht klischeehaft an – einfach total wichtig. Die Kinder haben so viel Kraft und müssen sich auspowern. Sechs Stunden Schlaf, und so ein Teenager ist voll aufgeladen (lacht).

prisma: "School of Champions" begleitet Teenager, die genau das erleben ...

Jakob Seeböck: Die Serie gewährt einen Einblick in eine Welt, die ganz viele Menschen nur anhand ihrer Ergebnisse kennen. Sie als Zuschauer sehen sonst ja nur, ob ein Profisportler gewinnt oder verliert. Wir wollen den Weg dorthin zeigen. Alleine die Aufnahmeprüfungen für die Kader sind enorm hart.

prisma: Eine fiktive Geschichte über den echten Leistungsdruck?

Jakob Seeböck: Ja. Wir drehen sehr nah an der Realität. Es verlangt vielen alles ab, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Daher ärgert es mich extrem, wenn Leute sagen: Tja, leider nur vierter Platz. Ich denke mir oft: Hey, fahr Du doch mal runter! Im Weltcup Vierter zu werden – oder Fünfter oder Sechster oder Zwölfter – das ist eine unglaubliche Leistung. Von mir würden alle eine Medaille bekommen (schmunzelt).

prisma: Ganz ohne Druck geht's eben doch nicht.

Jakob Seeböck: Aber bei diesem Druck muss man immer jeden Athleten individuell betrachten. Wie viel Druck verträgt wer? Wann ist es zu viel? Und welche Art von Druck überhaupt? Es gibt unterschiedliche Motivationen. Leider ist die negative Motivation immer noch sehr populär. Aber nicht jeder ist bereit, etwas zu leisten, weil er Angst vor negativen Konsequenzen bei Misserfolg hat.

"Da bekomme ich immer noch Gänsehaut"

prisma: Wie haben Sie sich auf Ihre Rolle als Internatsleiter und Trainer vorbereitet, und was haben Sie dabei gelernt?

Jakob Seeböck: Lizz Görgl, eine ehemalige sehr erfolgreiche österreichische Skirennläuferin, hat mich ein bisschen gecoacht. Ein Satz hat mich besonders beeindruckt. Ihr Trainer sagte zu ihr: "Fahr mit Herz!" Da bekomme ich immer noch Gänsehaut. Darum geht es. Profisportler sind Rennpferde. Die stehen da oben, und dann legt sich ein Schalter um. Es macht den Zuschauer glücklich, zu sehen, wie Menschen für etwas aus ihrem innersten heraus brennen und es motiviert jeden, ähnlich zu handeln.

prisma: Aber es geht nicht nur darum mutig auf Skiern einen steilen Hang hinunterpreschen, oder?

Jakob Seeböck: Nein. Ich liebe es einfach, in den Bergen zu sein. Berge strahlen unendlich viel Energie aus. Das ist es, was ich fühlen will, was ich tun will. In der Kunst ist es ein Privileg, so etwas erleben zu dürfen.

prisma: Wurden noch weitere Expertinnen und Experten für den Dreh herangezogen?

Jakob Seeböck: Wir haben viele Leute aus der echten Sportwelt miteingebunden. In Gastein gibt es tatsächlich ein Tourismusinternat, das auf Skisport ausgerichtet ist. Dort hatten wir viele Leute vom Fach, die uns beraten haben. Und unsere Skifahrer-Doubles sind echte junge Spitzensportler. Mir war sofort klar: Wenn wir Schauspieler fahren, wird das lächerlich (lacht). Das ist einfach das Wichtigste, denn das kann der Zuschauer am besten beurteilen. Als Schauspieler überzeugst du oder du überzeugst nicht. Das ist Geschmackssache. Aber beim Skifahren siehst du nach dem dritten Schwung: Okay, der kann das, oder der kann das nicht.

prisma: Und die jungen Talente konnten überzeugen?

Jakob Seeböck: Absolut: Die Jungs und Mädels fetzen da runter, das ist eine andere Ebene im Spitzensport. So konnten wir auch die Sturz- und Rennsequenzen authentisch filmen. Die gehen natürlich auch mit einem enormen Ehrgeiz an die Sache ran. Die geben richtig Vollgas.

"Das, was uns trennt, ist die gemeinsame Sprache"

prisma: Es heißt, es sind weitere drei Staffeln "School of Champions" geplant ...

Jakob Seeböck: Dazu kann ich nicht viel sagen. So viel steht jedenfalls fest: Die erste Hälfte von Staffel zwei ist praktisch schon abgedreht. Außerdem macht es ja keinen Sinn, den Werdegang des Jahrganges, dessen Schulzeit vier Jahre dauert, mittendrin ins Leere laufen zu lassen, oder?

prisma: Die Österreichische Serie wird auch in Deutschland gezeigt, weshalb Sie auf dem ein oder anderen Event hierzulande unterwegs sind. Was unterscheidet uns Deutsche von den Österreichern?

Jakob Seeböck: Meinen Sie Bayern oder Deutsche (lacht)? Spaß beiseite: Es gibt einen Spruch, den ich recht treffend finde. Er besagt: "Das, was uns trennt, ist die gemeinsame Sprache."

prisma: Und der Humor.

Jakob Seeböck: (lacht). Absolut. Der deutsche Humor ist eher positiv, wohingegen wir Österreicher einen eher negativen, morbideren Humor haben. Die Österreicher haben sich ständig gegenseitig auf der Schaufel. Das verstehen die Deutschen nicht ganz, weil sie glauben, wir meinen das ernst – aber das Gegenteil ist der Fall. Darfst du jemanden aufziehen, ist das bei uns eine Art Errungenschaft und spiegelt den Wert der Freundschaft wider (lacht).

(Am Samstag, 17. Februar, gibt es ab 23.50 Uhr die Folgen drei bis fünf zu sehen, am Sonntag, 18. Februar, folgen ab 0.10 Uhr die vorerst letzten drei Episoden.)


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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