True-Crime-Serie "Murdaugh: Mord in der Familie" zeigt hässliche Fratze Amerikas






Eine einflussreiche Anwaltsdynastie in den Südstaaten, ein bisschen Korruption hier, ein paar Vertuschungen da, dazu Gewalt und Einschüchterung und schließlich ein Doppelmord: So etwas muss sich kein Drehbuchautor ausdenken. Es reicht ein Blick in die Wirklichkeit. Nachdem sich eine Netflix-Doku vor zwei Jahren mit einer aufsehenerregenden True Crime-Story beschäftigte, zeigt Disney+ nun eine fiktionalisierte Version. "Murdaugh: Mord in der Familie" startet am 15. Oktober mit drei von acht Episoden, die weiteren folgen im Wochentakt.
Es ist eine beiläufige Bedrohlichkeit, mit der die Miniserie (neben dem erfreulichen Wiedersehen mit Patricia Arquette in einer der Hauptrollen) sofort fesselt. Eine Frau schneidet Blumen in ihrem weitläufigen Garten, hinter dem Haus testen drei Männer im besten Alter halbautomatische Jagdgewehre und zerschießen dabei die Weihnachts-Dekoration des vergangenen Jahres. Derweil fährt ein junger Mann, offensichtlich nicht ganz bei Sinnen, in einem Pickup schlingernd durch die Gegend.
Was auch gleich klar ist: Die Familie im Hinterland von South Carolina hält zusammen, auch wenn Sohn Paul (Johnny Berchtold) noch nicht ganz ausgenüchtert und mit einem halben Baum im Radkasten nach Hause kommt. Papa ignoriert die Angelegenheit einfach und Mama sagt nur: "Hey, hey, hey, du. Ich bin froh, dass es dir gut geht."
Später wird Paul einen tödlichen Bootsunfall verursachen. Zu befürchten haben Anwalt Alex (Jason Clarke) und seine Frau Maggie (Arquette) trotzdem nichts. Das Justizsystem vor Ort ist seit 100 Jahren quasi eine Erbdynastie der Murdaughs.
Die hässliche Fratze der Wirklichkeit
Doch auch in South Carolina können Dynastien untergehen, wenn sie bis ins Mark verrottet sind und nicht nur eine Leiche im Keller haben. Und plötzlich ist "Murdaugh: Mord in der Familie" nicht mehr nur beiläufig bedrohlich, sondern offen angsteinflößend: weil die Serie einen (weißen) Teil Amerikas zeigt, der so selbstherrlich wie einflussreich ist.
Dieser Teil Amerikas kann es sich erlauben, Probleme zu ignorieren. Er kann eigene Verfehlungen mit ein paar Telefonaten aus der Welt schaffen. Fehler müssen nicht eingestanden werden, und Fakten können für persönliche und finanzielle Vorteile manipuliert werden. "Die einzige wahre Wahrheit in dieser Welt ist das, was man andere glauben machen kann", sagt Alex Murdaugh an einer Stelle.
Doch irgendwann glauben die anderen nicht mehr das, was sie sollen. Und dann kommt sie zum Vorschein, die lange versteckte hässliche Fratze von schrecklichen, gewissenlosen und ungehobelten Menschen, die von den beiden Hauptdarsteller Jason Clarke (derzeit auch in "Remnick" bei Apple TV+ zu sehen) und Patricia Arquette formidabel gespielt werden.
Wie gesagt: Die Murdaughs gab und gibt es wirklich. Wer noch nichts von ihrem Fall gehört hat und sich die Spannung erhalten will, sollte aber lieber nicht googeln. Und sei es nur, um sich der Illusion hinzugeben, dass die Wirklichkeit vielleicht doch nicht so schlimm ist.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH