Der Bruderkrieg: Historische Dokumentation auf ARTE
Der ARTE-Dreiteiler 'Der Bruderkrieg' beleuchtet den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 anhand von Fotos, Tagebüchern und Expertenmeinungen. Ein historisches Ereignis, das durch originale Aufnahmen und persönliche Berichte wieder lebendig wird.
Auf einem der vielen Fotos, von denen der ARTE-Film "Der Bruderkrieg – Deutsche und Franzosen 1870/71" lebt, ist die "dicke Barta", Krupps Riesenkanone in all ihrer technischen Vollkommenheit auf der Pariser Weltausstellung von 1867 zu sehen. Dass nur drei Jahre später mit ihr die französische Hauptstadt bombardiert würde, ahnte da noch niemand. Bei der fünfmonatigen Belagerung von Paris spielte sie jedoch eine wichtige Rolle. Im Film werden die Bilder der noch friedlichen Boulevards und die Pariser Kriegsruinen einander entgegengestellt. Die Fotos sprechen mehr als tausend Worte.
Zu Zeiten der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten wird hier noch einmal deutlich, dass der Krieg kaum Unterschiede zwischen Zivilisten und Soldaten macht. Der dokumentarische Dreiteiler fängt den "Bruderkrieg" (nach einem Wort Victor Hugos) aus drei Perspektiven ein: Im ersten Teil, "Eine Pariserin" (20.15 Uhr) kommt eine junge Französin zu Wort, die in ihrem Tagebuch das immer näher rückende Kriegsgeschehen aufgezeichnet hat. "Seitdem dieser furchtbare Krieg erklärt ist, denke ich ständig daran", so schreibt sie, während ihre anfängliche Euphorie immer größerer Skepsis weicht.
Der 38-jährige Oberstleutnant Paul Bronsart von Schellendorff, der die "Operationsabteilung" im preußischen Großen Generalstab, leitete, trug mit dem penibel durchdachten Aufmarsch der deutschen Armeen viel zum Mythos der preußisch-deutschen Überlegenheit in den kommenden Jahrzehnten bei. Die Schmach von Versailles hat beiden Nationen, ebenso wie die Annektion von Elsass-Lothringen bekanntlich zu erbiitterten Erzfeinden gemacht. Erst 90 Jahre nach dem Ende des Krieges wurde zwischen de Gaulle und Adenauer die deutsch-französische Freundschaft propagiert.
Der damals 49-jährige britische Kriegsberichterstatter William Howard Russell (1821 – 1907) schließlich nimmt mit neutraler Stimme für die Londoner "Times" als Augenzeuge die Gräuel und die Dramatik des Krieges auf – und damit nicht zuletzt das Leiden der Bevölkerung. Zum 150-Jahre-Gedenken des Kriegsausbruchs 2020 mag das alles noch in weite Ferne gerückt gewesen sein, angesichts der aktuellen Ereignisse kommt einem jedoch dieser "Bruderkrieg" befremdlich nahe.
Der Bruderkrieg – Deutsche und Franzosen 1870/71 – Di. 16.07. – ARTE: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH