Ein historischer Diebstahl
In diesem Krimi geht es um ein Foto der Sisi, dass der Assistenz des Hoffotografen heimlich aufgenommen hat. Als der Vater der Ururenkelin stirbt, erbt sie das Bild. Doch auf ihm lastet ein Fluch.
Auch wenn die Welt bislang nichts davon wusste: Es gibt ein geheimes Foto der Kaiserin Elisabeth, Sisi genannt. Der Assistent des 1898 nach Genf geeilten Hoffotografen Berger hat es heimlich nach dem gewaltsamen Tod der Kaiserin in der Leichenhalle gemacht. Der soeben zum Sonderermittler ernannte blinde Ex-Kommissar Haller (Philipp Hochmair) und seine "rechte Hand" Niko (Andreas Guenther) riechen im siebten, nun erneut gezeigten Wien-Krimi "Die nackte Kaiserin" (2022, Regie: Katharina Mückstein) sofort den Braten, als das Bild abhandenkommt – bei einem Raubmord gar, kurz vor der Übergabe an das Wiener Nationalarchiv.
Dreierlei Tätertypen kommen in Frage, so erkennt der schlaue Haller: Geldgierige, eingefleischte Sisi-Fans und Moralisten, die das Andenken "ihrer" Kaiserin bewahren wollen. Dabei spielt natürlich auch der Kunst- und Antiquitätenhandel eine wichtige Rolle.
Ein verfluchtes Foto
Im Testament ihres Vaters, eines Nachfahren des damaligen Fotografen, wird Charlotte Binder (Julia Hartmann) eindringlich vor dem Anblick des alten Fotos gewarnt. Ein Fluch laste auf ihm, weiß denn auch eine Haushälterin. Jeder, der es anschaue, müsse sterben. Bei Haller tritt sie mit ihrer Warnung: "Auf kaan Foi anschau'n!" offene Türen ein. "Ich bin blind", bemerkt der trocken – sehr zur Verwunderung der abergläubischen Haushälterin, die mit der Bemerkung "A Blinder sucht des Foto!" ihrem Erstaunen Ausdruck gibt.
Es sind diese Pointen, die den Wien-Krimi (seit 2018 im Ersten) würzen. Auch Hallers anhaltende Blinden-Arroganz gegenüber seinem stets zu Diensten stehenden Knecht bringt mancherlei komische Momente ins Spiel. Aber im großen Ganzen wird es diesmal eine beschwerliche Suche nach einem Mörder, der das auf 1,5 Millionen geschätzte Bild entwendet hat. Das liegt einmal an einer ganzen Phalanx von möglichen Tätern, die von den Nachbarn der Erbin und den dort gerade tätigen Bauarbeitern bis hin zur Bewahrerin im Nationalarchiv und zu einem suspekten Kunsthändler reichen. Zudem war ja auch die Ehe der Binders kaputt. Hatte der Ehemann gemeinsame Sache mit einer anderen machen wollen?
Kostümball der Sisi-Verehrer
Dass der Zuschauer die "nackte Sisi" mitsamt ihrem Anker-Tattoo auf dem Rücken nie so recht zu Gesicht bekommt, ist sicher ein Clou der neuerlichen Sisi-Thematisierung. Doch fehlt es diesem Krimi an satirischer Schärfe und Ironie, sonst eine Garantie bei österreichischen Krimimachern. Der Running Gag, dass der blinde Haller mehr als alle anderen sehen kann, will zudem gut gepflegt sein, sonst droht er, sich totzulaufen. Dem Serien-erfahrenen Autor Nils-Morten Osburg ("Ostfriesenkrimi", "Prag-Krimi") gefällt es, immer neue Spuren zu legen, bis es endlich zu einer Bildübergabe beim Kostümball der Sisi-Verehrer kommen soll.
Aus der Idee, die vermutlich beim Heurigen auf einem Bierfilz entstand, hätte ja eine schöne Mockumentary werden können, hätte man die Todesfoto-Legende als Quasi-Wahrheit verkauft. Nachdem dies nicht geschieht, fehlt es über weite Strecken an Spannung. Vielleicht sollte man es später noch einmal mit den Negativkopien der "Sissi"-Filme von Ernst Marischka versuchen. Auch die wären bei einem Raubmord sicher der Ermittlungen eines mit den Ohren sehenden blinden Sonderermittlers wert.
Der Wien-Krimi: Blind ermittelt – Die nackte Kaiserin – Do. 17.08. – ARD: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH