Torhüterin analysiert für die ARD

EM-Expertin Almuth Schult zwischen Lob und Lachanfall

17.06.2021, 12.29 Uhr
Almuth Schult überzeugt bei der EM viele Zuschauer als Expertin.
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Almuth Schult überzeugt bei der EM viele Zuschauer als Expertin.  Fotoquelle: WDR/Guido Rottmann

Noch ist es ein ungewohntes Bild, an das sich viele Zuschauer aber gerne gewöhnen möchten: Eine Frau, die als Expertin über Männerfußball spricht. Mit Torhüterin Almuth Schult hat die ARD einen Glücksgriff gelandet.

Im Kölner EM-Studio analysiert Schult gemeinsam mit U21-Nationaltrainer Kevin Kuntz, Ex-Bundesliga-Profi Kevin-Prince Boateng und Moderator Alexander Bommes die EM-Spiele. Für ihr Fachwissen bekommt die Nationalspielerin viel Lob. "EM-Berichterstattung ist keine fünf Minuten alt und Almuth Schult korrigiert Alexander Bommes' Unwissen über den Unterschied zwischen Angriffs- und Gegenpressing. Sie ist jetzt schon meine Heldin", twitterte der Journalist und Taktikexperte Tobias Escher beim Eröffnungsspiel. 

Auch für ihre lockere und authentische Art wird die 30-Jährige im Netz gefeiert. Als sie mitten in der Live-Übertragung im Studio einen Lachanfall bekommt, weil ihr Expertenkollege Boateng bei Mats Hummels den Anglizismus: "Er ist schon so lange im Game" raushaut, fallen die Reaktionen größtenteils positiv aus. "Lachflash bei Almuth Schult. Sie ist großartig", schreibt Sportjournalist Jörg Heinrich und "Sportschau"-Moderatorin Julia Scharf sieht das in ihre Antwort ganz genauso: "Ja, sie ist großartig!!" Das Video des Lachanfalls ist u.a. bei Twitter zu sehen.

Schult hat 64 Länderspiele bestritten und mit dem VfL Wolfsburg zahlreiche Titel gewonnen, zuletzt in diesem Jahr den DFB-Pokal. 2020 wurde sie Mutter von Zwillingen, setzte ihre Fußballerkarriere nach der Babypause aber fort. Sie ist die einzige Mutter in der Frauen-Bundesliga. Über ihre Tätigkeit als EM-Expertin sagte sie vor dem Turnier im "Zeit"-Interview: "Es brauchte eine erste Frau, die als Hörfunkkommentatorin auftrat, eine Frau, die man als Sprecherin im Fernsehen sah und schließlich eine Frau, die als Schiedsrichterin ein Profispiel der Männer pfiff. Jetzt bin ich die erste deutsche EM-Expertin. Ich hoffe, dass es keine Geschlechterdebatte gibt. Vielmehr sollte es um die Qualität meiner Expertise gehen." Und das tut es.

Kritik an Schweinsteiger

Die vierköpfige Runde mit Schult, Kuntz, Boateng und Bommes kommt im Netz allgemein gut weg, auch wenn Alexander Bommes als Moderator von "Gefragt - gejagt" dann doch mehr Fans haben dürfte als als "Sportschau"-Moderator. Deutlich schwerer tun sich viele mit dem "Star"-Experten im Ersten. Bastian Schweinsteiger ist seit der WM 2014 zwar als Sportheld so gut wie unantastbar, als Experte greift er allerdings viel zu oft zu belanglosen Allgemeinplätzen. Beim Spiel zwischen Italien und der Schweiz fiel er dann auch noch durch Lücken in der Regelkenntnis und Gedächtnislücken bei der deutschen Auftstellung in der Innenverteidigung auf ("Wer spielt da nochmal bei uns?"). Ein kurzer Blackout, absolut menschlich natürlich. Doch die Kritiker im Netz lässt er so nicht verstimmen.

Und wie sieht es bei den Kollegen im ZDF aus? Hier scheint Christoph Kramer über jeden Zweifel erhaben. Der immer noch aktive Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach machte schon bei der WM 2018 einen guten Job. Lampenfieber kennt er offenbar nicht. "Ich bewege mich in einer Komfortzone. Klar weiß ich, dass da ein paar Leute zugucken, und dass alles, was man vor der Kamera macht, sofort in den sozialen Netzwerken bewertet wird", sagte Kramer im Interview mit DWDL.de. "Aber wenn ich zuhause mit meinen Freunden Fußball schaue, gebe ich ständig meinen Senf dazu. Dann mach ich’s jetzt halt in einem Fernsehstudio. (lacht)"

Das ZDF setzt nicht nur Kramer und seinen ebenfalls souveränen Weltmeister-Kollegen Per Mertesacker als Experten ein, sondern bei den Live-Spielen auch Sandro Wagner, Ariana Hingst und Hanno Balitsch als Co-Kommentatoren. Ebenso wie die ARD Thomas Broich. Über die Leistung des früheren Nationalstürmers Wagner beim Spiel Frankreich - Deutschland fielen die Reaktionen gemischt aus. Dass auch in Deutschland immer mehr der Trend zu einem Kommentatoren-Duo geht, belebt aber die Berichterstattung ungemein. "In Deutschland hat es deshalb so lange gedauert, weil das Publikum immer der Meinung war, dass die Reporter zu viel sprechen. Lange hatte man das Gefühl, dass ein solches Duo nicht marktfähig ist. Aber offenbar wendet sich das Blatt. Wenn die Zuschauer es als Unterhaltung und Mehrwert sehen, ist das gut, und deshalb probieren wir das aus", erklärt ZDF-Kommentator Béla Réthy.

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