Gruselstimmung im TV

Experimentierfreunde im ZDF: Gruselige Miniserie an Halloween

18.10.2023, 08.51 Uhr
von Eric Leimann

Die Miniserie "Was wir fürchten" bespielt pünktlich zu Halloween ein Genre, das von deutschen TV-Produktionen bisher gemieden wurde: das Gruselfach. Erzählt wird von einer Schülerin, die Gespenster sieht. Haben sie etwas mit dem Amoklauf an ihrer neuen Schule zu tun?

"Ich sehe tote Menschen", sagte der neunjährige Haley zu seinem von Bruce Willis gespielten Psychiater im Filmklassiker "The Sixth Sense". 1999 kam der Streifen von M. Night Shyamalan in die Lichtspielhäuser. Er gilt bis heute nicht nur als Plot-Twist-Meisterwerk, sondern auch als Türöffner des Gruselgenres in die Welt der anspruchsvolleren Dramen. In Deutschland, wo man sich mit der Inszenierung von Geistern und Gespenstern bis heute schwertut, soll nun die sechsteilige Miniserie "Was wir fürchten" (ab 20. Oktober in der ZDF-Mediathek oder Dienstag, 31. Oktober, 22.30 Uhr, ZDFneo) Vorurteile gegen das Übersinnliche beseitigen helfen. Im Mittelpunkt der Erzählung steht die Teenagerin Lisa (Mina-Giselle Rüffer). Nach einer schweren psychischen Erkrankung hat sie mit ihrer Mutter Franka (Marie Leuenberger) die Großstadt verlassen und ist in den Schwarzwald gezogen, wo Franka als leitende Polizeibeamtin arbeiten wird.

Ein Jahr vor Lisas erstem Schultag am neuen Gymnasium hat sich dort ein tragischer Vorfall ereignet. Wohl eine Art Amoklauf, an den nun gedacht werden soll. Doch nicht nur das traumatische Ereignis, welches rund um die Schule immer noch präsent ist, macht Lisa das Ankommen schwer. Visionen mit durchaus physischer Wucht können das Mädchen jederzeit in ihrem Alltag überfallen: Sie sieht tote Wesen und wird auch schon mal wie von Geisterhand aus dem Fahrradsattel gefegt.

Parallel zu Lisas Geschichte erzählt die Serie (Idee und Regie: Daniel Rübesam, Headautorin: Judith Angerbauer) von Simon (Paul Ahrens), dessen Homosexualität von seinen strenggläubigen Eltern (Peter Jordan, Brigitte Urhausen) entdeckt wird. Der schwule Junge soll sich einer Konversionstherapie im "Waldhaus" bei Therapeut Jasper (tatsächlich gruselig: Christopher Schärf) unterziehen. Ob das eine gute Idee ist?

Gruseliger als Gespenster: Konversionstherapie im "Waldhaus"

"Was wir fürchten" beginnt als deutsches Schul- und Jugend-Drama mit vielen Klischees und Sätzen aus dem Dialogbaukasten, die man so eigentlich nicht mehr hören mag. Auch die Gruseleffekte, welche der Handlung periodisch beigemischt werden, erfinden das Genre-Rad alles andere als neu, was aber auch zugegebenermaßen nicht leicht ist. Besser wird die Serie, wenn ab Folge zwei die Konversionstherapie (übrigens bei Minderjährigen erst seit 2020 verboten) einer Gruppe junger und nicht mehr ganz so junger Männer im "Waldhaus" beschrieben wird und die Handlung zunehmend an Komplexität gewinnt.

Am Ende fügen sich die Fäden der mit sechsmal etwa 50 Minuten dennoch etwas zu langen Erzählung einigermaßen clever zusammen. Das Grusel-Genre, unter dessen Flagge man segelt, steht dann deutlich weniger im Vordergrund, als man es am Anfang gedacht hätte. Landet man am Ende also doch wieder beim deutschen Krimi- und Familiendrama? Ja, durchaus – aber auch die öffentlich-rechtlichen Gespenster dürfen in der Young-Adult-Serie ihren Platz behalten. Immerhin!


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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