"Diese Sendung ist kein Spiel": Ein neuer Blick auf "Aktenzeichen XY ... ungelöst"
Als "Aktenzeichen XY ... ungelöst" zum ersten Mal im Fernsehen lief, war es für die Bevölkerung eine Neuheit. Echter Raub, Mord und Totschlag gelangte so in die beschaulichen deutschen Wohnzimmer. Die Doku der Regisseurin Regina Schilling wirft einen kritischen Blick auf die Anfänger des TV-Hits mit Eduard Zimmermann.
"Angst hat ja eine pädagogische Wirkung: Man wird vorsichtig"
Eduard Zimmermann (1929 – 2009) war der erste Fernsehmann, der echte Kripo-Fälle in die Wohnstuben brachte. Seine Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst", die am 20. Oktober 1967 auf Sendung ging, gilt als erste "True Crime"-TV-Serie der Welt. Bis zu 25 Millionen schauten zu, wenn Zimmermann "ermittelte". Noch heute ist die ZDF-Sendung, inzwischen seit vielen Jahren moderiert von Rudi Cerne, ein Erfolgsformat. Die unter anderem mit dem Grimmepreis ausgezeichnete Regisseurin Regina Schilling wirft in der sehenswerten Doku "Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann" einen kritischen Blick auf jene Ära. Der 90-minütige Film ist rund zwei Monate nach seiner Erstausstrahlung im ZDF nun erneut bei 3sat zu sehen.
Die Faszination an wahren Verbreche
In den späten 60er-Jahren war der Nährboden ideal: Die nach dem Wirtschaftswunder verwöhnten Deutschen liebten Krimis. Aber mit Zimmermann hörte der Spaß auf. Denn gleichzeitig, so mahnte der bald zu "Ganoven-Ede" Benannte, "legt die Kriminalitätsrate fünfmal so schnell zu wie die deutsche Bevölkerung". Zimmermann verneinte in dem für die Doku herangezogenen Interview, er habe Angst schüren wollen. Andererseits: "Angst hat ja eine pädagogische Wirkung: Man wird vorsichtig." Filmemacherin Schilling scheint anderer Ansicht zu sein. Sie stellt die Frage: Wollte Zimmermann wirklich nur Verbrechen aufklären? Oder säte er gar vielmehr bewusst Misstrauen und förderte Denunziantentum?
Die Doku reißt etliche der insgesamt 4.977 Fälle an, die "Aktenzeichen XY" in 588 Sendungen vorstellte – 1.953 konnten aufgeklärt werden. Aber es geht mehr um "Zimmermann im Wandel der Zeiten". Insbesondere sein Frauenbild wird kritisch hinterfragt. Die Doku "Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann" trägt ihren Namen zu Recht. Sie ist als kulturhistorischer Exkurs hochinteressant. Aber sie wird gegen Ende auch ein wenig unheimlich.
Direkt im Anschluss um 21.45 Uhr diskutiert Vivian Perkovic in "Der 3satThema Talk" die Frage, warum True Crime die Menschen bis heute fasziniert und wie sich die Ermittlungsarbeiten im Laufe der Zeit verändert haben. Zu Gast sind unter anderem der Gefängnisarzt, Schauspieler und Autor Joe Bausch ("Jedes Verbrechen beginnt im Kopf") und die Regisseurin Regina Schilling.
Diese Sendung ist kein Spiel – Mi. 18.10. – 3sat: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH