Bei "Markus Lanz"

"Massenmord" oder "Selbstverteidigung"?: Hitziger Streit entbrennt über den Nahost-Konflikt

16.11.2023, 08.51 Uhr
von Natascha Wittmann

Am Mittwochabend wurde bei  "Markus Lanz" über den Nahost-Konflikt diskutiert. Es wurde eine hitzige Debatte mit kontroversen Einschätzungen. CDU-Politikerin Serap Güler machte Israel heftige Vorwürfe und kritisierte die Haltung der Bundesregierung.

Der Krieg im Nahen Osten löst heftige Proteste auf der ganzen Welt aus. Während die deutsche Bundesregierung fest an der Seite Israels steht, fordern auch in Deutschland zahlreiche Stimmen ein Ende des Elends in Gaza. Bei "Markus Lanz" äußerte sich unter anderem der deutsch-palästinensische Student Yazan Abo Rahmie zu den Zuständen in seiner alten Heimat.

Deutsche Regierung würde sich "kaum für die Zivilisten in Gaza einsetzt"

Der 2015 aus Aleppo geflüchtete Mann machte zunächst deutlich, dass Menschen in der Region in "Perspektivlosigkeit" und bitterer Armut aufwüchsen. Gerade deshalb verurteilte er die Haltung der deutschen Bundesregierung in Bezug auf den Nahost-Konflikt.

"Entweder bist du pro-palästinensisch oder du bist pro Israel. Ich halte das gerade als Friedensaktivist für falsch und gefährlich, weil Frieden und Lösungen gibt es nur mit beiden Seiten", erklärte Yazan Abo Rahmie. Da sich die deutsche Regierung "kaum für die Zivilisten in Gaza einsetzt", verspüre er mittlerweile ein Gefühl der "Hilflosigkeit" und "Enttäuschung".

Zwar verurteile er "das Massaker" der Hamas vom 7. Oktober, doch "das, was seit dem 7. Oktober in Gaza geschieht, das ist keine Selbstverteidigung. Das ist eine kollektive Bestrafung. (...) Wer das Selbstverteidigung nennt, der braucht sich mit Menschenrechten gar nicht auseinanderzusetzen".

Der Student fügte hinzu, dass ein "Massenmord" nicht zu Friedensverhandlungen führen könne. "Jede Minute zählt", forderte Yazan bei "Markus Lanz" einen Waffenstillstand, "weil die Geschichte wird uns das nie verzeihen". Er richtete im ZDF-Studio einen Appell an Bundeskanzler Olaf Scholz: "Bitte stoppen Sie dieses menschliche Leid!"

Journalistin fordert: "Waffenstillstand jetzt sofort!"

Dem stimmte Journalistin Khola Maryam Hübsch zu, die ebenfalls die deutsche Bundesregierung kritisierte und sagte: "Ich finde es beschämend, dass unsere Außenministerin, die von einer wertegeleiteten Außenpolitik spricht, (...) nicht in der Lage ist, zu sagen: 'Wir brauchen sofort einen Waffenstillstand.' Wer das nicht über die Lippen bringt, hat seine Menschlichkeit verloren."

Die muslimische Journalistin ergänzte wütend: "Internationales Völkerrecht wird gebrochen. (...) Und wir gucken zu und wir sagen: 'Das wird schon seine Richtigkeit haben. Diesen Kollateralschaden muss man hinnehmen.'" Die Journalistin finde dies nicht nur "unerträglich", sondern sagte auch: "Wer ein Fünkchen Menschlichkeit in sich trägt, der muss sagen: Waffenstillstand jetzt sofort!"

Dem entgegnete CDU-Politikerin Serap Güler mit strengem Blick: "Waffenstillstand können wir morgen haben, (...) wenn die Hamas die Geiseln freigibt. Wenn die Hamas sich ergibt, können wir morgen Waffenruhe haben."

Hilft der Westen zu wenig?

Die Politikerin erwiderte, dass sie es für "pure Hamas-Propaganda" halte, zu sagen, der Westen schaue nur zu und schere sich nicht um das Leid der Menschen in Gaza. Vielmehr werfe sie der deutschen Außenministerin vor, dass sich Deutschland bei der umstrittenen UN-Resolution enthalten hat, denn: "Deutschland hätte, wenn nötig, das einzige Land sein müssen, das mit Nein stimmt."

Khola Maryam Hübsch stellte daraufhin klar, dass Israel natürlich "das Recht, sich zu verteidigen", habe, es gehe ihr vor allem um das "Wie". Die Journalistin fügte hinzu, dass Solidarität ihrer Meinung nach "nie bedingungslos sein" könne und es "keine Rechtfertigung für diese humanitäre Katastrophe" gebe.

Der jüdische Gastronom Uwe Dziuballa sah dies bei "Markus Lanz" anders. Er merkte an: "Momentan ist es nun mal so, dass die Waffen sprechen." Dziuballa ergänzte, dass "das erklärte Ziel der israelischen Regierung" nicht "die Vernichtung des palästinensischen Volkes" sei, "sondern die Vernichtung der Hamas". Zwar zerreiße es ihm "bei jedem Toten, egal bei welcher Religion". Das Herz dennoch sehe er "keine andere Lösung als die Zerschlagung des Terrornetzwerkes".

Markus Lanz: "Ist für Sie Israel ein Apartheidsstaat?"

Khola Maryam Hübsch blieb dennoch bei ihrer Forderung eines Waffenstillstands und erklärte im Gespräch mit Lanz, dass die Ursachen des Konflikts "in einem ungerechten System" lägen. Der ZDF-Moderator fragte daraufhin: "Ist für Sie Israel ein Apartheidsstaat?" Die Journalistin geriet daraufhin ins Stocken und sagte: "Ich fühle mich ehrlich gesagt nicht in der Lage, das angemessen beurteilen zu können."

Lanz ließ jedoch nicht locker und hakte nach: "Sie schließen das aber auch nicht klar aus?" Eine konkrete Antwort konnte er der Journalistin zwar nicht entlocken, doch sie antwortete knapp, dass es aufgrund der "Besatzung" und "Belagerung" in Gaza "keine Menschenrechte, keine Bürgerrechte" gebe.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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