"Little Women" im ZDF: Wenn Schwestern für Aufregung sorgen











Greta Gerwigs "Little Women" kehrt ins ZDF zurück. Die gefeierte Romanverfilmung mit Saoirse Ronan und Florence Pugh verzaubert mit einem erstklassigen Ensemble.
Der Kinosommer 2023 war geprägt von zwei Großproduktionen: Christopher Nolans "Oppenheimer" und Greta Gerwigs "Barbie". Das Duell an den Kinokassen erhielt in den Medien schnell den Namen "Barbenheimer" und fand bei der Oscarverleihung 2024 seinen Höhepunkt. Am Ende triumphierte "Oppenheimer" als großer Gewinner mit sieben Preisen, "Barbie" erhielt gerade einmal – oder immerhin – den Oscar für den besten Song (Billie Eilish und Finneas O'Connell). Bereits 2020 war Regisseurin Greta Gerwig mit der Romanadaption "Little Women" mit gleich mehreren Nominierungen bei den Oscars angetreten. Dass in den Hauptkategorien "Bester Film" und "Beste Regie" nur "Männerfilme" nominiert waren, sorgte im Vorfeld durchaus für Kritik. Ziemlich ironisch, wenn man bedenkt, dass die die Geschichte von vier kreativen Schwestern handelt, die aufgrund ihres Geschlechts massiver Benachteiligung ausgesetzt sind. Das ZDF zeigt "Little Women" in der Nacht zum Freitag.
Louisa May Alcotts Werk, 1868/1869 in zwei Teilen erschienen, ist in den USA Pflichtlektüre in vielen Schulen und wurde bereits 1917 zum ersten Mal verfilmt. Greta Gerwigs großartige Version – die bislang siebte – spielt noch immer im späten 19. Jahrhundert; es gelingt ihr aber geschickt, die Botschaft der Vorlage ins Hier und Jetzt zu transportieren. Auch bei ihr schafft es nur eine der vier Schwestern, ihren Traum – den von der Schriftstellerei – zu leben.
"Machen Sie die Geschichte kurz und pikant, und wenn die Hauptfigur eine Frau ist, sollte sie am Ende verheiratet sein", sagt dann auch zu Beginn des Dramas der alte, weiße Verleger zu der jungen Autorin Jo (großartig: Saoirse Ronan). Jo, die viel mit der Autorin Louisa May Alcott gemein hat, schluckt zwar, freut sich aber dennoch über ihr erstes, mit einer Kurzgeschichte verdientes Geld.
Auf dem Heimweg rennt sie – ähnlich ungestüm wie einst Greta Gerwig, auch Schauspielerin, in "Frances Ha" – durch die Straßen New Yorks. In einer der vielen Rückblenden des kunstvoll mosaikartig erzählten Coming-of-Age-Dramas wird die sieben Jahre jüngere Jo ebenfalls einen wilden, "Gerwig'schen" Tanz hinlegen – und zwar mit ihrer platonischen Liebe, neben einem Ballsaal, in dem es konventionell-steif zugeht, während die beiden wild durch den Raum stieben.
Viereinhalb Schwestern
Recht unkonventionell verhalten sich auch die restlichen Mitglieder der mittellosen March-Familie: Die älteste Schwester, Meg (Emma Watson), will Schauspielerin werden, entscheidet sich aber später für eine Liebesheirat mit einem armen Nachhilfelehrer. Die Jüngste, die freche Amy – überragend verkörpert von Florence Pugh – will Malerin werden. Sie macht sich aber kaum Illusionen über die Möglichkeiten einer Frau in diesen patriarchalen Zeiten, wie sie gegen Ende des Films in einem spektakulären Monolog darlegt. Die gutherzige Beth (Eliza Scanlen) dagegen interessiert sich hauptsächlich fürs Klavierspielen, wird später aber mit einer lebensbedrohlichen Krankheit zu kämpfen haben. Ihre fürsorgliche Mutter Marmee (Laura Dern) zieht ihre Mädchen allein und recht progressiv während des Sezessionskriegs auf.
Charakterdarsteller Timothée Chalamet , mittlerweile eine der größten aktuellen Jungstars in Hollywood, spielt den exzentrischen, von den Mädchen als "fünfte Schwester" akzeptierten Nachbarsjungen Laurie und rundet mit Meryl Streep, welche die wohlhabende, dünkelhafte Tante March verkörpert, den exzellenten Cast ab. Dieser allein macht Gerwigs Ensemblefilm schon zum einzigartigen Filmereignis. Doch auch ein fantastisches Setdesign, die herzerwärmende Kameraarbeit von Yorick Le Saux, der geschickte Schnitt, wohlüberlegte Kostüme (Jacqueline Durran erhielt dafür den einzigen Oscar des sechsfach nominierten Films) und die subtile Musik von Alexandre Desplat tragen dazu bei. Nur hin und wieder verfällt Regisseurin Gerwig in Hektik, was dem Historiendrama bisweilen etwas von seiner Tiefe nimmt. Dennoch zeigte sie schon mit ihrer zweiten Regiearbeit, dass sie eine eigene Handschrift besitzt wie kaum eine zweite Filmemacherin in Hollywood.
Ob Jo March am Ende heiratet oder die Geschichte ihres Lebens – wie einst die unverheiratet gebliebene Autorin der literarischen Vorlage – gänzlich selbstbestimmt weiter schreibt, darf der Zuschauer dank eines raffinierten Drehbuchkniffs selbst entscheiden.
Hauptdarstellerin Saoirse Ronan hatte bereits in Gerwigs Regiedebüt "Lady Bird" die Hauptrolle gespielt und dafür den Golden Globe sowie eine Oscarnominierung erhalten. Anfang Dezember kommt ihr neuer Film "The Outrun" von Regisseurin Nora Fingscheidt ("Systemsprenger") ins Kino. Einen Monat später startet dort auch das Liebesdrama "We Live in Time" mit Andrew Garfield und Florence Pugh, die für "Little Women" als Amy ebenfalls für einen Oscar nominiert war.
Little Women – Do. 19.12. – ZDF: 00.45 Uhr
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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH