Dokumentarfilmer Oliver Schwabe im Interview

David Hasselhoff – der Mensch hinter der Trash-Ikone

von Eric Leimann

Ob David Hasselhoff unter seinem Image als Trash-Ikone leidet? "Ich glaube schon", meint Dokumentarfilmer Oliver Schwabe, der sich in seinem Film "Being David Hasselhoff" vor allem dem Menschen nähern möchte.

"I've Been Looking For Freedom" sang David Hasselhoff zum Silvesterfest 1989/90 auf einem Kran über der seit wenigen Wochen geöffneten Berliner Mauer schwebend. Dass der Song jene Mauer zum Einsturz brachte, ist natürlich Unfug. Auch, wenn man es sich immer wieder erzählt. Trotzdem hatte dieser lockige, muskelbepackt lächelnde Amerikaner einen Stein im Brett der Deutschen. Besonders unter jenen, die aus dem Osten kamen. In den USA wollte das Lied hingegen niemand hören. Dass der Serienstar ("Knight Rider", 1982 – 1986) in Deutschland weit oben in der Hitparade sang, glaubte ihm in der Heimat USA ohnehin niemand. Sogar seine Nachfolgeserie "Baywatch" wurde nach nur einer Staffel 1989 von NBC wegen mieser Quoten abgesetzt. Hasselhoff glaubte dennoch weiter an das Projekt und finanzierte es mit eigenem sowie europäischem Geld weiter. Eine gute Idee, denn die Serie wurde zur einer der wirtschaftlich erfolgreichsten in der Geschichte des Fernsehens.

Mittlerweile ist David Hasselhoff 67 Jahre alt. Noch immer wird er von fast jedem auf der Straße erkannt – in seiner kalifornischen Heimat und in Deutschland. Der renommierte Filmemacher Oliver Schwabe, geboren 1966, hatte sich bereits in seinem Film "Tokio Hotel – Hinter die Welt" (2017) einem umstrittenen Popphänomen genähert. Nun geht er ähnlich unvoreingenommen an die Trash-Ikone David Hasselhoff heran. In "Being David Hasselhoff" (Sonntag, 11. 08., 22.15 Uhr, ARTE) zeigt er "The Hoff" so, wie man ihn wohl noch nie gesehen hat – als Menschen.

prisma: Herr Schwabe, was fanden Sie an David Hasselhoff interessant?

Oliver Schwabe: Eigentlich wollte ich schon vor Jahren die Geschichte des Songs "Looking For Freedom" verfilmen. Viele wissen ja gar nicht, dass dieser Song, von dem es etwas übertrieben hieß, er habe die Mauer zum Einsturz gebracht, eigentlich ein altes Lied war. Es wurde 1978 von Marc Seaberg gesungen, Jack White hatte die Musik geschrieben. Kurz danach gab es eine deutsche Version von Tony Marshall, die hieß "Auf der Straße nach Süden". Und es heißt, Spliff, also die alte Nina Hagen Band, sei die Studioband für die Aufnahme von Tony Marshall gewesen.

prisma: Was wurde aus dem Projekt?

Schwabe: Irgendwie nichts. Vielleicht war die Story nur eines Liedes zu nerdig. 30 Jahre nach dem Mauerfall passte hingegen ein Porträt über Hasselhoff gut ins Programm, denn der Titel war tatsächlich eine Hymne damals – vor allem in Ostdeutschland. Es war ein Lied, das zufällig zur richtigen Zeit am rechten Ort war.

prisma: Wenn David Hasselhoff von seiner Karriere erzählt, scheint es ohnehin so, als sei ihm alles in seinem Leben zufällig passiert. So berichtet er davon, wie er neu in L.A. als Kellner am Strand von Malibu arbeitete und dort für eine Soap verpflichtet wurde ...

Schwabe: Der junge Hasselhoff hatte schon ein Ziel im Leben. Er wollte Musicalstar werden. Dafür hat er auch viel getan. Unter anderem eben, Angebote anzunehmen, die nicht so hundertprozentig das waren, was er sich eigentlich vorstellte. So wurde er als Seriendarsteller entdeckt. Ich würde nicht sagen, dass alles, was er wurde, aus Zufall geschah, sondern dass er einfach recht flexibel war und immer noch ist!

prisma: Mit "Knight Rider" und "Baywatch" hat er in zwei ikonischen Fernsehserien die Hauptrolle gespielt. Haben Sie den Eindruck, dass ihn das glücklich gemacht hat?

Schwabe: Er ist auf jeden Fall sehr dankbar für diese Karriere, die ihm ja auch eine Menge Geld einbrachte. Emotional, so scheint es mir, war ihm aber fast wichtiger, dass er es irgendwann doch noch an den Broadway schaffte. Er ist auch in Las Vegas und London in Musicals aufgetreten. Wenn er davon erzählt, wirkt er sehr angefasst.

prisma: Sie wollten Hasselhoff für Ihren Film mehrere Tage zu Hause besuchen, lange Interviews führen, sich Zeit lassen. Eine ungewöhnliche Anfrage sicherlich. Wie kam die bei ihm an?

Schwabe: Es hat etwa ein halbes Jahr gedauert, bis ich ihn soweit hatte, sich darauf einzulassen. Normalerweise trifft man sich für so ein Porträt irgendwo in einem Fernsehstudio oder Hotel, macht ein Interview und füllt den Rest des Films mit chronologischem Archivmaterial. So etwas hat mich nicht interessiert. Ich sagte ihm, ich wolle mehr über ihn als Menschen erfahren. Das interessierte ihn zumindest so, dass wir immer wieder telefoniert haben. Irgendwann sagte er dann zu.

prisma: Und das lief über ihn direkt, nicht über sein Management?

Schwabe: In diesem Fall schon. Ich kenne jemanden aus seinem Umfeld, so kam der Kontakt direkt zustande. Hasselhoff ist sehr direkt und immer persönlich. Er ruft einen dann auch zwischendurch immer wieder mal an, auch wenn man gar nicht mit ihm rechnet und mit der Familie beim Abendbrot sitzt (lacht). Aber es waren immer sehr lustige Gespräche ...

prisma: Leidet Hasselhoff unter mangelnder Anerkennung? In Amerika war er ja nie als Sänger erfolgreich. Sogar "Baywatch" wurde nach einer Season abgesetzt – und konnte sich nur durch europäisches Geld zu einem Welterfolg entwickeln.

Schwabe: Ich glaube schon, dass er – obwohl er ein Vollprofi und ein sehr positiver Typ ist – ein bisschen darunter leidet, wenn er nur als Trash-Ikone der Unterhaltungsindustrie gesehen wird. Es mag auch ein Grund gewesen sein, warum er meinem Film zugesagt hat. Weil er spürte, dass ich echtes Interesse an ihm habe.

prisma: Hasselhoff ist seit 40 Jahren im Showbusiness. Jeder erkennt ihn, auch in Los Angeles oder am Strand von Malibu, wo sie mit ihm drehten. Man kann nicht sagen, dass er ein vergessener Star von gestern ist ...

Schwabe: Nein, absolut nicht. Als ich ihm sagte, dass ich gerne am alten "Baywatch"-Strand mit ihm drehen würde, meinte er, wir müssten das um sechs Uhr morgens machen, weil es sonst einen Menschenauflauf gäbe. Wir waren dann tatsächlich in der Morgendämmerung dort. Und selbst da hat ihn eine Gruppe junger Surfer, die früh auf den Beinen war, sofort erkannt, ist zu ihm gekommen und wollte ein Autogramm haben.

prisma: Sie sind sogar mit dem "Knight Rider"-Auto mit Hasselhoff am Steuer durch L.A. gefahren!

Schwabe: Ja, allein dafür hat sich der Film gelohnt (lacht). Es ist auch wirklich spannend zu sehen, dass jeder ab einem gewissen Alter diesen Wagen erkannte. Und was die Leute für ein begeistertes Gesicht machten, wenn dann an der Ampel zu erkennen war, dass wirklich Hasselhoff am Steuer saß. Den Originalwagen aus der Serie gibt es allerdings nicht mehr. Aber es existieren ein paar Nachbauten, die sich Hasselhoff für verschiedene Gelegenheiten immer wieder mal ausborgt.

prisma: Sie zeigen im Film auch, wie er im Stadion von Schalke 04 vor 60.000 Fans auftritt. Was interessiert die Deutschen an ihm?

Schwabe: Hasselhoff ist sehr authentisch und positiv. Ich glaube, das spüren die Leute. Natürlich kamen die 60.000 nicht nur seinetwegen und dem Song allein. Das war eine 90er-Jahre- Party, aber "The Hoff" war eben doch der Haupt-Act. Er zieht immer noch wahnsinnig viele Menschen. Ich wollte das auch nie werten, empfinde es aber als erstaunliche Leistung. Es gibt nicht viele Künstler, für die 60.000 Menschen in ein Stadion pilgern.

prisma: Haben Sie denn das Gefühl, David Hasselhoff mit dem Film wirklich nahe gekommen zu sein?

Schwabe: In kurzen Momenten, ja. Natürlich ist der Mann ein Vollprofi. Aber er ist auch einer, der sein Herz auf der Zunge trägt. Wir haben zwei Tage lang in seinem Haus gedreht, insgesamt waren das vielleicht sechs oder sieben Stunden Interviewmaterial. Das ist sehr viel. Ich finde schon, dass die Maske des Stars manchmal fällt. Dann, wenn man spürt, wie sehr sich der Mann nach Anerkennung – hinter all dem Geld und der Popularität – gesehnt hat. Gleichzeitig, und das spricht für ihn, besitzt er sehr viel Selbstironie – was ihn zu einem sehr unterhaltsamen Gesprächspartner macht.

prisma: Ist ihr Film ein Indiz für eine späte Anerkennung Hasselhoffs als Kultstar?

Schwabe: Ich glaube schon, dass es diese Tendenz gibt. Dass Leute heute sagen heute, "Knight Rider" ist cool, David Hasselhoff ist cool. Auf einem neuen Album arbeitet er mit ehemaligen Indie-Größen zusammen und covert Songs von "The Jesus and Mary Chain" oder "Echo & The Bunnymen". Das ist schon ein Hinweis darauf, dass er heute anders gesehen wird.

prisma: Was also mögen die coolen Kids von einst heute am Trash-Star von damals?

Schwabe: Natürlich spielt die Nostalgie der eigenen Jugend eine Rolle. Aber auch, dass er die Gabe besitzt, sich nicht allzu ernst zu nehmen. Er ist immer neugierig und er spielt gerne. Hasselhoff sagt auch erst mal keine Angebote ab, sondern begreift jede neue Anfrage als Chance, sich im fortgeschrittenen Alter noch einmal neu zu erfinden. Wenn er ein Konzert gibt, dann ist das eine große Party. Er freut sich mit den Menschen und die Menschen freuen sich mit ihm. Hasselhoff ist ein Beweis für die Unverwüstlichkeit positiver Energie. Vielleicht ist das sein Erfolgsgeheimnis.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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