"4 Blocks" – Staffel zwei: Die Perfektion der deutschen Gangsterserie
Ob in den berüchtigten Neuköllner Clans eigentlich "4 Blocks" geschaut wird, ist auch als Fun-Fact-Frage kaum gefahrlos zu beantworten. Man darf jedoch davon ausgehen: "Jeder schaut es, jeder mag es", brachte Hauptdarsteller Kida Khodr Ramadan den Erfolg der Gangsterserie auf den Punkt. Manchem Kritiker galt die TNT-Eigenproduktion schon als ein deutsches "Sopranos". Nun geht das mit Grimme- und Deutschem Fernsehpreis ausgezeichnete Epos um einen arabischen Mafia-Clan in Berlin-Neukölln in die zweite Staffel.
Nach einigen toten Hauptfiguren und Inhaftierungen steht ab 11. Oktober (immer donnerstags, 21 Uhr, TNT Serie) wieder Ali "Toni" Hamady (Ramadan) und seine Familie im Mittelpunkt. Aussteigen, wie ursprünglich geplant, will der Clanchef aus dem kriminellen Geschäft nun nicht mehr. Unter neuer Regie von Oliver Hirschbiegel und Özgür Yildirim perfektioniert "4 Blocks" mit Action und Ambivalenz das Genre der deutsche Gangsterserie endgültig.
Als der Pay-TV-Sender TNT Serie seine Eigenproduktion im Mai vergangenen Jahres ausstrahlte, waren die Einschaltquoten im linearen TV mau. Bessere Zahlen erreichten die sechs Episoden online: Auf den Streamingkanälen von Sky schauten fast eine Million Zuschauer zu. Neben diesem Erfolg waren für die Produktion der zweiten Staffel jedoch vor allem die überschwänglichen Kritiken ausschlaggebend. Die zuvor kaum oder nur in Slapstikform existente deutsche Mafia- und Gangsterserie – sie wurde mit "4 Blocks" erst definiert. Der Schöpfer und Regisseur der ersten Staffel Marvin Kren zog sich in die Produzentenrolle zurück. Die Regie teilten sich Oliver Hirschbiegel ("Der Untergang") und Özgür Yildirim ("Nur Gott kann mich richten").
Neukölln zwischen Freundschaften, Familie und Verrat, zwischen Zusammenhalten und Zusammenschlagen – noch immer steht der berüchtigte Bezirk Berlins im Zentrum, der seit langem als Inbegriff von Armut, Kriminalität und fehlgeschlagener Integration herhalten muss. Kaum ein anderer Stadtteil in Deutschland besitzt einen derartigen Ruf als arabische Hochburg und Problembezirk; zugleich avancierte Neukölln in den vergangenen Jahren zum neuen Hipster-Hotspot der Republik. Aktuell brisant: Mit der derzeitigen Eskalation der Clangewalt kommt "4 Blocks", dessen fiktionaler Gehalt und Verständnis als reines Kunstwerk auffällig oft betont wird, zu einem heiklen Zeitpunkt.
Nah an der Dokumentation ist "4 Blocks" deshalb noch lange nicht. Viel zu offensichtlich orientieren sich die Figuren an den Klassikern der US-Gangsterfilme und -serien; vor allem Toni, der wie einst Namensvetter Soprano ambivalent zwischen brutalem Boss und liebendem Familienvater changiert. Ramadan verleiht seiner Figur, die vom Oberboss im Libanon zum neuen Berlin-Chef erkoren wird, die nötige Tiefe und einen Grad von nur am Rande klischeebehafteter Street-Credibility, wie sie im deutschen Film selten zu finden ist. Er und Rapper Veysel Gelin, der seinen inzwischen inhaftierten Bruder Abbas verkörpert, bilden in "4 Blocks" ein kongeniales Gangster-Duo, wie man es hierzulande noch nicht gesehen hat.
Die sieben neuen Episoden strotzen nur vor markigen Ansagen ("Die Familie wird wachsen. Berlin gehört jetzt uns") und Überfällen, vor Drogengeschäften und Mafia-Konkurrenz. Während sich sein Bruder vor Gericht verantworten muss, erfüllt sich Toni einen Wunsch und steigt dick ins Immobiliengeschäft ein. Wäre da nicht der neue Gegenspieler, Mohammad Al-Saafi, der ihm das Leben schwer macht und gar versucht, junge Nachwuchsgangster zum Überlaufen zu bewegen. Wie verlässlich sind eigene Leute wie Latif (Rapper Massiv), dem Toni das Drogengeschäft anvertraut?
Ein inzwischen verhärmter Hauptermittler Kutscha (Oliver Masucci) macht weiter Jagd auf die Hamadys, während die Frauen der Familie zwischen Treue (Abbas Freundin Ewa, gespielt von Karolina Lodyga) und Zweifel (Schwester Amara, gespielt von Almila Bagriacik) in der hochspannenden Handlung mehr und mehr Raum erhalten. In neuen Rollen zu sehen sind unter anderem David Schütter, Uwe Preuss – und mit dem Hamburger GZUZ in einer überzeugenden Knast-Rolle ein weiterer Rapper.
Quelle: teleschau – der Mediendienst