ARD-Satire

"Big Manni": groteske Hochstapler-Geschichte nach einer wahren Begebenheit

von Eric Leimann

Die Realsatire mit dem Schwarzwälder "Tatort"-Kommissar Hans-Jochen Wagner zeichnet den Skandal um die badische Firma FlowTex nach. Ende der 90er flog der größte Wirtschaftsbetrug auf, den die BRD bis dahin gesehen hatte: Fünf Milliarden D-Mark Schaden waren entstanden.

ARD
Big Manni
Komödie • 01.05.2019 • 20:15 Uhr

Dass der schöne Schein oft weiter trägt als ein Ritt auf harten Fakten, davon hat selbst Otto Normalverbraucher schon gehört. Spätestens seit der Bankenkrise oder zuletzt dem Dieselskandal. Als man noch Vertrauen in die Seriosität von Wirtschafts- und Finanzwelt hatte, genauer gesagt in der BRD der 90er, widmete sich der Unternehmer Manfred Schmider in Ettlingen bei Karlsruhe einer kühnen, clever klingenden Idee. Seine Firma FlowTex baute ab 1994 neuartige Horizontalbohrer, die wie von Geisterhand unterirdisch Leitungen verlegen sollten. Ohne dass man Straßendecken und Böden hierfür aufreißen musste. Das Problem war nur: Die Methode funktionierte nicht wirklich gut. Unternehmer Schmider – der im Film "Big Manni" Brenner heißt und vom Schwarzwälder "Tatort"-Kommissar Hans-Jochen Wagner dargestellt wird – hatte daraufhin eine im wahrsten Sinne des Wortes "blendende" Idee. Er verkaufte über 3.000 dieser Bohrmaschinen zu einem Stückpreis von 1,5 Millionen D-Mark an Financiers, ließ in Wahrheit aber nur weniger als 300 produzieren,

Die Methode des jovialen, Dialekt sprechenden Power-Unternehmers aus dem Ländle glich einem betrügerischen Schneeballsystem. FlowTex verkaufte fingierte Bohrsysteme an Leasinggesellschaften und Banken, danach leaste er die Maschinen wieder zurück. Damit "Manni" die Raten für nicht existente Maschinen bezahlen konnte, wurden immer mehr Phantom-Maschinen an die Geldgeber verkauft. Während der Betrugsschaden immer größer wurde, führte der Unternehmer ein Leben auf großem Fuß. Von seinem Versailles-artigen Haus über den Hügeln Karlsruhes schwebte er zweimal täglich per Helikopter in sein nur zehn Kilometer entferntes Büro. Banken, Steuerbehörden und Politiker, die sich im Glanze von "Big Manni" sonnten, schauten nicht so genau hin – und freuten sich über die Goldgräberstimmung in der Region.

Der Fall flog 1999 auf. Es war der größte Wirtschaftsskandal der Bundesrepublik Deutschland bis dahin. Wie soll man eine derart unfassbare Geschichte in einen Film verpacken? Die Drehbuchautoren Johannes W. Betz ("Die Spiegel-Affäre") und Jürgen Rennecke entchieden sich für einen satirischen Ansatz. Wobei man wohl gar nicht so viel erfinden und überhöhen musste, weil das Originalgeschehen schon schräg genug gewesen sein muss. Wortreich befeuert von schwäbischem und badischem Idiom erquickt sich das Ensemble um Charakter-Darsteller Hans-Jochen Wagner am Aufbruch in einen immer größeren Wohlstand, dem Leben in Saus und Braus oder zumindest der Aussicht, durch die Nähe zu "Big Manni" demnächst daran teilzunehmen. Einzig und allein Kommissar Bärlach (Felix Eitner) zweifelt am ehemaligen Schulkollegen Manni und verbeißt sich in dessen Fall.

Während das Drehbuch detailreich unterschiedliche Geschäftsideen, Betrugsmodelle und Recherchen von Mannis Gegnern beleuchtet, kommen die Charaktere bei Regisseur Niki Stein ("Rommel") fast ein bisschen kurz. Als Zuschauer folgt man den kolportagehaften Darstellungen bass erstaunt, kann dabei aber kaum Empathie für das Personal dieses 90-Minüters aufbringen. Irgendwie bleibt auch bei der filmischen Umsetzungen dieser grotesken Hochstapler-Geschichte vieles beim schönen Schein. Dabei lässt das Zusehen ein Vertrauen in die Menschheit wieder mal um ein Jota schwinden. Trotzdem bleibt die Groteske "Big Manni" in all ihrer Grellheit irgendwie sehenswert. Einfach, weil die Geschichte so unglaublich ist. Selbst dann, wenn man sich vor diesem fast durch die Bank weg unsympathischen Personal hin und wieder gerne fremdschämend abwenden möchte.

Die wahre Geschichte des Manfred Schmider erzählt im Anschluss um 21.45 Uhr die Dokumentation "Big Manni – Big Money". Martina Treuter, Cordelia Marsch und Stefan Tiyavorabun haben diese 30 nonfiktionalen Filmminuten ebenfalls für den SWR gedreht. Bleibt eben alles im Ländle.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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