Dokumentation

"Armes Huhn – armer Mensch": die Illusion der "artgerechten" Tierhaltung

von Eric Leimann

Nur elf Prozent der Eier, die in Deutschland gegessen werden, stammen tatsächlich aus ökologischer Haltung. Die Doku informiert detailliert und lehrreich über Hühnerglück, Massentierhaltung sowie Verbraucher-Illusionen zu "artgerechter" Tierhaltung.

ARTE
Armes Huhn – armer Mensch
Dokumentation • 30.04.2019 • 20:15 Uhr

Über 90 Prozent der Eier, die wir verzehren, kommen aus Massentierzucht. Egal, ob es sich dabei um Freiland-, Boden- oder sogar Bioeier handelt. 26 Millionen Hühner werden in Deutschland per Bodenhaltung "versorgt". Hierzulande ist es die meistverbreitete Art, Eier oder Geflügelfleisch zu produzieren. Diese "getunten" Hühner legen fast jeden Tag ein Ei. Zum Vergleich: Das asiatische Urhuhn, eine "Basisvariante" des Tieres, legt 18 Eier pro Jahr. Der 75 Minuten lange Dokumentarfilm "Armes Huhn – armer Mensch" von Jens Niehuss und Simone Bogner stellt den meisten Haltern und Konsumenten ein schlechtes Zeugnis aus.

Der Beitrag beginnt auf einem Thüringer Bio-Hühnerhof, auf dem ein Idealist gut 3.000 Hühner hält. Die Tiere haben dank mobilem Hühnerstall üppige und wechselnde Freiland-Flächen zu Auswahl, sie leben in überschaubar großen Gruppen. "Normale Herden bestehen nur aus 15 bis 20 Hühnern", sagt eine Tierschützerin. In industriellen Hühnerfarmen sind hingegen tausende auf engen Raum eingesperrt. Purer Stress für die Tiere.

Trotzdem erhält der Idealist mit den glücklichen Hühnern auch nur etwa 30 Cent für seine Eier, die tatsächlich – was man auch schmecken kann – von glücklichen Hühnern stammen. Sein Betrieb, das sind er und seine Frau, denn Angestellte kann er sich nicht leisten, arbeitet am Existenzminimum.

Nur elf Prozent der Eier, die in Deutschland gegessen werden, stammen tatsächlich aus ökologischer Haltung. Dass jene 63 Prozent, die der Bodenhaltung entspringen, eben nicht auf artgerechte Tierhaltung zurückgehen, erfährt man in diesem informativen Film. Er ist klar bebildert und getextet. Eine angenehm unpolemische Dokumentation, die man auch Lehrern und Schulklassen empfehlen möchte.

Später werden dann auch größere, internationale Bögen der Hühnerwirtschaft gespannt. So stößt das Filmteam in Ghana auf tiefgefrorene Billighühner aus Europa, leere Hühnerställe und große Armut. "Unsere Agrarpolitik in Europa erzeugt auf der anderen Seite der Welt Flucht", sagt die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl. Spätestens an dieser Stelle vergeht einem der Appetit aufs Billigei – und das ist auch gut so.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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