"Dahoam is Dahoam"-Schauspieler

"BlankWeinek" starten mit Debütalbum durch

von Frank Rauscher

"Dahoam is Dahoam"-Schauspieler Harry Blank und TV-Manager Andreas Weinek starten mit ihrer Combo BlankWeinek durch. Dabei trifft "Bairisch" auf "Steirisch" – und das klingt richtig gut.

Sie singen vom Leben, Lieben und vom Sterben, vom Abstürzen und vom Aufstehen, manchmal geht's auch nur ums Saufen, aber besonders trefflich singen sie davon, wie das alles zusammenpasst: Das bayerisch-steirische Mundart-Duo BlankWeinek steht in bester Liedermachertradition: Harry Blank und Andreas Weinek sind Geschichtenerzähler, die ihre Lebenserfahrung zum Repertoire erklärt haben: Auf dem Debütalbum "Dahoam" (hier bei Amazon bestellen) geben sie sich mal melancholisch und nachdenklich, mal ganz beschwingt und zünftig. Aber am allerliebsten ordern sie einfach noch "A Hoibe" und reden herrlich g'scheit daher: BlankWeinek sind Stammtischphilosophen mit Herz und viel Gefühl für das, was zählt – am Tresen und im Leben. "Wenn wir in Fahrt sind, fliegt der Schmäh umanand, dass es eine Freude ist", verrät Andreas Weinek, mit 55 Jahren der ältere der beiden "Newcomer", worauf die besondere Stimmung ihrer "Bairischen Chansons", wie sie selbst ihre Musik nennen, basiert. Der Medienmanager und musikalische Tausendsassa Weinek und der "Dahoam is Dahoam"-Schauspieler und Sänger Blank (49) haben sich mit zahlreichen Auftritten bereits eine Fangemeinde erspielt, nach der Ep "Heimspiel" von 2016 war das nun veröffentlichte Album gewissermaßen überfällig.

prisma: Treffen sich ein Bayer und ein Österreicher ... – So fangen normalerweise schlechte Witze an!

Andreas Weinek: (lacht) Natürlich wissen wir um die Klischees. Hier und da spielen wir damit – aber es geht allenfalls im Subtext um Identitäten. Ich rolle keine fertigen Geschichten aus, bei uns soll mitgedacht werden. Es geht darum, Emotionen zu erzeugen. Nicht von ungefähr haben wir einen Schauspieler als Sänger. Harry macht mit seiner Interpretation und seiner Wahnsinnsausstrahlung aus meinen Texten etwas sehr Eigenständiges. "Bairisches Chanson" – passt doch, oder?

prisma: Hört man Ihre Lieder, kommen einen auf jeden Fall verschiedenste Assoziationen in den Sinn: von STS über Danzer bis hin zu Mumford & Sons. Sie sind in Ihrem Geschmack offenbar nicht festgelegt ...

Weinek: Ganz und gar nicht. Mich interessiert Musik immer – vor allem, wenn sie handgemacht ist und eine schlaue Idee dahinter steckt. Ich höre alles Mögliche, zum Beispiel gerade straighten Rock von The Gaslight Anthem oder Klassiker wie Giant Sand.

prisma: Einen Newcomer-Act darf man, auch wenn die Musik um die 50 sind, schon mal nach dem Selbstverständnis fragen: Was macht Ihre Lieder aus?

Weinek: Eingängigkeit, aber auch eine gewisse Melancholie, ein subtiler Umgang mit Sprache und dem Begriff Heimat. Harry Blank und ich kommen aus unterschiedlichen Kulturkreisen – daraus ziehen wir einiges. Wenn wir in Fahrt sind, fliegt der Schmäh umanand, dass es eine Freude ist.

prisma: Wie kamen Sie beide zusammen?

Weinek: In der Kurzform: Ich war auf der Suche nach einem Sänger, er wurde mir empfohlen. Als wir uns vor vier Jahren trafen, war es Liebe auf den ersten Blick. Seit der ersten gemeinsamen Probe bin ich gar nicht mehr zu halten. Seitdem sind wir Freunde, ich schreibe wie der Teufel und hatte bald 40, 50 Lieder in der Schublade – eine Auswahl findet sich nun auf dem Album.

prisma: Wie entstehen Ihre Songs?

Weinek: Meistens fällt mir frühmorgens beim Laufen etwas ein. Eine Hook, ein Riff, eine Textzeile ... Dann beginne ich, daraus etwas zu machen. Das Texten geht schnell, wenn's mich packt, nicht länger als zehn Minuten.

prisma: Wie geht's nun weiter?

Weinek: Hoffentlich auch in schnellen Schritten. Uns unterscheidet ja etwas Grundlegendes von jungen Bands. Wir können nicht sagen: The Sky is the Limit, basteln wir die nächsten 25 Jahre einfach mal an der Karriere und probieren dies und das. Wir sind um die 50 – da gehst' anders an die Sache ran. Konkreter, ernsthafter als jede Garagenband. Das Alter hat seine Vorteile.

prisma: Sie kennen das Geschäft ohnehin aus dem Effeff – in den 90er-Jahren arbeiteten Sie als Manager bei einer großen Plattenfirma ...

Weinek: Ja, und das Erstaunliche ist, dass mich diese Erfahrung nicht abhält, das Projekt zu starten (lacht). Nein im Ernst: Ich wusste von Anfang an, was ich will: ein Projekt, in dem ich mit professionellen Musikern zusammen meine Leidenschaft für die Musik ausleben darf.

prisma: Helden Ihnen Ihre Kontakte in die Musik- und Medienbranche?

Weinek: Ja, klar. Auch die Popularität von Harry schadet natürlich nicht. Uns wurden Türen geöffnet. Wobei: Singende Schauspieler sind schon zur Genüge gescheitert, aber so sind wir nicht aufgestellt. Wir verstehen uns als offenes Projekt. Im Zentrum steht das Duo Blank und Weinek. Wir müssen variabel bleiben, auch weil wir und unsere Gastmusiker noch andere Verpflichtungen haben. So etwas ist mit Orga-Aufwand verbunden.

prisma: Und das neben einem Fulltimejob!

Weinek: Ja. Aber so viel auch zu tun ist, das Irre ist: Die Arbeit mit der Band beflügelt mich. All die Begegnungen mit Menschen, die genau wie ich von der Musik beseelt sind, geben mir die Energie, die ich im beruflichen Alltag auch brauche.

prisma: Wenn Sie nicht wollen, dass das als Floskel rüberkommt, sollten Sie versuchen, es zu erklären ...

Weinek: (lacht) Sie sind kein Musiker, oder? Musiker haben ihre eigene Sprache. – Für echte Musiker ist das miteinander Spielen anregender als jedes Gespräch. Wenn wir im Proberaum beim Singen zum ersten Mal einen Dreier- oder Viererakkord aufgebaut haben, dann siehst du in jedem Gesicht, wie den Kollegen das Herz aufgeht. Am meisten freue ich mich auf die Konzerte, aufs Touren.

prisma: Weil der Familienvater Weinek Bock auf ein bisschen Sex, Drugs und Rock'n'Roll hat?

Weinek: Naa! Es geht mir ums Auftreten an sich, darum, die Zeit im Umfeld von gleichgesinnten Wahnsinnigen zu verbringen. Das erdet, das vertreibt die Sorgen, bringt mich wieder runter. Da bin ich bei mir, das ist die richtige Welt.

prisma: Gar kein Lampenfieber?

Weinek: Nein, ich habe Harry – er ist die Rampensau. Ich fühle mich wohl, wenn ich im Hintergrund stehen und an den Strippen ziehen darf. Wir sind ein gutes Team und nehmen uns nichts weg. Wir glauben an dasselbe Ziel.

prisma: Reich und berühmt zu werden?

Weinek: Naja, zumindest Verlustgeschäft sollte es keines sein. Aber eigentlich ist es der Weg, den ich mit "Ziel" meine: das gemeinsame Musizieren, das Ding am Laufen zu halten – das ist der Erfolg, von dem wir träumen. Wenn wir dabei das Familienleben, unsere Hauptjobs und anderen Projekte unterkriegen, ist alles perfekt.

prisma: Andere Projekte?

Weinek: Ja, wir sind zwei getriebene Kreative. Harry schreibt gerade seinen ersten Roman. Das habe ich hinter mir ("Nacht des Ketzers: Ein Roman um Giordano Bruno", d. Red.). Aktuell widme ich mich dem Verfassen von journalistischen Artikeln – natürlich immer mit dem gewissen Augenzwinkern. Unlängst schrieb ich einen satirischen Beitrag über den Nationalsozialismus für ein Magazin.

prisma: Was fällt Ihnen beim Nationalsozialismus denn Augenzwinkerndes ein?

Weinek: Vieles. Ich schrieb etwa über den paradoxen Umstand, dass man zwar über Hitler ohne Weiteres lachen darf, was auch gut so ist, aber ein Hakenkreuz per Gesetz nicht zur Karikatur taugt. Auch schön: Wissen Sie, wo die Fanta herkommt?

prisma: Die Fanta? Nein.

Weinek: Die wurde 1942 in Essen erfunden – die Nazis brauchten ein Getränk, das die bis dahin sehr beliebte US-amerikanische Cola ablöste. Über solche randständigen Dinge mache ich mir eben so meine sarkastischen Gedanken. Ich suche nach Zusammenhängen und versuche all das ein bisschen zu verarschen. Man muss viel öfter mal sagen, wie lachhaft der ganze rechte Zirkus ist.

prisma: Dann direkt die Frage an den Senderchef von History: Wenn der rechte Zirkus so lachhaft ist, warum ist er dann wieder so erfolgreich?

Weinek: Wie viel Zeit haben wir? Flüchtlingsthematik, Integration, die Fehler der Politik, soziale Kälte ... Ein Punkt hat tatsächlich mit dem sich verändernden Konsum von Medien zu tun: Jeder versorgt sich mit Informationen nach seinem Gusto, aber dann wiederum kuschelt man in Communitys mit Gleichgesinnten. Die Aluhutfraktion, Verschwörungstheoretiker, Leute, die vor 20, 30 Jahren auch schon da waren, nur eben ohne Resonanz, klopfen sich in Kommentarspalten auf die Schultern und gewinnen an Selbstbewusstsein. Die Freaks fühlen sich nicht mehr alleine. Das trifft insbesondere auf Rechtsextreme zu. Der Stammtisch, an dem sie mit ihren Parolen um sich werfen, ist das Internet, das ist gefährlich.

prisma: Weshalb?

Weinek: Es gibt gefühlt immer weniger common sense, dafür aber immer absurdere Auswüchse, die immer mehr als gebräuchliche Haltung empfinden. Warum konnte denn praktisch über Nacht rechtes Gedankengut wieder salonfähig werden? Also: Ja, wir haben ein riesiges Integrationsproblem, aber das hat nichts mit Ausländern zu tun, sondern die Frage ist: Wie holen wir die Verblendeten, die sich von unseren Werten verabschiedet haben, in die Mitte der Gesellschaft zurück? Darum sollte sich jeder Politiker kümmern, dem seine Heimat etwas wert ist.

prisma: Was ist Heimat für Sie?

Weinek: Vieles. Heimat ist ein Gefühl, das wie jede Emotion Schwankungen unterliegt. Heimat verändert sich. Ich zum Beispiel lebe seit über 20 Jahren in Deutschland. Heute würde ich sagen, dass ich Deutschland als Heimat empfinde. Aber das kann sich schon morgen ändern. In unseren Liedern dreht sich fast alles irgendwie um Heimat, aber wir stellen den Begriff ständig in Frage. Weil er hinterfragt werden muss! Denn uns ist bewusst, was im Namen eines falsch verstandenen Heimatbegriffs Schlimmes geschehen ist – und neuerdings wieder geschehen könnte, wenn wir nicht aufpassen.

prisma: Sie spielen auf den Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl und auf das jüngste Wahlergebnis in Österreich an?

Weinek: Ja. Wir Ösis haben blöd g'schaut nach der Wahl. Aber das war nur wieder typisch für den österreichischen Verdränger – von wegen: "Geh, es wird scho' net so schlimm werden!" Das hat uns kalt erwischt, ich spüre bei vielen meiner Bekannten in Österreich das blanke Entsetzen. In Deutschland sieht es ähnlich düster aus. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Heimat ist dringlicher denn je. Wir tun es auf unsere Weise im ersten Video, das wir zur Single "Gemeinsam" produziert haben. Es geht humorvoll und positiv um Gemeinsamkeiten von uns Menschen ...

prisma: Im Video radeln Sie und Harry Blank auf einem Tandem durch eine Fantasielandschaft ...

Weinek: Und wir begegnen dabei allerlei skurrilen Szenen. Personen oder Ereignissen, die etwas mit "Gemeinsam" zu tun haben. Bei uns ist halt das Glas immer halbvoll. Wir sind Berufsoptimisten, und das kommt auch in unseren Liedern immer zu Ausdruck. Fast immer ...

prisma: Dafür, dass Ihre Texte in keinster Weise politisch sind, kommen Sie im Gespräch explizit zur Sache.

Weinek: Ja, natürlich, wir sind sehr politisch, alle beide. Jeder ist politisch. Schon wenn wir über Heimat sprechen, ist das zwangsläufig politisch. Was wir aber nicht wollen, ist, in unseren Liedern den Zeigefinger auszufahren. Die Moralkeule, das Plakative ist nicht meine Art des Songwritings. Und wenn sich auf "Welt" "Geld" reimt, krieg' ich eh Ausschlag.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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