"Das Salz der Erde": Schwarz, weiß und viel dazwischen

von Diemuth Schmidt

Sebastião Salgado beschreibt die Welt in Licht und Schatten. In den letzten 40 Jahren erlangte der brasilianische Fotograf Weltruhm durch seine intensiven Schwarz-Weiß-Bilder. Seine Reportagen haben den Blick auf die Welt beeinflusst. Dabei bleibt er nah dran an den Menschen, die er in ihrer Schönheit genauso wie in ihrer Bestialität zeigt. Trotz allem sind und bleiben sie für den Künstler "Das Salz der Erde". So lautet auch der Titel des Dokumentarfilms von Wim Wenders und Salgados Sohn Juliano (2014). Das Erste zeigt den Film, der unter anderem in Cannes prämiert wurde und für einen Oscar nominiert war, erstmals im deutschen Free-TV.

ARD
Das Salz der Erde
Dokumentarfilm • 01.11.2017 • 22:45 Uhr

Auch wenn Julianos Kindheit vom Exil in Paris geprägt war: Über die Abwesenheit seines Vaters Sebastião hört man keine Klagen von ihm. Bei seiner Rückkehr hatte der Vielreisende die abenteuerlichsten Geschichten im Gepäck, von Goldgräbern, Feuerwehrleuten in Kuwait oder ganz ursprünglich lebenden Volksgruppen überall auf der Welt. Er sei ihm wie ein Superheld vorgekommen, sagt Juliano im Film.

Kaum erwachsen, griff der Sohn selbst zur Kamera und begleitete den Vater als Dokumentarfilmer auf seinen Reisen. Das Filmmaterial zeigt Sebastiãos Art zu arbeiten, erzählt aber auch viel über Vater und Sohn und die Intensivierung ihrer Beziehung. Den größten Teil des Films aber nehmen Sebastião Salgados Fotos ein, die hier anders wirken können als in einer Ausstellung oder einem Bildband. Sie erscheinen in einer Inszenierung auf der Leinwand, größer als je zuvor gesehen, mit Musik untermalt und begleitet von Erzählungen ihres Schöpfers.

Intime Dunkelkammersituationen 

Zunächst entsteht das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein. Wenders trifft Salgado, aus einer schier unendlichen Fülle wählen die beiden vor den Augen des Zuschauers Bilder aus. Dann verändert sich die klassische Gesprächssituation. Nach Wenders' anfänglichem Auftreten als eine Art "Übersetzer" verschwindet der Filmemacher langsam aus dem Bild und überlässt Geschichtenerzähler Salgado die Führung. In intimen Dunkelkammersituationen sieht man ihn gleichzeitig mit dem Bild, das er kommentiert. Das Gesehene erreicht zusammen mit seinen Worten und seinem ausdrucksstarken Gesicht eine für den Zuschauer enorme Intensität.

Immer wieder zieht es Salgado nach Afrika, ins "Herz der Finsternis" wie Wim Wenders den Kontinent in einem seiner sparsamen Off-Kommentare bezeichnet. Dürren, Krieg, Epidemien, Massenmorde – die Liste der Grausamkeiten ist lang. An dem Punkt angekommen, an dem man sich fragt, wie jemand das überhaupt ertragen kann, beginnt ein neues, erlösendes Projekt: "Genesis". Salgados Seelenreinigung setzt an den paradiesischen Orten der Erde ein, an Plätzen, die bis zum heutigen Tag so gut wie unberührt sind. "Das erste Mal fotografiere ich andere Tiere als die Menschen", sagt Salgado. Und auch dabei gelingt ihm der tiefe Blick in die Seele.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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