Burlesque-Ikone

Dita Von Teese: "Ich lasse mich nicht anfassen"

von Katja Schwemmers

Dita Von Teese ist die große Ikone des Burlesque-Revivals. Spätestens seit ihrer Ehe mit Schockrocker Marilyn Manson ist Von Teese (bürgerlich Heather Renée Sweet) selbst ein echter Star und badet von Berufs wegen gerne im Martini-Glas. Und nun singt sie auch noch! Gemeinsam mit dem französischen Songwriter Sébastien Tellier hat die 45-jährige Amerikanerin ihr selbstbetiteltes Debütalbum aufgenommen.

Zum Gespräch in einem Berliner Luxushotel erscheint sie perfekt gestylt in einem engen schwarzen Kleid. Gekünstelt wirkt sie aber zu keinem Zeitpunkt.

prisma: Mrs. Von Teese, Sie gelten als jemand, der in besonderem Maße auf seine äußere Erscheinung achtet. Können Sie sich vorstellen, in 30 Jahren als dicke Frau auf der Couch zu sitzen?

Dita Von Teese: Ich hoffe, dass das nicht passiert! Ich versuche, ständig in Bewegung zu bleiben. Frauen, die doppelt so alt sind wie ich, sagen mir immer wieder: Das Wichtigste, was man für sich tun kann, ist in Bewegung zu bleiben. Deshalb gucke ich auch selten Fernsehen. Ich will kontinuierlich etwas tun. Binge-Watching gibt es bei mir nur, wenn ich unterwegs bin. Die Leute fragen mich immer: "Was ist Dein Geheimnis? Wie schaffst Du es, den inneren Schweinehund zu überwinden und Dein Work-Out durchzuziehen?"

prisma: Und Ihre Antwort?

Von Teese: (lacht) Ich denke daran, wie glücklich ich sein kann, dass ich überhaupt in der Lage bin, meine Beine zu bewegen. Manche Menschen haben diese Möglichkeit nicht, weil sie vielleicht einen Unfall hatten oder krank sind. Das bringe ich mir immer in Erinnerung, um aufzustehen und etwas zu tun.

prisma: Würden Sie Karl Lagerfeld zustimmen, der sagte: "Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren"?

Von Teese: Alles, was Karl sagt, ist für die Masse empörend. Das liebe ich am meisten an ihm! Und ja, ich denke, ich muss ihm zustimmen. Es ist sehr verführerisch, es sich bequem zu machen. Aber es gehört zur Disziplin dazu, sich der Bequemlichkeit nicht gänzlich hinzugeben.

prisma: Zu Ihren Aktivitäten gehört seit Neuestem auch die Musik. Können Sie sich den Gesang auf Ihrem Debütalbum gut anhören?

Von Teese: Ich versuche das tunlichst zu vermeiden! Aber klar, ein paar Mal musste ich die Platte während ihrer Entstehung schon hören. Das ist sehr sonderbar für mich. Aber wenn schon, dann höre ich mir am liebsten mein Duett mit Sébastien Tellier an, denn ich liebe seine Stimme. Er hat das Album für mich geschrieben. Es ist also seine Sicht auf mich und mein Leben.

prisma: Aber Sie erkennen sich darin wieder?

Von Teese: Sagen wir so: Es war anfangs nicht ganz einfach für mich, mich darauf einzulassen. Wenn es um Burlesque geht, habe ich die völlige Kontrolle und jede Menge Selbstbewusstsein. Mit dem Album ist es aber fast so, als würde jemand die Tür zu meinem Privatleben öffnen. Meine Stimme transportiert meine Verletzlichkeit. Sie ist kein Produkt meiner Fantasie wie meine Burlesque-Shows, und man kann sie auch nicht manipulieren. Ich musste fürs Singen wirklich meine Komfortzone verlassen.

prisma: Aber auf Ihrem Weg an die Spitze des Burlesque-Revivals mussten Sie sich sicherlich auch oft überwinden, oder?

Von Teese: Eigentlich nicht. Es waren viele kleine Momente, die dorthin führten. Ich begann in jungen Jahren als Balletttänzerin. Ich war es also gewohnt, auf der Bühne zu stehen und mich wohl mit meinem Körper zu fühlen. Mit 18 fing ich an, in Nachtclubs aufzutreten. Ich hatte viel Zeit, um die Babyschritte zu machen. Und ich habe mich nie dafür geschämt, als Stripperin mein Geld zu verdienen.

prisma: Gab es Zeiten, in denen man Sie unterschätzt hat oder als einfaches Pin-up-Püppchen abstempelte?

Von Teese: Ja, na klar. Es gibt immer mal Fotografen, die nicht gerade für beste Stimmung am Set sorgen. Was ich überhaupt nicht ausstehen kann ist, wenn mich Leute am Arm anfassen und irgendwo hinschieben wollen. Ich kann schon gut alleine meinen Weg finden! Ich lasse mich jedenfalls nicht rumschubsen oder anfassen. Da kann ich schon mal recht deutlich werden.

prisma: Mittlerweile haben Sie zwei Bücher veröffentlicht, diverse Parfüms und eine Damen-Unterwäsche-Kollektion auf den Markt gebracht. Ist das, was Sie tun, mehr Spaß oder mehr Business?

Von Teese: Das alles hätte ich mir früher nicht ausmalen können. Ich habe mit dem Burlesque-Tanz aus Spaß angefangen. Ich hätte nie gedacht, dass ich damit einmal berühmt werden würde. Irgendwann wurde aus dem Spaß dann auch Ernst: Ich musste Business-Entscheidungen treffen. Es war eine steile Lernkurve.

prisma: Wie wichtig war Schockrocker Marilyn Manson, mit dem Sie bis Anfang 2007 verheiratet waren, für Ihre Karriere?

Von Teese: Nun, wir waren sieben Jahre zusammen. Ich denke also nicht so viel darüber nach, wie wichtig er für meine Karriere war, sondern viel mehr darüber, welche Bedeutung er für mein Leben generell hatte. Ich habe aus jeder meiner Langzeitbeziehungen eine Menge gelernt. Ich bin froh, dass wir mittlerweile Freunde sein können. Ich war erst Anfang Januar auf seiner Geburtstagsparty – da ging es ziemlich wild zu. Wir hatten damals eine interessante Künstler-Muse-Beziehung. Er hat mir gerne von seinem Rampenlicht abgegeben. Aber er hat auch meine Welt als Inspiration für seine Musik benutzt. Es war ein Geben und Nehmen.

prisma: Aber von den Typen mit Bad-Boy-Image sind Sie inzwischen geheilt, oder? Sie sind ja seit vier Jahren mit dem eher braven Graphik-Designer Adam Rajcevich liiert.

Von Teese: Das stimmt! Ich bin an einem Punkt in meinem Leben, wo ich nicht mehr so viel Drama haben möchte. Was nicht heißen soll, dass ich einen Rockstar geheiratet habe, weil ich das Drama liebte – so war es ja auch nicht immer mit Manson.

prisma: Würden Sie gerne noch einmal heiraten?

Von Teese: Ich lebe mit meinem Freund zusammen. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich die große Hochzeit meines Lebens schon hinter mir habe. Und die Zeremonie als solches hat mir nicht einmal Spaß gemacht. Es fühlte sich eher wie eine Performance an, wie ein Auftritt. Ich fühlte mich sogar recht unwohl, den Traualter hinunter zu schreiten.

prisma: Wo ist denn da die romantische Dita?

Von Teese: Ja, ich weiß, es hört sich hart an. Aber ich war nie so drauf, dass ich sagte: "Das wird jetzt der schönste Tag meines Lebens." Andere Mädchen sind getrieben von der Vorstellung einer Hochzeit. Für mich war das alles eher merkwürdig.

prisma: Und Mutter zu werden, ist auch nichts für Sie?

Von Teese: (pausiert kurz) Ich habe das Gefühl, dass es gut überlegt sein muss, ob man noch mehr Menschen in die Welt setzen will, wo der Planet doch sowieso schon überfüllt ist. Ich denke, es ist eine durchaus moderne Einstellung, davon Abstand zu nehmen. Es ist doch merkwürdig, dass alle einen immer dahingehend drängen wollen, Mutter zu werden. Warum ist das so? Kinder haben jedenfalls für jeden eine andere Bedeutung im Leben. Ich liebe sie auch, aber ich will keine eigenen.

prisma: Machen Sie sich viele Gedanken über den Zustand der Welt?

Von Teese: Ja, natürlich. Es ist beängstigend, was gerade um uns herum geschieht. Wir leben in sonderbaren Zeiten. Selbst Damen, die 80 sind und schon viel Geschichte miterlebt haben, bestätigen mir, dass es gerade recht extrem ist.

prisma: Eine Person, die auch für diesen Wandel steht, ist Donald Trump. Sie sollen ihn ja bereits kennengelernt haben ...

Von Teese: Oh ja. Ich habe ihn in seinem überkandidelten, vergoldeten Büro in New York getroffen. Er wollte, dass ich bei der Reality-Show "The Celebrity Apprentice", in der er seinerzeit zu sehen war, mitwirke. Ich kannte die Show nicht einmal, aber meine damalige Managerin fand, ich sollte mir das mal anhören. Ich spürte sofort, dass mich Trump nicht ausstehen konnte.

prisma: Weil Sie nicht blond sind?

Von Teese: (lacht) Meine Naturhaarfarbe ist Blond! Nein, ich denke, er spürte, wie egal mir die Show und er waren. Ich war kein Fan und kein Girlie. Und seine selbstgefällige Art widerte mich an. Ich ahnte nicht, dass ich mit dem zukünftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten sprach. Ich hatte es ohnehin bis zum letzten Moment für unwahrscheinlich gehalten, dass er ins Amt kommt.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Das könnte Sie auch interessieren