Wie es jetzt weitergeht

Tatort "Tollwut": Psycho-Spiel und ein offenes Ende

von Jens Szameit

Virusalarm im Zellentrakt! In der Dortmunder JVA haben Häftlinge den Tollwut-Erreger eingeschleust! Spannend war er ja, der elfte "Tatort" mit dem Parka-Kommissar Faber (Jörg Hartmann). Aber auch glaubwürdig? Und ergibt es Sinn, einen Reihen-Krimi mit einem Cliffhanger zu beenden? Überhaupt: Wie geht es weiter nach dem offenen Ende? Viele Fragen – die Antworten gibt's im "Tatort"-Check ...

Was war los?

Der elfte Dortmunder "Tatort" begann wie ein Horrorfilm. Ein korpulenter Häftling lag gefesselt im Nachthemd auf einem Krankenbett. Plötzlich durchfuhren ihn schlimmste Zuckungen, unter Stöhnen quoll grüner Schaum aus dem Mund. Bald war klar: Der qualvoll verstorbene Mann wurde mit dem Tollwut-Virus infiziert. Wer hatte es in die JVA eingeschleust? Und zu welchem Zweck? Ein kniffliges Rätsel für die dezimierte und auch ein bisschen demoralisierte Truppe um den Psycho-Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann).

Wo wurde gedreht?

Der Regisseur Dror Zahavi, der mit dem Knast-Schocker "Franziska" (2014) einen denkwürdigen Kölner Gefängnis-"Tatort" schuf, hatte sich diesmal mit der Dortmunder Mannschaft hinter schwedischen Gardinen verschanzt. Gedreht wurde aber nicht im Pott, sondern in Magdeburg, in den Gängen und Zellen der 2013 stillgelegten JVA im Stadtteil Sudenburg. Ein bizarrer Bau aus dem frühen 20. Jahrhundert, der trefflich zur Geschichte passt ...

Wie realistisch ging es zu?

In "Tollwut" ging es weniger um knallharten Knacki-Realismus als vielmehr um eine kunstvoll überhöhte Schauermär. Dass Strafgefangene sich die Mühe machen, einen im Labor entwendeten Tollwut-Erreger einzuschleusen, um Mithäftlinge umzubringen, dürfte in der Wirklichkeit Seltenheitswert haben. Für fehlenden Realismus wurde man allerdings mit ordentlich Suspense entschädigt. In diesem fahl ausgeleuchteten Klaustrophobiekrimi wurde der Zuschauer gleichsam zum Mitgefangenen.

Welche Szene bleibt hängen?

Welche Tragik um den ehemaligen Rechtsmediziner Jonas Zander (Thomas Arnold), der seine Ex-Kollegen als Gefängnisarzt begrüßte! Auch er war mit dem Virus in Berührung gekommen und wusste um seinen unvermeidlichen Tod. An der Bar entlockte Martina Bönisch (Anna Schudt) ihm seinen letzten Wunsch, den sie ihm dann auch erfüllte. Es war die wohl traurigste Sexszene der jüngeren TV-Historie.

Woher kennt Faber den Mörder Markus Graf?

Der kultiviert auftretende Serienverbrecher wurde in der "Tatort"-Folge "Auf ewig Dein" (2014) monströser Taten überführt, nicht aber des Doppelmordes an Fabers Frau und Tochter, der aber wohl auch auf sein Konto geht. In seiner Zelle pinselte der finstere Psycho nun Ölgemälde von Fabers Tochter in Lolita-Pose. Ein abgründiges Duell nahm seinen Lauf. Und doch: Dass Faber einen Gegenspieler wiedertraf, der zuletzt vor drei Jahren auf den Plan trat, verlangte dem Publikum viel Erinnerungsvermögen ab – sowie die Bereitschaft, die Einzelstückreihe "Tatort" wie eine moderne Serie zu begreifen.

Sehen wir den verdeckten Ermittler Jan Pawlak wieder?

Spät gab sich der Strafgefangene Nico Rattay als verdeckter LKA-Ermittler Jan Pawlak (Rick Okon) zu erkennen. Auf Nachfrage wollte der WDR noch nicht verraten, wie konkret es mit der Figur weitergeht, doch die letzten Szenen lassen erahnen, dass Rick Okon tatsächlich eine Art Nachfolger des ausgestiegenen Stefan Konarske werden könnte. In der kommenden Episode "Tod und Spiele", die in der illegalen Kampfsportszene spielt, wird der 28 Jahre junge Shootingstar mit von der Partie sein. Konsequenterweise wird auch die Flucht des Markus Graf thematisiert ...

Wie gut war der "Tatort"?

Dass das Drehbuch von Jürgen Werner den bodenständigen Rurhpottboden zugunsten einer schauerlichen Fantasiegeschichte verlässt, mag man diskutabel finden, Langeweile kam in 90 Minuten allerdings keine auf. Markus Graf ist ein gegelter Superschurke wie Professor Moriarty, Faber ein überheblicher Hasardeur wie der Serien-Sherlock-Holmes von Benedict Cumberbatch. Das allerdings vor dem Hintergrund einer persönlichen Tragödie.

Wir vergeben eine Zwei minus.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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