Film in der ARD

"Die vermisste Frau": Zu wenig Raum für Krimistimmung

von Hans Czerny

Karen will sich das Leben nehmen, um ihrem verschuldeten Mann die erhoffte Versicherungssumme zukommen zu lassen. Doch dieser hat bereits eine ganz ähnliche Idee.

ARD
Die vermisste Frau
Drama • 02.02.2018 • 20:15 Uhr

Einen "packenden Thriller" verspricht die ARD – und schickt den Zuschauer prompt in die falsche Ecke. Tja – was ist das nun, diese schwarzhumorige Geschichte um Karen (Corinna Harfouch), die ihrem geliebten Ehemann Georg (Jörg Hartmann) aus der Patsche helfen will? Krimi, Groteske, Komödie? Georg hat sich, als Spieler ins Ganovenmilieu abgedriftet, schwer verschuldet. So fasst Karen den Entschluss – das muss man einfach so schlucken –, sich das Leben zu nehmen, in dem sie ins Wasser geht. In der Hoffnung, die Lebensversicherung würde die dann fällige Million berappen. Doch Karen hat die Rechnung ohne ihren Mann gemacht. Der kam seinerseits auf eine ganz ähnliche Idee und heuerte einen Killer für Karen an, um an das dringend benötigte Geld zu gelangen. Sehr spät erst kommt dieser Film in die Gänge.

Ein packender Thriller also ist es nicht, den das Erste da am Degeto-Freitagabend zeigt. Ein Stoff, der irgendwo zwischen Krimi, Groteske und Komödie hängenbleibt. Und natürlich grüßt der schwarze Humor der Coen-Brüder aus weiter Ferne. Ein Mixture aus Grausamkeiten und Komik hätte es werden sollen, doch mit dem Abgründigen (Buch und Regie: Horst Sczerba) will es trotz grandioser Besetzung nicht so recht klappen.

"Ohne Leiche kein Geld!"

Es beginnt wie ein Melodram, wenn Corinna Harfouch als Karen mit einer Flasche Rotwein bewaffnet auf der Parkbank sitzt und den Entschluss fasst, sich das Leben zu nehmen. Einen Abschiedsbrief ("Lieber Gregor ...") hat sie schon geschrieben und sich bereits vergebens die Pistole an den Kopf gesetzt.

Auch ihr zweiter Versuch scheitert. Träumend sitzt sie im Starkregen, sieht sie sich auf dem Wasser noch einmal vereint mit ihrem Mann. Im Unterrock und völlig durchnässt wird sie schließlich von einem netten Herrn im Auto aufgelesen. Beängstigend allerdings, wenn der Kavalier gelegentlich mal die Pistole zückt, die er im Handschuhfach aufbewahrt. Schon da muss Corinna Harfouch als Karen leider viel Text schaufeln, statt sich schlicht auf die Gefährlichkeit der Situation zu verlassen. "Kein Mensch käme bei diesem Wetter auf die Idee zu schwimmen", sagt sie, "aber für eine Million Euro kann man das machen". Es gehe immer nur ums Geld. "Wir haben eine Lebensversicherung abgeschlossen – er für mich und ich für ihn. Ich hab' dann Angst gekriegt."

Wenig später, im Motel schraubt Ulrich Matthes, der hinterkünftig den Killer Bruno spielt, am Schalldämpfer seiner Pistole. Und weil draußen Karens Mann Georg schon auf eine Vollzugsmeldung wartet, wird klar, dass ihn Georg auf Karen angesetzt hat. Streng fordert Bruno seinen Lohn von Georg ein und droht, weil der (noch) nicht zahlen kann, ihn seinerseits umzubringen. "Ohne Leiche kein Geld!", sagen die Versicherungsmenschen, die Gregor im Glauben belässt, dass Karen wie beabsichtigt im See ertrunken sei.

Es könnte Wochen oder gar Monate dauern, bis die im See versunkene Leiche gefunden sei, wissen die Experten. Schon lassen die Gläubiger Georg ein Grab für den Haushund schaufeln, bald komme er selbst an die Reihe, so drohen sie. Karen liebt derweil ihren Mann immer noch, obwohl es nach ihrer Entdeckung längst zum Kampf mit ihm gekommen ist und er eine andere Geliebte hat.

Zu offen liegt der Plot von Beginn an zutage

Es sollte wohl ein Spiel zwischen Wahrheit und Lüge werden. Ist Karens Liebe nur gespielt? Wer hat hier wen durchschaut? – Leider will diese Doppelbödigkeit hier nicht entstehen. Matthes und Harfouch spielen geradeaus, sie lassen sich nicht in die Karten schauen. Zu offen liegt der Plot von Beginn an zutage. Erst spät kommt der Film dann doch noch in die Gänge. Die Täter und Leichen vermehren sich da wie bei der Bergpredigt die Fische. Wenn die Harfouch mit ihrem toten Gregor im Schoß neben einem Wassertümpel kniet, ist das mal ein schönes Bild. Nicht zu vergessen, dass sie sich davor eiskalt einen Finger abgeschnitten hat, um den eigenen Wassertod unter Beweis zu stellen. Endlich mal eine Pause für den Zuschauer unter den vielen Floskeln und wohlfeilen Sätzen, die allesamt zu wenig Raum geben für Krimistimmung und atmosphärischen Suspense.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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