"Masada"

Der Tel-Aviv-Krimi: Mythos oder Märchen?

 

ARD
Der Tel-Aviv-Krimi: Masada
Kriminalfilm • 23.11.2017 • 20:15 Uhr

Local Stories for a global market: Auf Bozen und Barcelona folgt in diesem Herbst Tel Aviv bei den Donnerstagskrimis im Ersten. Als wäre das gar kein so besonderer Ort – immer wieder raketeneinschlagsgefährdet, immer wieder von Attentaten bedroht. Im Degeto-Film "Masada" haben sie gleich noch mal ein Stück höher gegriffen: Die Festung Masada am Toten Meer, in der sich 73 nach Christus jüdische Verteidiger lieber das Leben nahmen, als sich den römischen Belagerern auszuliefern, steht im Mittelpunkt des dritten Tel-Aviv-Krimis – der vierte, "Alte Freunde", eine Militärgeschichte, folgt am Donnerstag, 30. November. Ein geradezu staatstragender Mythos scheint auf dem Spiel zu stehen: War das Ganze nicht ein bloßes Märchen?

Der Grundplot des leider einmal mehr im Serienstil auf Hochglanz polierten Films (Buch und Regie: Matthias Tiefenbacher) ist gar nicht schlecht: Da ist der alte Herr, den man den "König der Archäologen" nennt, wahlweise den "Papst der Archäologie", den Entdecker der Festung Masada, die zum Symbol des jüdischen Freiheitskampfes unter den Römern wurde. Und da ist dessen Sohn, ebenfalls Archäologe, der im Dienste der Wissenschaft beweisen will, dass der Mythos auf falschen Prämissen beruht. Die Entdeckung soll ihm zur Professur in Tel Aviv verhelfen.

Dass das für den alten Mann viel Anlass zu durchaus tiefsinnigen Überlegungen gibt und zu vielfacher Ermahnung an Kinder und Enkelkinder, lässt sich denken. Nicht auszudenken dagegen, hätte ein anderer als Michael Degen den Mahner gegeben. Mit angemessenem Pathos belehrt er die jüngeren Israelis: "Man darf mit seiner Identität nicht spielen. Die braucht man zum Atmen!" Es ist ein Satz, den der alte Herr in abgewandelter Form mehrfach wiederholt, und tatsächlich werden bei ihm die Erinnerungen an das Warschauer Ghetto glaubhaft, das er einst überlebte.

Der Film verliert seine Schärfe

Leider bringt es aber die Struktur des populären Donnerstagsformats mit sich, dass nun zahlreiche Blindspuren gelegt werden müssen. Es wimmelt also von Terrorismusverdacht und fremder Schmugglerei. Der Junior-Archäologe wird just auf der Festungsruine in die Luft gesprengt, zudem tun sich Abgründe einer antiisraelischen Mafia auf. Da verliert der Film seine Schärfe – ebenso wie im herzerwärmenden Liebes- und Familiengeplänkel zwischendurch. Dass sich informativ gemeinte Beiseite-Bemerkungen unnötigerweise wiederholen, nimmt viel weg vom eigentlichen Spannungspotenzial.

Dem Film vorzuwerfen, er transportiere nicht den fortdauernden Kriegszustand im Land, wäre sicher ebenso überheblich wie die Identitätskrisen einzelner Figuren glaubhaft einzufordern. Sowohl Samuel Finzi als auch Katharina Lorenz wirken als Tel Aviver Polizistenpärchen allzu flott, um in tiefere Befindlichkeitsregionen vorzustoßen. An der Synchronisation alleine kann das nicht liegen. Gill Frank etwa beweist als Kripochef eher das genaue Gegenteil – endlich mal einer, der nicht den Blöden spielen muss und auch schauspielerisch durchaus überzeugt. Lokale Geschichten für den globalen Markt sind also möglich, wie nicht zuletzt Großkaliber wie Michael Degen und andere beweisen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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