Das Küken bei "The Masked Singer" entpuppt sich als "Tagesschau"-Sprecherin Judith Rakers. Warum es lange dauerte, sie zur Teilnahme zu überreden, verrät Rakers im Interview.
Das hätte kaum einer erwartet: Mit ihrem Auftritt als Küken bei "The Masked Singer" hat Judith Rakers Zuschauer wie Rateteam gleichermaßen überrascht. Welche Strategien sie dafür an den Tag legte und wann ihr eben diese zum Verhängnis wurden, verrät die "Tagesschau"-Sprecherin im Interview. Außerdem plaudert die 45-Jährige über ihre Musikauswahl und die spielerische Fehde mit Rea Garvey.
prisma: Frau Rakers, wird Matthias Opdenhövels Wunsch wahr? Wird das Küken die nächste "Tagesschau" moderieren?
Judith Rakers: Das kann ich definitiv ausschließen! Eher bringt das Küken noch eine CD mit Kinderliedern heraus. Doch auch das ist sehr unwahrscheinlich aufgrund fehlenden Talents. (lacht)
prisma: Hatten Sie Bedenken, dass Ihre Seriosität, die Sie bei der "Tagesschau" an den Tag legen, unter der Teilnahme leiden könnte?
Rakers: Nein, überhaupt nicht. Ich bin durchaus davon überzeugt, dass der Zuschauer kein Problem damit hat, dass wir auch Humor haben und dass wir nicht zum Lachen in den Keller gehen.
prisma: Ahnten Ihre "Tagesschau"-Kollegen etwas?
Rakers: Nein, ich wurde von niemandem angesprochen in den letzten Wochen. So richtig wissen, wie die Reaktionen ausfallen, werde ich natürlich erst, wenn ich jetzt nach Hause komme und morgen in die Redaktion gehe. Aber alles, was ich bisher per E-Mail oder per WhatsApp bekommen habe, war sehr freundlich. Viele waren überrascht und schrieben mir: "Wir saßen mit offenem Mund vor dem Fernseher, weil wir nicht damit gerechnet haben." Oder sie haben mir zu dem Auftritt gratuliert.
prisma: Das heißt, Sie mussten sich im Gegensatz zu manch anderem Kandidaten keine Ausrede ausdenken?
Rakers: Nein, gar nicht und das war wirklich interessant. Ich musste niemanden anlügen. Ich war einfach nur diskret (lacht). Das hat funktioniert, weil wir bei der "Tagesschau" ein digitales Dienstplansystem haben, in welches wir eintragen, an welchen Tagen wir arbeiten können. Wir sind ja freie Mitarbeiter – das heißt, wir haben alle noch andere Jobs. Ich mache zum Beispiel die Talkshow "3 nach 9" und drehe Reportagen. Deswegen wissen die Kollegen von der "Tagesschau", dass ich oft nicht einsetzbar bin.
prisma: Also gab es überhaupt keine Nachfragen?
Rakers: Naja, hier und da habe ich erzählt: "Ich drehe gerade eine Reportage über religiöse Bräuche und die Fastenzeit." (lacht) Das wurde dann eigentlich immer so akzeptiert. Nur zwischendrin hatte ich mal ein Fotoshooting mit Barbara Schöneberger an einem Mittwoch. Ich glaube, das war nach der ersten Show. Sie fand das Thema der Reportage dann tatsächlich interessant und fragte mich aus, mit wem ich denn schon gesprochen hätte. Ich musste dann sehr spontan in meiner Allgemeinbildung kramen, um irgendwelche Dinge zu erzählen über verschiedene religiöse Bräuche, die Fastenzeit und den Stellenwert dessen. Ich war froh, als sie irgendwann aufhörte, nachzufragen. (lacht)
prisma: Mit Katrin Müller-Hohenstein und Ihnen wurden in dieser Staffel inzwischen schon zwei Prominente aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen enttarnt. Glauben Sie, unter den verbleibenden Kostümen könnten weitere Senderkollegen stecken?
Rakers: (überlegt) Da müsste ich die Verbleibenden jetzt im Kopf durchgehen. Das Problem ist, dass ich mir bei all meinen bisherigen Vermutungen ganz sicher war und bei allen drei Demaskierungen falsch lag. Deswegen könnte ich mir vorstellen, dass ich auch bei denen falsch liege, die jetzt noch im Rennen sind.
prisma: Könnte Ihre Teilnahme an "The Masked Singer" zukünftig ein jüngeres Publikum zur "Tagesschau" locken?
Rakers: Das war jetzt kein Versuch, neues Publikum für uns an Land zu ziehen. Gerade in den letzten Jahren hatten wir ein großes Wachstum im Bereich der jungen Zuschauer. Auch auf Social Media sind wir sehr aktiv und mit der "Tagesschau" sehr erfolgreich. Aber es könnte natürlich sein, dass der eine oder andere Zuschauer, der sich auf den Social-Media-Seiten von "The Masked Singer" geoutet und geschrieben hat, dass er mich nicht kennt, in Zukunft vielleicht mal reinschaut. Vor allem, nachdem er von den anderen darauf hingewiesen wurde: "Ja, guck doch mal die Nachrichten! Das gibt's doch nicht! Das ist doch Allgemeinbildung!" Wir freuen uns auf jeden Fall über jeden Zuschauer, der uns verfolgt – egal wie alt er ist.
prisma: Stört Sie das denn, dass einige angegeben haben, Sie nicht zu kennen?
Rakers: Nein, überhaupt nicht! Das wäre ja schlimm, wenn jeder jeden kennen würde! Die Menschen haben unterschiedliche Interessen und sehen unterschiedliche Fernsehsendungen.
prisma: Weder das Rateteam noch die Zuschauer hatten Sie unter der Maske vermutet. Stattdessen wurden Namen wie die wesentlich jüngere Emma Schweiger oder Schauspielspielgrößen wie Jella Haase, Karoline Herfurth oder Iris Berben genannt. Eigentlich sehr schmeichelhaft, oder?
Rakers: Ja, ich habe mich vor allen Dingen darüber gefreut, dass so viele Comedians dabei waren, die da immer wieder genannt wurden. Ich habe ja auch versucht, das Küken leben zu lassen. Es sollte lustig und verspielt sein – und lebhaft. Als dann die Namen genannt wurden, dachte ich: Okay, es funktioniert! Gleiches gilt für die Stimme: Das Küken sollte jung sein und gerade erst geschlüpft. Da passt die Stimme einer 45-jährigen Nachrichtensprecherin natürlich nicht ganz dazu.
prisma: Haben Sie denn zuvor denn schon einmal Schauspielerfahrung gesammelt?
Rakers: Einmal spielte ich mich selbst im NDR-"Tatort" mit Til Schweiger selbst. Aber sonst nicht.
prisma: Erstaunlich! Das Küken und seine Babysprache waren doch sehr überzeugend.
Rakers: (lacht) Das ist doch schön! Ungeahnte Talente, weil Singen gehört offensichtlich nicht dazu ...
prisma: Nach der Show erzählten Sie, dass Sie die Teilnahme an "The Masked Singer" zunächst abgelehnt hätten. Warum?
Rakers: Weil die Frage war: "Kannst du singen?" Und dann sagte ich: "Nein." Die zweite Frage lautete: "Könntest du dir denn vorstellen, mal auf der Bühne in einer Fernsehshow zu singen?" Und ich sagte wieder: "Äh, nein!" Das war allerdings noch vor dem Start der Show. Dann sah ich mir die Sendung an und stellte fest: Da machen tatsächlich viele mit, die nicht singen können. Es ist wirklich eine Rateshow und keine Talent- oder Gesangsshow. Folglich ließ ich mich überreden.
prisma: Wie konnte man Sie am Ende dann doch überzeugen?
Rakers: Ehrlich gesagt war es eher meine journalistische Neugierde, die gesiegt hat. Denn je mehr Geheimnisse um die Show gemacht wurden und je mehr man erfuhr über diese skurrilen Bedingungen, die da herrschen, umso interessanter fand ich die Show und umso mehr wuchs meine Lust da mitzumachen. Mir war klar: So richtig weiß man nur, was da abgeht, wenn man selber teilgenommen hat. Natürlich hatte ich auch eine große Lust, andere Welten kennenzulernen! Die Zusammenarbeit mit so erfahrenen Vocal-Coaches war schon toll. Das ist eine Erfahrung, die ich sonst nie machen kann. Deswegen bin ich unglaublich froh, dabei gewesen zu sein.
prisma: Zur Songauswahl: Sind Sie ein Rea-Garvey-Fan?
Rakers: (lacht) Nein, ich habe diesen Song wirklich nur gespielt, weil Rea Garvey mich die ganze Zeit veralbert und das Küken nur als das kommende Brathühnchen gesehen hat. Ich dachte dann: "Okay, die Rache des Kükens ist süß! Jetzt sing ich deinen Song in dieser unfähigen Piepsstimme!"
prisma: Und was ist mit den anderen Songs, die ja alle aus den frühen 2000-ern stammen? Entsprechen diese Ihrem persönlichen Geschmack?
Rakers: Nein, wenn ich wirklich nur meinen persönlichen Geschmack gesungen hätte, hätte ich vor allem R'n'B-Nummern gemacht, soulige Geschichten und Rap, weil ich auch gerne HipHop höre. In die Richtung wäre jetzt vielleicht noch was gekommen. Aber es ging weniger um meinen persönlichen Geschmack als vielmehr um die Frage, was zum Küken passt: Wo kann es lustig performen? Und deshalb suchten wir uns Songs aus, die gute Laune machen. Alles, was ich erreichen wollte, war, dass die Zuschauer lächeln, wenn das Küken auf die Bühne kommt.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH