Reflexion über Ruhm

Maite Kelly packt aus: Wie der Ruhm die „Kelly Familie" veränderte

19.11.2025, 08.15 Uhr
Millionen, Musik und Verlust: Am Beispiel der „Kelly Family“ wird ersichtlich, wie Ruhm zur Bewährungsprobe für eine Familie werden kann. Maite Kelly packt aus - eine gute Gelegenheit, um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Maite, Patricia, Barby, Michael Patrick, John Michael, Angelo und Joey Kelly von der Musikgruppe „The Kelly Family"
Maite, Patricia, Barby, Michael Patrick, John Michael, Angelo und Joey Kelly von der Musikgruppe „The Kelly Family" bei einem Auftritt in Deutschland 1998. Nun legte Maite Kelly in einem Interview offen, welche Schattenseiten der Ruhm für die Familie einbrachte.  Fotoquelle: picture alliance/United Archives | Valdmanis

Für die Außenwelt war das Leben dieser bemerkenswerten Familie voller Faszination. Eine Geschichte wie ein einziges Märchen: Die Kelly Family füllte Stadien, verkaufte Millionen Alben und lebte den Traum vom ganz großen Erfolg. Heute jedoch erinnert sich Maite Kelly (45) mit gemischten Gefühlen an jene Zeit zurück. „Als die Millionen wirklich reinkamen, war das viele Geld nicht gut für einige in meiner Familie“, verriet sie im Interview mit der „Zeit“. Maite vollzog hier jedoch keine bittere Abrechnung. Es war vielmehr ein ehrlicher, sehr persönlicher Blick auf die Schattenseiten des Erfolges.

Die „Kelly Family": Vom Straßenrand in die Charts – und in die Krise

Mitte der 90er-Jahre katapultierte das Album „Over the Hump“ die talentierte Großfamilie von der Straße direkt ins Rampenlicht der größten Bühnen Europas. Die Eltern mit ihren, buchstäblich wie die Orgelpfeifen aufgereihten, 13 Kindern. Jedes Familienmitglied hatte die Freude an Musik und das Interesse an Instrumenten bereits mit der Muttermilch aufgenommen. Und so sangen, quietschten oder summten sie zum Entzücken der vorüberziehenden Passanten, lange bevor sie laufen konnten.

Ein Hippie-Idyll voller Liebe und Freiheit. Quasi über Nacht wurde aus der Großfamilie ein millionenschweres Unternehmen. Damit erhielten Verlockungen, Versuchungen und Risiken Einzug in die heile Welt. „Das macht was mit dem Kopf“, so Maite. „Irgendwann wurde dieses Business ungesund für die Familie.“

Die damals noch junge Sängerin beobachtete, wie sich manche Geschwister veränderten, wie sich Nähe in Distanz wandelte und das einfache Leben im Familien-Tourbus gegen ständig wechselnde Luxus-Hotels getauscht wurde. „Du lebst nur in Hotels, bist ständig auf Reisen – es ist ein Leben out of reality“, sagte die Sängerin. „Diese Parallelwelt birgt die Gefahr, dass du dich nur noch mit Menschen umgibst, die von dir bezahlt werden oder von dir profitieren.“



Dan Kelly war der Kopf der „Kelly Family" - mit einem tiefen Seelenschmerz

Besonders schmerzhaft ist für Maite die Erinnerung an ihren Vater Dan Kelly (†71), den der Erfolg völlig überforderte. „In dieser Zeit habe ich meinen Vater nicht wiedererkannt. Der Größenwahn hat manche Menschen in meiner Familie mitgerissen – auch ihn.“ Dan weigerte sich strickt, einen Manager zu engagieren. Er wollte alles selbst kontrollieren und verlor dabei immer mehr den Boden unter den Füßen.

„Er geriet an die falschen Leute, falsche Berater, es gab viel Streit in der Familie“, verriet Maite. Der Familien-Patriarch war ein Mann mit eisernem Willen, doch er trug einen tiefen Schmerz in seiner Seele. Nach dem Tod seiner Frau Barbara-Ann im Jahr 1982 suchte er Trost im Alkohol. Maite war damals erst zwei Jahre alt.

Seinem „Dickkopf“ sei Dank, schaffte er den Entzug ganz ohne Hilfe, Schritt für Schritt. „Mein Vater hatte von einem Tag auf den anderen aufgehört zu trinken. 40 Tage lang lief er stundenlang draußen herum. Ich sah ihn und dachte: 'Er bittet mich gar nicht mehr darum, ihm ein Bier zu bringen'“, erinnerte sich Maite. „Er ging buchstäblich Schritt für Schritt heraus aus dieser Tragödie, aus diesem großen Schmerz seines Lebens.“

Das süße Gift des Erfolges - und wie Maite Kelly ihren eigenen Weg fand

Der unerwartete Ruhm hinterließ Spuren – psychisch, emotional, familiär. Maite sprach offen darüber, wie gefährlich Reichtum „über Nacht“ ist: „Man verliert den inneren Kompass, die Erdung. Irgendwann ist auch der Humor weg. Du mietest dir einen Jet – und kapierst gar nicht mehr, wie skurril das gerade ist.“ Ein Satz, der nicht nur viel über den Kelly-Clan aussagt, sondern gleichzeitig Generationen von Kinderstars charakterisiert.

Heute weiß Maite, warum sie oft aneckte - außer- und innerhalb ihrer Familie. „Ich bin neurodivers, habe leichtes ADS und Synästhesie. Für mich verschmelzen Sinneseindrücke“, erklärte sie. „Ich nahm die Welt anders wahr, las lieber Bücher, schrieb kitschige Gedichte. Das war schwer für meine Geschwister – aber mein Vater hat das verstanden.“ Womöglich hat sie es genau dieser Sensibilität zu verdanken, dass sie heute eine der beliebtesten und authentischsten Künstlerinnen im deutschen Schlager-Business ist.

Eine Hommage der Kinder an den Vater der „Kelly Family"

Trotz aller Brüche und Konflikte sprach Maite voller Liebe über ihren Vater. „Er war nicht perfekt, aber er hat uns auf seine Weise beschützt“, sagte sie. „Er wollte, dass wir uns frei ausdrücken, nicht posieren. Tanzen, singen, Schakalaka – das war seine Schule.“

Bruder Michael Patrick Kelly (47) widmete Dan mit dem Song „The Day My Daddy Died“, bei dem die Geschwister mitsangen, ein musikalisches Denkmal. Im Interview mit „spot on news" erklärte der Musiker: „Über ihn wurde öffentlich auch manches Negative gesagt und ich finde, das wird ihm nicht gerecht.“ Beim Einsingen musste „Paddy“ mehrmals absetzen, weil ihm „die Tränen kamen“.

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Ruhm kann trennen – aber auch heilen

Maites offene Worte sind nicht als bittere Abrechnung mit ihrer Geschichte gemeint. Sie drücken vielmehr einen authentischen Blick zurück aus, ein differenziertes Resümee. Sie machen deutlich, dass Ruhm nicht nur Licht bringt, sondern auch dunkle Schatten werfen kann. Egal ob Streit, Verlust oder Skandale - man muss der „Institution Kelly Family“ zugutehalten, dass sie in der Vergangenheit schon manche Herausforderung gemeistert hat.

Und Maite? Mit großem Herzen steht sie heute genau da, wo sie hingehört: mit beiden Beinen auf dem Boden. Sie hat gelernt, dass man auch im größten Trubel nicht vergessen darf, woher man kommt und was im Leben wirklich zählt.

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